Heinsberg-Studie: Diese Ergebnisse machen Hoffnung

Heinsberg ist seit Beginn der Pandemie jedem in Deutschland ein Begriff. Schließlich war der Landkreis in Nordrhein-Westfalen das erste deutsche Epizentrum der Epidemie, in dem sich der Erreger rasend schnell verbreitete. Und genau deshalb wurde dort auch die sogenannte Heinsberg-Studie zur tatsächlichen Verbreitung des Coronavirus in Auftrag gegeben. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor – und die machen Hoffnung!

In der besonders vom Coronavirus betroffenen Gemeinde Gangelt in Nordrhein-Westfalen ist in einer Studie bei 15 Prozent der untersuchten Bürger eine Infektion nachgewiesen worden. (Bild: dpa)
In der besonders vom Coronavirus betroffenen Gemeinde Gangelt in Nordrhein-Westfalen ist in einer Studie bei 15 Prozent der untersuchten Bürger eine Infektion nachgewiesen worden. (Bild: dpa)

Die Heinsberg-Feldstudie ist die erste Untersuchung in Deutschland, die sich auf repräsentative Stichproben der Bevölkerung stützt. Ihr Verlauf wird von Politik und Medizin mit Spannung erwartet, da die Studie einen viel genaueren Einblick in das Infektionsgeschehen liefern kann als die reinen Fallzahlen. Den Autoren der Studie geht es etwa um die genaue Untersuchung der Übertragungswege, der Sterberate und vor allem auch, wie viele Infektionen komplett symptomlos ablaufen, ohne dass die Betroffenen etwas davon mitkriegen.

Studie in Gangelt mit 1000 Probanden

Seit gut zwei Wochen forscht der leitende Virologe Hendrik Streeck mit seinem Team unter den Haushalten in Heinsberg. Dabei konzentrieren sie sich vor allem auf die von Coronavirus schwer betroffene Gemeinde Gangelt. Dort wurden insgesamt 1000 Menschen in rund 400 Haushalten untersucht.

Am Donnerstag hat der Mediziner jetzt erste Zwischenergebnisse präsentiert. Seine Aussagen geben Anlass zur Hoffnung und der Diskussion um mögliche Lockerungen neuen Aufwind.

So viele Menschen sind infiziert

Laut den Forschern sind in Gangelt 15 Prozent der Einwohner mit dem Coronavirus infiziert. Das schließt sowohl aktuelle als auch bereits überstandene Infektionen mit ein.

Die Sterberate sinkt

Dadurch, dass die Wissenschaftler viel mehr milde und asymptomatische Verläufe entdecken, gibt es in Gangelt eine Sterberate von nur 0,37 Prozent. Zum Vergleich: Die renommierte Johns-Hopkins-Universität berechnet nach aktuellen Zahlen für Deutschland eine Sterberate von 1,98 Prozent. Insgesamt sind in Gangelt 0,15 Prozent aller Einwohner an den Folgen des Coronavirus gestorben.

Hendrik Streeck, Direktor des Institut für Virologie an der Uniklinik in Bonn, präsentiert seine Studienergebnisse. (Bild: dpa)
Hendrik Streeck, Direktor des Institut für Virologie an der Uniklinik in Bonn, präsentiert seine Studienergebnisse. (Bild: dpa)

Die Immunität steigt

Durch die große Zahl milder Fälle baut die Bevölkerung in der Gemeinde langsam eine Immunität gegen den Erreger auf. Der sogenannte Prozess der “Herdenimmunisierung“ ist in Heinsberg also bereits eingeleitet. Damit dieser “Herdeneffekt“ die Ausbreitung des Virus signifikant verlangsamen kann, muss allerdings eine Immunisierung von 60 bis 70 Prozent der Einwohner erfolgen.

Hygienemaßnahmen greifen

Egal ob Schutzmasken, Händewaschen oder Abstand halten – die seit Wochen gepredigten Hygiene-Regeln helfen. Die Forscher betonen, dass die Maßnahmen auch weiterhin eingehalten werden müssen. Und zwar sowohl von Gesunden als auch von bereits Infizierten. Denn laut der Studie können Hygienemaßnahmen die Schwere der Erkrankung auch abschwächen, weil dadurch die Viruslast geringer ausfällt.

Eine Lockerung der Corona-Regeln ist möglich – unter bestimmten Auflagen

Die Studien-Autoren empfehlen beim Thema Maßnahmen-Lockerung kleine Schritte zu machen. Sie berufen sich dabei auf ein Modell aus vier Phasen: Phase 1 ist die Eindämmung der Ausbreitung durch strikte Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Phase zwei beinhaltet eine langsame Lockerung der Maßnahmen, behält aber die Hygiene-Regeln bei. Phase drei besteht nur noch auf die Einhaltung von Hände waschen, Abstand halten und Co. Phase vier schließlich läutet die endgültige Rückkehr zur Normalität ein. Momentan befindet sich Deutschland noch in der ersten Phase. Österreich und andere Länder bereiten sich auf Phase zwei bereits vor.

Deutschland schaut auf den Mittwoch nach Ostern

Und auch in Heinsberg könne laut dem Virologen Streeck die Lockerung der Maßnahmen theoretisch beginnen. Das sei möglich, weil sich die Menschen brav an die Beschränkungen und Regeln halten. Auch die Politik unterstützt die These der Forscher. NRWs Ministerpräsident Armin Laschet will das auf der gemeinsame Konferenz der Regierungschefs mit der Bundeskanzlerin nach Ostern auf jeden Fall ansprechen, wie er auf der Pressekonferenz bei der Heinsberg-Studie sagte.

Mit Heinsberg hofft auch ganz Deutschland darauf, nach Ostern vielleicht ein kleines Stück mehr Normalität zurückzubekommen.

VIDEO: Gangelt – die Covid-19-Hochburg