Hidden Headlines: Warum fand man im Wrack der Titanic eigentlich keine Leichen?

33-mal tauchte Filmregisseur James Cameron zum Wrack der Titanic hinab um dort Aufnahmen vom gesunkenen Luxusdampfer zu machen. Vieles war auf dem Filmmaterial zu sehen, doch eine Sache war nicht zu finden: menschliche Knochen. Doch woran lag das?

Im Wrack der gesunkenen Titanic kann man vieles entdecken, doch menschliche Knochen findet man dort keine mehr. (Bild: Getty Images)
Im Wrack der gesunkenen Titanic kann man vieles entdecken, doch menschliche Knochen findet man dort keine mehr. (Bild: Getty Images)

Es dürfte eine der größten, wenn nicht sogar die größte Tragödie der zivilen Schifffahrt gewesen sein – der Untergang der Titanic. In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 kollidierte der als unsinkbar geltende Luxusdampfer auf seiner Jungfernfahrt vom englischen Southampton nach New York mit einem Eisberg. Zwei Stunden und 40 Minuten später, gegen 2:20 Uhr am Morgen, bricht der Schiffsrumpf und die Titanic geht, das Heck steil nach oben gerichtet, im eisigen Nordatlantik nahe Neufundland unter. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometern pro Stunde schlägt sie in mehr als 3.800 Metern Tiefe auf und bohrt sich bis zu 15 Meter weit in den Schlamm.

1.514 Menschen sterben beim Untergang der Titanic - doch wo sind deren Knochen?

Über 2.200 Personen befinden sich an diesem Tag an Bord der Titanic, 1.514 von ihnen sollten den Untergang nicht überleben. Entweder ertranken sie, oder sie starben bei einer Wassertemperatur von unter 0 Grad Celsius, etwas oberhalb des Gefrierpunkts von Meerwasser, an Unterkühlung. Laut einem britischen Untersuchungsbericht überstehen die Katastrophe nur 712 Menschen. Diese wurden vom in den frühen Morgenstunden herbeieilenden Passagierschiff Carpathia gerettet und nach New York gebracht.

Seit dieser Tragödie war der Untergang der Titanic Stoff für zahlreiche Bücher, Berichte und Filme. Der bekannteste dürfte der 1997 erschienene Blockbuster "Titanic" von Regisseur James Cameron sein. Für die Dreharbeiten seines mit elf Oscars ausgezeichneten Meisterwerks tauchte Cameron 33-mal mit einer Tauchkapsel zur Titanic hinab, um das Wrack zu untersuchen und Aufnahmen von der Unglücksstelle zu machen.

Für seinen Film
Für seinen Film "Titanic" tauchte Regisseur James Cameron 33-mal zum Wrack des Luxusdampfers hinab. (Bild: Reuters)

Dabei sammelte Cameron stundenlanges Filmmaterial, doch eines war erstaunlicherweise auf den Bildern des Wracks nicht zu sehen: Leichenteile. Viele der Verstorbenen befanden sich beim Untergang noch an Bord des Titanic und wurden von dieser mit in den Abgrund gerissen, doch dort unten in 3.800 Metern Tiefe fehlt von ihnen jede Spur. "Wir haben Kleidungsstücke gesehen, wir haben Schuhe gesehen. Aber wir haben niemals menschliche Überreste gesehen", erzählte Cameron im Jahr 2012 der New York Times.

Doch woran könnte das liegen? Zwar ist es plausibel, dass man nach so einer langen Zeit keine menschlichen Körper mehr findet, da sich diese im Wasser aufgelöst haben und/oder von Meeresbewohner gefressen wurde. Aber warum sind auch ihre Knochen verschwunden?

Verschwundene Knochen: Kein Mysterium, sondern einfache Chemie

Als man im Jahr 1961 die schwedische Galeone Vasa bergen konnte, die im Jahr 1628, ebenfalls auf ihrer Jungfernfahrt, in der Ostsee sank, konnte man noch 333 Jahre später Skelette an Bord finden. Warum also nicht bei der Titanic? Was geschah mit deren Passagieren?

Das Ganze hat nicht wirklich etwas Mysteriöses an sich und es waren auch keine Aliens im Spiel und auch keine Art Bermudadreieck oder sonstige Verschwörungstheorien. Vielmehr lässt sich das Verschwinden der Knochen ganz einfach mit chemischen Vorgängen erklären.

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Die menschlichen Knochen bestehen zu einem großen Teil aus Kalziumverbindungen, deren Löslichkeit im salzigen Meerwasser stark abhängig von der Wassertiefe ist. So erhalten sich Knochen in flacheren Gefilden wie der Ostsee, die Vasa wurde in einer Tiefe von 32 Metern gefunden, sehr gut. Sie sinken auf Grund, die harten Körperteile, wie Schalen, Knochen oder Zähne bleiben erhalten, werden im Untergrund eingebettet, von Bodenschichten überlagert und bilden dort Sedimente, so wie man es beispielsweise von versteinerten Saurierfossilien kennt.

Begrabene menschliche Knochen lassen sich sehr gut bergen, aber auf dem Grund der Ozeane können sich diese vollständig auflösen. (Bild: Getty Images)
Begrabene menschliche Knochen lassen sich sehr gut bergen, aber auf dem Grund der Ozeane können sich diese vollständig auflösen. (Bild: Getty Images)

Anders sieht die Situation aus, wenn die Knochen am Grunde der Tiefsee liegen, denn unterhalb einer bestimmten Tiefe lösen sich Kalziumverbindungen viel stärker auf. Diese Wassertiefen nennt man auch Lysokline. Im äquatorialen Bereich des Pazifiks liegt sie bei etwa 4.000 Meter Tiefe, im Atlantik bei rund 5.000 Meter.

Nochmal ein paar Hundert Meter tiefe befindet sich die Karbonat-Kompensationstiefe, unterhalb dieser bilden sich keine Karbonat-Sedimente mehr.

Knochen der Titanic-Passagiere haben sich einfach aufgelöst

Zwar liegt das Wrack der Titanic noch über dieser Grenze, doch in 3.800 Meter Tiefe werden die Knochen dennoch beschleunigt abgebaut. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass sich die sterblichen Überreste der Titanic-Passagiere in den Jahren seit des dramatischen Untergangs einfach restlos aufgelöst haben und man daher keine Knochen im Wrack des Luxusdampfers findet.

Zwar geht Robert Ballard, der zusammen mit Jean-Louis Michel am 1. September 1985 das Wrack der Titanic entdeckte davon aus, dass man in Hohlräumen der Titanic unter bestimmten Bedingungen noch menschliche Überreste finden könnte, die Wissenschaft spricht allerdings gegen Ballards Theorie.

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