"Was ist Ihre Idee? Was bieten wir Putin an?" Auf Lanz-Frage weiß Linkenpolitiker keine Antwort

Dietmar Bartsch (rechts) beharrte im Gespräch mit ZDF-Talker Markus Lanz auf einem Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Dietmar Bartsch (rechts) beharrte im Gespräch mit ZDF-Talker Markus Lanz auf einem Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

 

Der Krieg in der Ukraine rückt zum Jahresende wieder in den Fokus. Bei "Markus Lanz" lieferte sich Dietmar Bartsch eine verbale Auseinandersetzung mit dem ZDF-Moderator und den übrigen Gästen, als es um das Fortführen militärischer Hilfslieferungen an die Ukraine ging.

Das Haushaltschaos und der anhaltende Streit innerhalb der Ampelregierung halten das Land auch zum Jahresende auf Trab. Markus Lanz wollte deshalb am Donnerstagabend wissen: "Wo steht eigentlich Amerika im Moment? Und wo steht Deutschland?"

Während in Deutschland plötzlich mehrere Milliarden Euro im Bundeshaushalt fehlen, macht Amerika voller Überzeugung Schulden - um die Wirtschaft anzukurbeln. "Es wird seit drei Jahren eine Wirtschaftspolitik in den USA gemacht, die darauf setzt, eben zu stimulieren in einem Ausmaß, was ganz offenbar erfolgreich ist", erklärte US-Korrespondent Elmar Theveßen im Gespräch mit Lanz.

Der ZDF-Studioleiter in Washington ergänzte, dass die Strategie von US-Präsident Joe Biden in Großbritannien oder Australien als Zukunftsmodell angesehen werde, "während man hier in Deutschland auf die Schuldenbremse pocht, obwohl die diversen Krisen erfordern, diese ein stückweit aufzuweichen und zu lösen".

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US-Korrespondet: Biden schafft Jobwunder, doch die Menschen wollen Trump

Dem stimmte auch Linkenpolitiker Dietmar Bartsch zu: "In dieser Situation ist die Schuldenbremse eine Zukunftsbremse." Er ergänzte energisch: "Jetzt muss man investieren. Das liegt so auf der Hand!" Markus Lanz warnte jedoch, dass die Strategie der USA einem "Ritt auf der Rasierklinge" gleiche.

Elmar Theveßen stimmte zwar teilweise zu, erklärte jedoch, dass der Biden-Administration nicht viele Alternativen geblieben seien. "Die Biden-Administration und auch viele unter den Republikanern sagen: Wir haben tatsächlich eine Welt, in der wir die Industriebasis wieder aufbauen müssen im eigenen Land", erläuterte Theveßen. Dadurch seien Jobs im Land entstanden, "die besser bezahlt sind als vor der Pandemie".

Während Ökonom Rüdiger Bachmann die Wirtschaftsstrategie ebenfalls einen "riskanten Move" und einen teuren "Ritt auf dem Vulkan" nannte, stellte Elmar Theveßen klar, dass sich die Subventionen auszahlen würden, "weil Amerika den Einstieg in die Transformation mit einem Job-Programm (...) verbunden hat". Er ergänzte optimistisch: "Wenn man durchs Land fährt, erlebt man, was alles in Bewegung kommt."

In den Umfragen sei die Stimmung jedoch "vergleichsweise schlecht, was die Wirtschaft angeht. Man sagt, Trump würde das besser machen als Biden". Und das trotz eines Wirtschaftswachstums von 4,9 Prozent und einer Arbeitslosigkeit von 3,7 Prozent. Lanz stellte verwundert fest: "Bei den Werten wäre die Ampel morgen wieder im Amt - oder weiter im Amt."

Über die US-Wirtschaftsstrategie von Joe Biden sagt Elmar Theveßen bei
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Lanz rüffelt Bartsch: "Das ist altersrassistisch, was Sie jetzt sagen!"

Ein Thema, das die politischen Lager in Amerika laut Theveßen immer mehr spaltet: die militärische Hilfe an die Ukraine. "Es gibt tatsächlich eine Mehrheit in der Bevölkerung, die nicht für eine kontinuierliche Weiterverlängerung der Ukraine-Hilfe ist", berichtete der Korrespondent.

Ein Standpunkt, den auch Dietmar Bartsch im Gespräch mit Lanz vertrat: "Zu glauben, dass mit mehr Waffenlieferungen und schnelleren und härteren Waffen (...) dieser Krieg zu gewinnen wäre, das ist ein Irrglaube." Er frage sich deshalb: "Warum gibt es aus Europa keinen Vorschlag für eine Friedensinitiative?" Lanz konterte: "Sie können doch jetzt einen machen!" Später hakte der Talker nach: "Was ist Ihre Idee? Was bieten wir Putin an?" Bartsch musste da passen, es sei ja so, dass "niemand eine Lösung" habe.

Lanz wollte daraufhin wissen, was Bartsch von Joschka Fischers kürzlich publik gewordener Forderung halte, in Europa nuklear aufzurüsten. Der Linkspolitiker reagierte schockiert: "Null Sympathie! Ich weiß nicht, also Joschka Fischer muss auch jetzt in ein falsches Alter gekommen sein." Lanz konterte amüsiert: "Das ist altersrassistisch, was Sie jetzt sagen!" Doch Bartsch blieb eisern und sagte: "Ich finde das nicht in Ordnung! Eigentlich muss das Ziel sein, dass Atomwaffen generell weg sind."

Ökonom Rüdiger Bachmann warnt vor einem möglichen Wahlsieg Donald Trumps im kommenden Jahr:
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Dietmar Bartsch: "Die SPD von Olaf Scholz ist das Linkeste, was im Bundestag ist"

Auch über den Zustand der Linkspartei nach der Abspaltung der Gruppe um Sahra Wagenknecht wurde bei "Markus Lanz" gesprochen. "Im Moment sind wir alle fraktionslos", konstatierte Dietmar Bartsch. Dies sei zwar "bitter", jedoch nur "ein Übergangsstadium". "Ich habe lange darum gekämpft, dass die Fraktion erhalten bleibt", versicherte Bartsch, der die Auflösung der Bundestagsfraktion als "eine Niederlage für die Linke" bezeichnete.

US-Korrespondent Elmar Theveßen und Linkspolitiker Dietmar Bartsch (links) diskutieren über mögliche Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
US-Korrespondent Elmar Theveßen und Linkspolitiker Dietmar Bartsch (links) diskutieren über mögliche Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

"Die SPD von Olaf Scholz ist das Linkeste, was im Bundestag ist. Und das ist, glaube ich, ein Problem", meinte der Politiker ernst. Lanz fragte überrascht: "Sie meinen es jetzt wirklich nur parteipolitisch, ja?" Bartsch stellte nickend klar: "Ich meine es parteipolitisch. 'Das Linkeste' habe ich jetzt gar nicht so gemeint, wie Sie es verstanden haben."

Journalistin Anna Lehmann stellte daraufhin klar, dass Dietmar Bartsch "auch einen gewissen Anteil" daran gehabt habe, dass es zum Zerfall der Linkspartei gekommen sei. "Die Leute, die jetzt aus der Linken ausgetreten sind, und die sich von der Fraktion dann auch abgespalten haben, das waren ja auch Leute, mit denen Sie jahrelang Bündnisse geschmiedet haben, die Sie gefördert haben oder in einflussreiche Positionen bugsiert haben", hielt ihm Lehmann vor. Statt dagegenzuhalten, gab Bartsch zu: "Ich finde, dass es viele Verantwortliche gibt für die jetzige Situation. Ich zähle zweifellos dazu."

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