Immer weniger Insekten: Forscher fordern Wende in Agrarpolitik

Insekten gehören zu den ältesten und wichtigsten Lebewesen unserer Erde. Doch ihre Zahl schwindet – die Folgen für uns Menschen könnten dramatisch sein. Das sei vielen noch immer nicht klar, sagt Insektenforscher Hans de Kroon von der Universität Nijmegen. Schwund um 75 Prozent Gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und Großbritannien hat er im Bergischen Land die sogenannte "Krefeld-Studie" erarbeitet. "Wir haben dort Insekten über einen Zeitraum von 30 Jahren beobachtet. Ihre Zahl ist um drei Viertel zurückgegangen", erklärt der Niederländer. Schuld ist vor allem die intensive Landwirtschaft. Pestizide machen den Tieren zu schaffen, durch zu viele Monokulturen verlieren sie ihren Lebensraum. "Eine Welt ohne Insekten kann man sich kaum vorstellen. Rund 80 Prozent unserer Pflanzenarten sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen", so de Kroon weiter. Ohne Bestäuber wie Bienen müssten wir auf die meisten Obst- und Gemüsesorten verzichten, genau wie auf Genussmittel wie Schokolade und Kaffee. Auch Käfer und andere Insekten sind für die Umwelt unentbehrlich – als natürliche Müllabfuhr oder Nahrung für andere Tiere. Noch ist es nicht zu spät Auch Josef Settele, Umweltforscher aus Halle, ist an der "Krefeld-Studie" beteiligt. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, der Ausblick der Wissenschaftler sei zu pessimistisch. "Die Menschheit muss jetzt etwas tun. Sonst ist sie später gezwungen, noch viel mehr zu tun", sagt Settele. "Gibt es eines Tages Konflikte um unseren Lebensraum oder um Nahrung, wird alles schwieriger. Klar gibt es auch dann noch andere Lösungen, aber sie werden viel schmerzhafter für uns sein als wenn wir jetzt handeln." Die Forscher fordern eine klare Wende in der Agrarpolitik – das heißt: eine nachhaltigere Landnutzung, konkrete Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und weniger Insektizide.