Nach Amtseinführung: Joe Biden erlässt die ersten Dekrete

Joe Biden unterzeichnet im Oval Office seine ersten Verfügungen (Bild: Reuters/Tom Brenner)
Joe Biden unterzeichnet im Oval Office seine ersten Verfügungen (Bild: Reuters/Tom Brenner)

Am ersten Tag als neuer US-Präsident hat Joe Biden die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Klimaabkommen von Paris eingeleitet. Damit machte der 78-Jährige in den ersten Stunden seiner Amtszeit wie angekündigt eine der umstrittensten Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump rückgängig. Biden unterschrieb am Mittwoch in Washington ein entsprechendes Schriftstück an die Vereinten Nationen. Dieses sollte noch am selben Tag bei der Welt-Organisation hinterlegt werden. Damit wären die USA 30 Tage später wieder offizieller Teil des Vertrages.

Die USA waren Anfang November offiziell aus dem historischen Abkommen der Vereinten Nationen zur Begrenzung des Klimawandels ausgeschieden - ein Jahr nach der formellen Austrittserklärung der US-Regierung. Die Vereinigten Staaten haben weltweit den zweithöchsten Treibhausgas-Ausstoß nach China, bei deutlich weniger Einwohnern. Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation beim Kampf gegen die Erderwärmung machen.

Gleichzeitig mit dem Wiedereintritt ins Pariser Klimaabkommen plante Biden weitere Schritte. Dazu gehört auch die Rücknahme einer Erlaubnis zum Bau der Pipeline Keystone XL nach Kanada. Zudem würden alle Teile des Regierungsapparates angewiesen, umweltfeindliche politische Entscheidungen der Trump-Regierung ausfindig zu machen und entsprechende Schritte einzuleiten. Dazu gehören unter anderem auch Umweltstandards für Treibstoffe und Emissionen.

Maskenpflicht und Rückkehr in WHO

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat Biden für die nächsten 100 Tage eine Maskenpflicht in allen Bereichen im Zuständigkeitsbereich des Bundes angeordnet. Das sind beispielsweise Gebäude von Bundesbehörden, Flugzeuge und Züge sowie Busse im Verkehr zwischen Bundesstaaten. Auch alle Mitarbeiter der Bundesregierung sind dazu verpflichtet.

Zudem stoppte Biden den von Trump eingeleiteten Austritt der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation WHO. Er unterzeichnete nach Angaben von Sprecherin Jen Psaki ein Schreiben zum Verbleib der Landes in der UN-Organisation. Trump hatte vergangenes Jahr trotz der grassierenden Corona-Pandemie aus Protest den Rückzug der USA aus der WHO angekündigt. Der Schritt wäre Anfang Juli wirksam geworden.

Biden will mit einem Kraftakt zur Eindämmung der Pandemie so schnell wie möglich einen politischen Kurswechsel in der Krise einleiten. Dabei setzt er auch auf die Zusammenarbeit mit der WHO. Mit dem angesehenen US-Immunologen Anthony Fauci als Delegationsleiter will die neue Regierung schon am Donnerstag wieder an einer WHO-Sitzung teilnehmen.

Aus für “Muslim Ban” und Mauer-Finanzierung

Auch das von Trump verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern hat Biden aufgehoben. Er ordnete ein Ende der Visa-Sperren für die betroffenen Länder an. Trump hatte das Einreiseverbot in seiner ersten Form im Jahr 2017 nur eine Woche nach seinem Amtsantritt verhängt. Betroffen waren vor allem Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit wie der Iran, der Jemen, Libyen, Syrien und Somalia. Trump löste damals mit dem Schritt weltweit Entsetzen aus. Es kam zu Chaos an etlichen Flughäfen und massiven Protesten.

Zudem setzte Biden die Finanzierung für den von Trump angeordneten Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko aus. Eine entsprechende Verfügung trat nach Angaben seiner Sprecherin mit sofortiger Wirkung in Kraft. Damit werde eine Notstandserklärung Trumps aufgehoben, die Grundlage für die Finanzierung des Baus des umstrittenen Grenzwalls war.

Präsident Joe Biden und First Lady Dr. Jill Biden kommen am Weißen Haus an (Bild: Chip Somodevilla/Getty Images)
Präsident Joe Biden und First Lady Dr. Jill Biden kommen am Weißen Haus an (Bild: Chip Somodevilla/Getty Images)

Trump hatte mit dem nationalen Notstand den Kongress umgangen, der ihm 2019 die Mittel für den Mauerbau verweigert hatte. Mit Bidens Verfügung soll die Rechtmäßigkeit der Finanzierung des Projekts überprüft werden. Der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko war eines der zentralen Versprechen Trumps vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 gewesen. Damit wollte Trump die Zahl der illegalen Grenzübertritte aus Lateinamerika dramatisch senken.

Wenige Stunden nach seiner Vereidigung schickte Biden zudem einen Gesetzesentwurf an den US-Kongress. Nach Angaben von Sprecherin Psaki ist darin unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen sollen - und auf lange Sicht auch die US-Bürgerschaft. Biden wies das Heimatschutzministerium zudem an, Schritte in die Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum Schutz von rund 700.000 jungen Migranten vor einer Abschiebung abzielen.

Aufruf zur Versöhnung

Der Oberste Richter der USA, John Roberts, hatte Biden zuvor an der Westseite des US-Kapitols den Amtseid abgenommen. Zuvor war Kamala Harris als erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt worden. Biden löst den Republikaner Donald Trump ab, der entgegen der Tradition nicht an der Amtseinführung seines Nachfolgers teilnahm.

Biden trat sein Amt mit einem Aufruf zur Versöhnung an. Er sagte in seiner Antrittsrede, ohne Einheit könne es keinen Frieden und keinen Fortschritt geben, sondern nur Verbitterung und Ärger. Er werde sich mit ganzem Herzen für Einheit und Versöhnung einsetzen.

Joe Biden bei der Vereidigung (Bild: Tasos Katopodis/Getty Images)
Joe Biden bei der Vereidigung (Bild: Tasos Katopodis/Getty Images)

“Mit Einheit können wir große Dinge tun, wichtige Dinge”, sagte Biden. “Dies ist unser Moment in der Geschichte. Und Einheit ist der Weg vorwärts.” Biden beschwor die Amerikaner, das Land habe auch Herausforderungen in der Vergangenheit mit Einheit überwunden. “Lasst uns neu anfangen”, sagte er und rief dazu auf, einander zuzuhören.

“Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein”, versprach Biden. Er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn nicht unterstützt hätten wie für jene, die dies getan hätten. “Dies ist der Tag der Demokratie.” Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. “Die Demokratie hat sich durchgesetzt.”

Beispiellose Zeremonie

Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte Biden einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten niedergelegt. Auch Vizepräsidentin Kamala Harris sowie die früheren Präsidenten George W. Bush, Bill Clinton und Barack Obama nahmen an der Zeremonie auf dem Nationalfriedhof in Arlington bei Washington teil. Biden und Harris hielten an dem bereits vor ihrer Ankunft platzierten Kranz einen Moment Stille, der Präsident bekreuzigte sich. Bei Bidens Ankunft auf dem riesigen Militärfriedhof - bekannt für lange Reihen identischer weißer Grabsteine - wurden Salutschüsse abgefeuert.

Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten (Bild: Reuters/Joshua Roberts/Pool)
Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten (Bild: Reuters/Joshua Roberts/Pool)

Die Zeremonie am US-Kapitol fand unter nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor zwei Wochen hatten gewalttätige Anhänger des abgewählten Trumps das Parlamentsgebäude gestürmt. Die Angst vor neuerlicher Gewalt rund um die Vereidigung war groß.

Das Zentrum der US-Hauptstadt wurde weiträumig abgeriegelt. Neben zahlreichen Polizisten waren Tausende Mitglieder der Nationalgarde im Einsatz, die insbesondere das Kongressgebäude schützen sollten. Wegen der Corona-Pandemie fand die Amtsübergabe zudem ohne das übliche Massenpublikum statt. Anstelle der Hunderttausenden Menschen fanden fast 200.000 Flaggen auf der Freifläche zwischen dem Kapitol und dem Lincoln Memorial Platz, die die fehlenden Besucher repräsentieren sollten.

Der bekennende Katholik Biden schwor auf eine massive Bibel seiner Familie - wie bei vergangenen Vereidigungen als Vizepräsident der Regierung von Ex-Präsident Barack Obama und als Senator.

Video: Trump will “auf irgendeine Art zurückkehren”