Innenminister wollen nach Angriff auf SPD-Politiker Ecke schärfe Gesetze prüfen

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Europapolitiker Matthias Ecke für eine schnelle Reaktion der Justiz ausgesprochen und wollen Strafrechtsverschärfungen prüfen. (JENS SCHLUETER)
Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Europapolitiker Matthias Ecke für eine schnelle Reaktion der Justiz ausgesprochen und wollen Strafrechtsverschärfungen prüfen. (JENS SCHLUETER)

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Europapolitiker Matthias Ecke für eine schnelle Reaktion der Justiz und die Prüfung von Strafrechtsverschärfungen ausgesprochen. Angriffe auf Amtsträger oder Wahlkämpfer gefährdeten die Demokratie, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), der brandenburgische Ressortchef Michael Stübgen (CDU), am Dienstag. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte "ein ganz deutliches Stopp-Signal".

Die Innenministerkonferenz sehe mit Blick auf die besondere Qualität von Angriffen auf politisch aktive Menschen den Bedarf, das Strafgesetzbuch zu überprüfen, sagte Stübgen in Potsdam nach einer Videoschaltkonferenz der Innenminister. Die Bestimmungen im Bereich von Nötigung und Körperverletzung deckten "die Besonderheiten" von Übergriffen auf Amtsträger und Politiker nicht hinreichend ab.

Die Innenminister forderten in ihrem Beschluss die Justizministerkonferenz auf, "zeitnah" hier mögliche Verschärfungen zu prüfen. Dies gilt für die Frage, ob die bewusste Verbreitung von Desinformation mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung oder Gewalteskalation strafwürdiges Unrecht darstelle.

An Faeser richteten sie die Bitte, sich in der Bundesregierung dafür einzusetzen, eine bereits vorliegende Bundesratsinitiative für den besseren strafrechtlichen Schutz gemeinnütziger Tätigkeit aufzugreifen. Dadurch sollen Übergriffe auf politisch engagierte Menschen stärker bestraft werden.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) betonte, es handele sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es gebe eine höhere Aggressivität und eine niedrigere Hemmschwelle bei Gewalt. Dies sei "keine Entwicklung, die vom Himmel gefallen ist", sagte er. Denn die Verächtlichmachung und Diffamierung von Politikern in sozialen Medien nehme seit Jahren zu. Nötig sei hier "ein Wendepunkt".

Mit Blick auf Strafverschärfungen betonte der Hamburger Innensenator, diese Debatte habe bei der Konferenz nicht so breiten Raum eingenommen. Es solle aber bis zur Innenministerkonferenz im Juni geprüft werden, ob das Schutzniveau nochmals erhöht werden sollte, sagte Grote.

Bundesinnenministerin Faeser sieht gleichfalls die Justiz gefordert. Täter müssten durch schnelle Verfahren "die volle Härte des Rechtsstaates" spüren, sagte sie. Wenn Strafverschärfungen nötig seien, werde sie schnell mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) darüber sprechen. Bereits geplant sei eine Änderung des Melderechts, damit Adressen von Kommunalpolitikern nicht mehr öffentlich zugänglich seien.

Faeser plädierte zugleich für "noch mehr sichtbare Polizeipräsenz". Sie betonte aber auch, die Polizei könne "nicht überall gleichzeitig sein", um mögliche Übergriffe zu verhindern. Zur Unterstützung der Länder sagte sie zu, deren Polizeien durch die Bundespolizei an anderer Stelle zu entlasten - etwa bei Einsätzen bei Demonstrationen oder Fußballspielen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte nach der Konferenz, die Innenminister wollten bei ihrem nächsten Treffen in fünf Wochen nach der Europawahl am 9. Juni nochmals ihre Erfahrungen aus dem Wahlkampf austauschen. Dann solle mit Blick auf die drei Landtagswahlen im Herbst in Ostdeutschland überlegt werden, ob weitere Maßnahmen nötig seien.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den zeitnah verabschiedeten Maßnahmenkatalog der IMK. Es sei "gut, dass die Politikerinnen und Politiker dabei erkennen, dass die Polizei nicht alles allein richten kann und es sich ganz klar um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt", erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke.

Ecke, der sächsischer SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl ist, war am Freitagabend in Dresden niedergeschlagen und schwer verletzt worden. Zuvor soll die verantwortliche Gruppe einen 28-Jährigen angegriffen haben, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte. Der Angriff auf Ecke sorgte für Empörung, löste aber zugleich eine Welle der Solidarität aus. Seither läuft auch eine Debatte über mögliche Schutz- und Gegenmaßnahmen.

mt/bro/yb