Israel-Gaza: Wurde Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt?

Israel-Gaza: Wurde Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt?

Anfang März hat Nicaragua beim Internationalen Gerichtshof (IGH) Klage gegen Deutschland eingereicht und behauptete, Berlin sei durch seine politische und finanzielle Unterstützung Israels am Völkermord in Gaza beteiligt. Deutschland hat die Vorwürfe vehement zurückgewiesen.

Seitdem kursiert ein Video auf Instagram und anderen sozialen Netzwerken. Angeblich zeigt es einen IGH-Richter, der Deutschland auffordert, seine Hilfe für Israel sofort einzustellen.

In der Tat läuft das Verfahren noch und die Person im Video ist nicht einmal ein Richter.

In der deutschen Bildunterschrift heißt es, dass der IGH bereits ein Urteil gefällt und Deutschland verurteilt habe.

Dies ist jedoch irreführend. Erstens ist der Mann im Video, obwohl er vor dem Internationalen Gerichtshof über den Fall Nicaragua spricht, kein Richter. Stattdessen wird der Kanzler des IGH, Philippe Gautier, gezeigt.

Er hat eine Reihe von Aufgaben, darunter auch richterliche, wie die Verwaltung von Gerichtsverfahren und Unterlagen, aber er ist nicht zuständig für den Fall.

Der Text, den er im Video liest, ist kein Urteil, sondern eine Reihe vorläufiger Maßnahmen, um deren Anordnung Nicaragua das Gericht gebeten hat.

Dazu gehört die Anweisung an Deutschland, die Lieferung militärischer Ausrüstung an Israel einzustellen und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass deutsche Waffen, die sich bereits in Israel befinden, nicht zum angeblichen Völkermord beitragen.

The video has been miscaptioned
The video has been miscaptioned - Euronews

Im Video spricht er Englisch. Zwar ist das Video echt und auch die übersetzten Untertitel sind im Allgemeinen korrekt, das Video als Ganzes wurde aber komplett aus dem Kontext gerissen. Es stimmt, dass das Video m Rahmen der Klage Nicaraguas gegen Deutschland aufgenommen wurde. Die Überschrift ist jedoch falsch. Eine vollständige Version des Videos finden Sie auf der Webseite des Internationalen Gerichtshofs.

Der betreffende Clip beginnt ungefähr bei Minute 9:53 und wird im vollständigen Video deutlich als eine Liste aus Nicaraguas Antrag dargestellt. Der Präsident des IGH, Nawaf Salam, bittet den Kanzler, dem Gericht die Anträge vorzulesen. Der Kanzler weist dann ausdrücklich darauf hin, dass er aus Gerichtsakten von Nicaragua zitiert.

Damit nicht genug: Es ist auch falsch zu behaupten, es handele sich um ein Gerichtsurteil, weil der IGH den Fall noch berät. IGH veröffentlichte kürzlich eine Erklärung. Dort bestätigte IGH, dass die öffentlichen Anhörungen zu diesem Thema abgeschlossen seien und die Beratungen begonnen hätten. Der Internationale Gerichtshof teilt mit, dass er sein Urteil in einer weiteren öffentlichen Anhörung zu einem noch festzulegenden Termin verkünden werde.