ISS-Trümmer: Die aktuellen Entwicklungen

Batterieblock könnte die Erde treffen

Trümmerteile eines ausrangierten Batteriepakets der Internationalen Raumstation ISS könnten am Freitag auf die Erde niedergehen - Deutschland treffen sie aller Voraussicht nach aber nicht. (Bild: ---/Nasa/dpa)
Trümmerteile eines ausrangierten Batteriepakets der Internationalen Raumstation ISS könnten am Freitag auf die Erde niedergehen - Deutschland treffen sie aller Voraussicht nach aber nicht. (Bild: ---/Nasa/dpa)

Bereits seit drei Jahren fliegt ein ausrangiertes Batteriepaket der Internationalen Raumstation ISS, etwa so groß wie ein Auto und 2,6 Tonnen schwer, um die Erde. Nun soll es bald in die Atmosphäre eintreten - was Befürchtungen weckte, dass die herabfallenden Trümmerteile eine Gefahr für Deutschland werden konnten. Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt geben allerdings Entwarnung: Sie halten die Wahrscheinlichkeit, dass Teile über Deutschland niedergehen für sehr gering, den aktuellen Berechnungen zufolge sollen sie stattdessen über dem Norden Nordamerikas in die Erdatmosphäre eintreten. Alle aktuellen Entwicklungen rund um die ISS-Trümmer finden Sie hier in unserem Live-Blog.

DER LIVE-BERICHT IST ZU ENDE6 Aktualisierungen
  • Womöglich Lichtstreif über Mitte Deutschlands durch ISS-Teil

    Ein ausrangiertes Batteriepaket der Raumstation ISS könnte nach Einschätzung des Weltraumlagezentrums der Bundeswehr am Freitagabend gegen 19.20 Uhr für einen Lichtstreif über der Mitte Deutschlands sorgen. Den Prognosen zufolge bewege sich der Block dann von den Niederlanden in Richtung Polen, teilten die Fachleute über die Plattform X (vormals Twitter) mit. «Wer heute von 19:19 bis 19:20 Uhr in den Himmel über Mitteldeutschland blickt, könnte einen hellen Schweif sehen», hieß es. Einen Absturz über Deutschland schloss das Weltraumlagezentrum im niederrheinischen Uedem weiterhin aus.

  • Lagezentrum: Verglühender Batterieblock könnte am Himmel zu sehen sein

    Das ausrangiertes Batteriepaket der Raumstation ISS könnte bei seinem Wiedereintritt in die Atmosphäre am Freitagabend für einen kleinen Feuerschweif über Teilen Deutschlands sorgen. "Gegen 19.20 Uhr könnte sich am Niederrhein und im Ruhrgebiet ein Blick an den Abendhimmel lohnen", sagte der militärische Leiter des Weltraumlagezentrums der Bundeswehr, Oberstleutnant Alexander Richter, am frühen Freitagnachmittag der Deutschen Presse-Agentur. Zu dem Zeitpunkt sei es bereits dunkel und der Himmel sei hoffentlich wolkenlos. Zuvor hatte ntv darüber berichtet.

    Der Eintritt in die Erdatmosphäre werde zu so starker Reibung führen, dass sich in aller Regel der größte Teil in Hitze und Licht auflöse. Gegen 19.20 Uhr werde der Batterieblock Nordrhein-Westfalen in Richtung Cottbus in Brandenburg überfliegen. Ein kleiner Feuerschweif sei dabei wahrscheinlich. "Es ist etwas Besonderes, aber nichts Gefährliches", erklärte Richter. Bei einer möglichen weiteren Erdumkreisung gebe es einen zweiten Überflugkorridor des Batterieblockes über Deutschland, der über Baden-Württemberg führen könnte.

    Auch ein Experte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hält es für möglich, dass das in der Atmosphäre verglühende Batteriepaket in einigen Regionen Deutschlands am Freitagabend am Himmel zu sehen sein könnte. "Es ist eine nicht zu vernachlässigende Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Lichtschweif oder einen Überschallknall über Deutschland sehen oder hören können", sagte DLR-Experte Jörn Helbert am Freitagnachmittag der dpa. .

    Sowohl Richter als auch Helbert halten es nach den bislang vorliegenden Daten für höchst unwahrscheinlich, dass Trümmerteile Deutschland treffen könnten. Sollten Trümmerteile die Erdoberfläche erreichen, würden sie wahrscheinlich ins Meer stürzen, sagte Richter und fügte hinzu: "Nicht umsonst wird die Erde der blaue Planet genannt".

    Richter erwartet, dass am frühen Freitagabend neue Berechnungen zum Kurs des ausrangierten Batteriepakets um die Erde im Weltraumlagezentrum vorliegen. Es wird von der Luftwaffe und der Raumfahrtagentur DLR gemeinsam betrieben.

  • Wenn kaum eine Gefahr für Deutschland besteht, warum gab es dann eine amtliche Warnung?

    Für etwas Aufregung hatte gesorgt, dass das BBK seine Einschätzung - sehr geringe Wahrscheinlichkeit für Trümmer auf Deutschland - am Donnerstag über mehrere Warn-Apps per amtlicher Gefahreninformation verbreitet hatte. "Sollte sich das Risiko erhöhen, erhalten Sie eine neue Information", hieß es dort. "Uns geht es um Transparenz und darum, die Informationen zu teilen, die uns vorliegen", erklärte eine Sprecherin der Behörde das Vorgehen.

    Mittlerweile geht man nach aktuellen Berechnungen (Stand Freitagmittag) dann aus, dass die ISS-Batterie über der Karibik in die Atmosphäre eintreten wird. Als Zeitfenster gab die Onlineseite "satflare.com" einen Acht-Stunden-Korridor rund um den Freitagabend deutscher Zeit an. "Auch wenn einige Teile den Boden erreichen können, ist das Unfallrisiko und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch getroffen wird, sehr gering", teilte die Esa mit.

  • So kann man die ISS-Batterie live verfolgen

    Für alle, die es genau wissen wollen, verrät dieses praktische Tool wo genau sich die ISS-Batterie gerade befindet. Zusätzlich findet man dort noch weitere spannende Fakten, wie die aktuelle Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegt oder ihre weitere erwartete Route.

    Glaubt man diesen Daten, sieht es derzeit so aus, als ob der Weltraumschrott einen großen Bogen um Deutschland und sogar ganz Europa machen wird und stattdessen von Afrika, wo er sich im Moment befindet, über Asien weiterzieht.

  • Ex- Esa-Chef Wörner: "Gehe davon aus, dass das Paket verglüht"

    Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner hält die Gefahr für gering. "Batterien brennen sehr gerne. Ich gehe davon aus, dass das Paket nahezu komplett in der Atmosphäre verglüht", sagte der frühere Präsident der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa der Deutschen Presse-Agentur. "Vielleicht sieht man das Zerlegen ja als schöne Sternschnuppe." Selbst, wenn Teilchen durchkämen, sei ein Treffer auf bewohntem Gebiet unwahrscheinlich. "Unter der großen Fläche, die das Paket überfliegt, ist sehr viel Wasser."

    Der deutsche Astronaut Alexander Gerst bezeichnete das Verglühenlassen als sinnvoll. "Das ist die beste Art und Weise, um Weltraumschrott zu vermeiden. Das ist im Prinzip eine positive Sache", sagte Gerst am Donnerstag in Washington, wohin er und sein Kollege Matthias Maurer Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begleiteten, um in der US-Hauptstadt Gespräche zur Zusammenarbeit von Amerikanern und Europäern etwa bei künftigen Mond-Missionen zu besprechen.

  • Einschätzungen von Experten

    Experten bleiben bei ihrer Einschätzung und sehen in den herabfallenden Trümmerteilen aller Voraussicht nach keine Gefahr für Deutschland. Es sei unwahrscheinlich, dass Teile über Deutschland niedergehen, sagte ein Sprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) der Deutschen Presse-Agentur. Das Objekt könnte den aktuellen Berechnungen zufolge über dem Norden Nordamerikas in die Atmosphäre eintreten. Als Zeitfenster wurde ein 20-Stunden-Korridor rund um den späten Freitagabend deutscher Zeit angegeben.

    Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hatte am Donnerstagnachmittag über mehrere Warn-Apps eine amtliche Gefahreninformation verbreitet, derzufolge die Wahrscheinlichkeit, dass Trümmer auf Deutschland stürzen, sehr gering sei. "Sollte sich das Risiko erhöhen, erhalten Sie eine neue Information", hieß es dort. Möglich seien aber "Leuchterscheinungen oder die Wahrnehmung eines Überschallknalls".

    "Erste Analysen des deutschen Weltraumlagezentrums haben ergeben, dass Teile der Batteriepakete den Wiedereintritt überstehen und die Erdoberfläche erreichen können", hatte das Zentrum für Luft- und Raumfahrt am Donnerstag mitgeteilt. Vor dem Wiedereintritt überfliege das Objekt mehrmals Deutschland, eine Gefährdung hierzulande werde "derzeit jedoch als statistisch unwahrscheinlich angesehen". Das Bundesministerium schrieb, eine Gefährdung für Deutschland sei "sehr unwahrscheinlich".

    Überflugbahn ausgehend von einem Puffer von 35 km um die berechneten Bodenspuren. (Bild: BBK)
    Überflugbahn ausgehend von einem Puffer von 35 km um die berechneten Bodenspuren. (Bild: BBK)

    Es teilte weiter mit: "Sollten sich wider Erwarten Hinweise auf eine Betroffenheit Deutschlands abzeichnen, so werden die bestehenden Krisenreaktionsmechanismen von Bund und Ländern genutzt, um auf eine mögliche Gefährdung entsprechend zu reagieren. Diese ist nach aktuellem Stand allerdings mehr als unwahrscheinlich. Dennoch wird das Objekt eng überwacht."

Um was für ein Objekt geht es?

Bei dem Objekt handelt es sich den Angaben zufolge um eine Plattform mit Batteriepaketen, die in etwa so groß wie ein Auto ist und 2,6 Tonnen wiegt - das bislang größte Objekt, das aus der ISS abgeworfen wurde. Die Plattform wurde bereits am 21. März 2021 bewusst von der ISS abgetrennt, um Jahre später in die Atmosphäre einzutreten und dort zu verglühen.

Wieso kann man den Wiedereintritt und möglichen Trümmerabsturz nicht ganz genau vorhersagen?

Es handelt sich um einen unkontrollierten Wiedereintritt, deswegen sind genaue Vorhersagen sehr schwer. "Das Objekt wird allmählich durch die Atmosphäre abgebremst und verliert damit an Bahnhöhe", sagte der Leiter des Esa-Programms für Weltraumsicherheit, Holger Krag, dem Online-Portal der "Tagesschau". "Die großen Unsicherheiten kommen daher, dass wir nicht genau voraussagen können, wie dicht die Atmosphäre sein wird. Es hängt von vielen Faktoren ab und bleibt zu einem großen Teil dem Zufall überlassen. Insofern kann man selbst einige Stunden vorher den Ort noch nicht genau benennen. Man kann vielleicht einige Kontinente ausschließen, aber man kann die Vorhersage auf keinen Fall auf ein Land oder eine Stadt herunterbrechen."

Wie läuft so ein Wiedereintritt ab?

"Das geht sehr schnell", sagte Krag über den Eintritt in die Atmosphäre. "Von einer Höhe von 100 Kilometer, in der der Wiedereintritt stattfindet, wenn das Objekt anfängt sich zu zerlegen, bis zum Boden sind es nur zehn Minuten. Der Batterieblock wird aber nicht als kompaktes Einzelteil auf ein ganz eng begrenztes Gebiet fallen, sondern das verteilt sich eher in einer längeren Trümmerschleppe. Man wird in dem betroffenen Gebiet eher alle 10 oder 20 Kilometer ein kleineres Teil erwarten."

Die Experten können mit Radaren feststellen, dass das Objekt nicht mehr im Weltraum unterwegs ist. Zudem ist es möglich, dass Lichtspuren am Himmel beobachtet und vielleicht auch per Foto oder Video festgehalten werden.

Kommt so etwas öfter vor?

Dass Weltraumschrott in die Atmosphäre eintritt und dort verglüht, ist gängiges Prozedere. So fand erst vor wenigen Wochen der vor fast 30 Jahren gestartete europäische Satellit "ERS-2" ein solches Ende und wurde planmäßig zerstört. Auch dass kleinere Trümmer die Erdoberfläche erreichen, kommt immer wieder vor. Meist gehen sie über dem Ozean oder unbewohntem Gebiet nieder. Nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa ist in den vergangenen 50 Jahren durchschnittlich ein bekanntes Stück pro Tag auf die Erde gefallen. Bislang sei dadurch keine ernsthafte Verletzung oder bedeutender Sachschaden bekannt.

Nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa sind derzeit mehr als 25.000 Objekte mit einem Umfang von mehr als zehn Zentimetern im Weltraum unterwegs, etwa 500.000 mit einem Umfang zwischen einem und zehn Zentimetern sowie mehr als 100 Millionen Partikel, die größer als ein Millimeter sind. Insgesamt seien es mehr als 9000 Tonnen. Ursprung seien vor allem Satellitenexplosionen und Kollisionen.

Infografik: Der Erdorbit hat ein Müllproblem | Statista
Infografik: Der Erdorbit hat ein Müllproblem | Statista

Gibt es Bemühungen, etwas dagegen zu tun?

Viele Länder, die im Weltraum aktiv sind, haben sich besorgt gezeigt und dafür ausgesprochen, die Entstehung von weiterem Weltraumschrott so weit wie möglich zu reduzieren - zum Beispiel durch entsprechendes Design von Raumschiffen und Satelliten. Der frühere Esa-Chef Wörner forderte zudem "endlich ein Frühwarnsystem zum Schutz der Erde".