Julia Engelmann: Von der Studentin zur Vollzeitpoetin

Julia Engelmann ist der Star am deutschen Poetry-Slam-Himmel. Im Interview erzählt sie, wie sie negative Gedanken in positive Kraft umwandelt.

Ihre Karriere begann in einem Bielefelder Uni-Hörsaal. Dort nahm Julia Engelmann (25) 2013 an einem Poetry-Slam teil. Ein Video ihres Auftritts ging später auf Youtube viral. Ihr Vortrag rührte Millionen Menschen zu Tränen. Alles Geschichte. Positive Geschichte. Das Leben hat sich seitdem für die 25-jährige Bremerin grundlegend verändert. Engelmann schreibt nicht nur Gedichte, sie singt nun auch. Vor Kurzem hat sie ihr Debütalbum mit dem passenden Namen "Poesiealbum" herausgebracht. Im Interview mit spot on news spricht das Multitalent über ihre positive Grundeinstellung und verrät, wie sie mit negativer Kritik umgeht.

Julia, in Ihren Songs schwingt viel Optimismus mit. Ist es Ihnen wichtig, Menschen mit Ihren Liedern auf positive Gedanken zu bringen?

Julia Engelmann: In erster Linie beginnt immer alles damit, dass ich mich selbst auf positive Gedanken bringen will. Denn das ist oft der einzige und mit der größte Einfluss, den ich habe: wie ich Dinge betrachte! Wenn das andere Menschen auch positiv stimmt, macht mich das glücklich!

Was können Sie Menschen mitgeben, die nicht so optimistisch durchs Leben gehen können?

Engelmann: Am Ende des Tages glaub ich, dass ich nicht ändern kann, wie jemand aufs Leben blickt! Aus meiner Sicht jedoch sind die Dinge oft die gleichen - ob ich betrübt bin oder fröhlich... Dann denke ich, kann ich auch optimistisch sein - dann haben ich und Menschen um mich rum eine bessere Zeit!

Wann waren Sie das letzte Mal richtig traurig und wie sind Sie aus diesem Tief wieder rausgekommen?

Engelmann: Traurigkeit kommt immer mal wieder bei mir auf, ebenso wie Melancholie oder Zweifel. So wie Jahreszeiten sich auch abwechseln... Ich erinnere mich dann daran, dass - egal wie der Winter ist - es immer wieder Frühling wird und alle Gefühle zu mir gehören und mich menschlich und lebendig machen!

Wollen Sie Ihre Musikkarriere nun noch weiter vorantreiben?

Engelmann: Ich bin sehr dankbar für die Dinge, die ich erleben und machen darf... Schreiben, singen, zeichnen... All das bedeutet mir viel und ich freue mich auf alles, was kommt!

Gäbe es einen Musiker, mit dem Sie gerne mal einen Song aufnehmen würden?

Engelmann: Ich höre sehr gerne und viel Käptn Peng, Angus and Julia Stone, Bon Iver, Alt-J... Da fallen mir unendlich viele ein!

Wie waren bisher die Reaktionen auf Ihr Debütalbum?

Engelmann: Ich hab schon ein paar Stunden nach Release unglaublich rührende und bestärkende Nachrichten bekommen! Und auf der Tour tanzt abends der ganze Saal zu einigen Liedern, die Lukas, Martin (meine Band) und ich live spielen!

"Spiegel Online" hat eine nicht so positive Rezension geschrieben und getitelt "Warum macht uns Julia Engelmann so aggressiv?" Wie gehen Sie mit solcher Kritik um?

Engelmann: Alles auf der Welt ist normalverteilt. Das ist diese Gauß'sche Glockenform. Einige Menschen finden Dinge super, einige super doof und die meisten so mittel. Warum sollte das bei mir anders sein? Ich weiß Kritik zu schätzen, besonders wenn sie emphatisch und wertschätzend ist!

Wie hat sich Ihr Leben seit Ihrem Auftritt 2013 beim 5. Bielefelder Hörsaal-Slam, der einige Monate später auf Youtube viral ging, verändert?

Engelmann: Es war der Urknall für mein jetziges Leben! Ich bin jetzt Vollzeitpoetin und keine Studentin mehr.

Hat das große Interesse an Ihrer Person auch Schattenseiten für Sie?

Engelmann: Für einige Menschen bin ich vielleicht etwas sichtbarer geworden, aber der Großteil meines Lebens besteht nach wie vor aus Alltag - meine Familie, Freunde und Aktivitäten sind denen von vor 2014 sehr ähnlich! Dass so viele Menschen meine Gedichte lesen, Shows besuchen und Musik hören... Das ist - um 'Notting Hill' zu zitieren - 'surreal, aber schön'!

Foto(s): © 2017 Ben Wolf