Kai Ebel sieht schwarz für Sebastian Vettel: "Er hat sich nichts mehr zu beweisen"

Kai Ebel steht vor seiner letzten Saison als Formel-1-Boxenreporter. Im Interview sprach er über die anstehende Zäsur, die strengen Corona-Regeln an der Rennstrecke und die - laut Ebel düsteren - Zukunftsaussichten des viermaligen Weltmeisters Sebastian Vettel.

Vier Monate später als geplant startet am Sonntag, 5. Juli, die neue Formel-1-Saison. Es sind für die deutschen Motorsportfans alles andere als normale Vorzeichen. Das hat mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu tun. Aber auch damit, dass sich der langjährige Rechteinhaber von der "Königsklasse" des Rennsports verabschiedet. Nach Austragung der anstehenden Grands Prix steigt RTL nach fast drei Jahrzehnten aus der Formel-1-Berichterstattung aus. Auch für Kai Ebel, dem langjährigen Boxenreporter des Kölner Senders, ist das ein tiefer Einschnitt.

"Jedes Kapitel im Leben geht einmal zu Ende, danach schlägt man wieder ein neues auf", will der 55-Jährige im RTL-Interview die Zäsur aber nicht allzu tragisch nehmen. Die jetzige Situation erinnere ihn an die Zeit, als RTL die Bundesliga-Rechte verloren habe: "Wir standen mit leeren Händen da, doch dann ist plötzlich und quasi aus dem Nichts die Formel 1 mit Michael Schumacher immer größer geworden. Zudem haben wir den Boxsport mit Henry Maske und Axel Schulz zu etwas Großem aufgebaut. Ich will damit nur sagen: Jedes Ende ist ein neuer Anfang und ich schaue, was das Universum für mich bereithält. Da gibt es immer Möglichkeiten, man muss sie nur sehen und dann zugreifen. Eine Tür geht zu und zwei andere gehen auf."

"Ich habe das Gefühl, zur Berichterstattung an die Front zu fahren"

Immerhin: Anders als das Kommentatorenduo Heiko Waßer und Christian Danner, das den Auftakt-Grand-Prix im österreichischen Spielberg aus dem Kölner Studio begleitet, darf Kai Ebel mit Kollege Felix Görner, zwei Kameramännern, zwei Tonassistenten, vier Technikern und zwei Producern an die Strecke. Das allerdings unter strengen Sicherheitsauflagen. "Es gibt so viele Regularien, dass sie in einem mehrseitigen Papier zusammengefasst sind", plaudert der Boxenreporter im Interview aus dem Nähkästchen. "Es herrscht Maskenpflicht, zudem müssen wir den kompletten Tag Buch führen, mit wem wir Kontakt hatten. Alles ist streng reglementiert, ein bisschen habe ich das Gefühl, zur Berichterstattung an die Front zu fahren."

Der Mönchengladbacher verspricht, das Beste aus der Situation zu machen, auch wenn sie für ihn "zunächst einmal höchst ungewohnt ist". Ebel: "Ich habe als Boxenreporter immer davon gelebt, dass ich mich frei bewegen und dabei improvisieren konnte. Nun muss ich halt Dienst nach Vorschrift machen und mich genau dahin stellen, wo ich hinbeordert werde."

Ebel über Vettel: "Ich glaube, dass er aufhört"

Eine sportliche Prognose abzugeben, falle ihm diesmal besonders schwer, gesteht Ebel im Interview. Am ehesten könne Red-Bull-Pilot Max Verstappen die Mercedes-Dominanz der letzten Jahre aufbrechen. Bei Ferrari sei eine "entscheidende Frage", wie Sebastian Vettel, der das Team am Saisonende verlässt, damit umgehe, "dass Ferrari eher auf Charles Leclerc als auf ihn setzt". Ebel: "Wird er im Kopf nun frei sein und besonders gut fahren, oder wird er sich besonders schwertun mit den Machtverhältnissen?" Zur Zukunft des viermaligen Weltmeisters (zuletzt 2013) aus Heppenheim hat Ebel eine klare Meinung: "Die Alternative für einen wie Vettel wäre nur ein Top-Team. Aber die Plätze scheinen immer dünner zu werden, da gibt es einfach kaum mehr Alternativen. Er hat sich nichts mehr zu beweisen, daher glaube ich, dass er aufhört."

RTL überträgt den Großen Preis von Österreich am Sonntag, 5. Juli, ab 14 Uhr live. Zuvor, um 13.30 Uhr, zeigt der Kölner Sender die Reportage "Mit Vollgas aus der Corona-Krise". Ab 2021 sind solche Rennsport-Erlebnisse Sky-Kunden vorbehalten. Nachdem RTL aus dem Rechtepoker ausgestiegen war, wandert die Rennserie in Deutschland - fast - komplett ins Pay-TV. Immerhin vier Rennen pro Saison soll es frei empfangbar zu sehen geben.