Karneval im Lockdown: Leere Straßen in Köln, "Lebenszeichen" in Düsseldorf

Auf dem Wagen von Jacques Tilly triumphiert dieses Jahr das Coronavirus über das
Auf dem Wagen von Jacques Tilly triumphiert dieses Jahr das Coronavirus über das "Carnevals-Virus" (Bild: Reuters/Thilo Schmuelgen)

Corona, Querdenker und Angela Merkel: Die Düsseldorfer Karnevalisten haben am Rosenmontag acht ihrer berühmten "Motto-Wagen" auf die Straße geschickt. Pandemiebedingt sollten die überlebensgroßen Karikaturen nicht als Zug, sondern getrennt voneinander durch die Stadt rollen. Die Route blieb streng geheim, um Menschenansammlungen zu vermeiden.

Wagenbauer Jacques Tilly präsentierte bei der Abfahrt unter anderem eine Corona-Figur, die den "Karnevals-Virus" klein macht, sowie Ex-US-Präsident Donald Trump am Spieß über Feuer. Einem "Querdenker" flog auf einem Denkmal das Hirn aus dem Kopf, eine Figur zeigte Armin Laschet (CDU) als Angela Merkel. Provokant: Ein Priester, der die Eichel eines männlichen Glieds als Hut trägt.

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Jacques Tilly nimmt auch die "Querdenker" und die katholische Kirsche aufs Korn (Bild: Reuters/Thilo Schmuelgen)

Tilly hatte nach Angaben des Comitee Carneval (CC) drei Wochen heimlich an den Wagen gearbeitet. "Das war eine gute Aktion, ich habe ein gutes Gefühl", sagte Tilly anschließend. "Alle haben ihre Handys gezückt und geklatscht - fast wie Rosenmontag." Natürlich habe es wegen Corona keinen Volksauflauf geben dürfen. "Es ging nur darum, symbolisch die Narrenfreiheit hochzuhalten."

Ausgerechnet ein Düsseldorfer Wagen auch in Köln

Einen Rosenmontag ohne Karnevalswagen hat es in Köln seit 30 Jahren nicht mehr gegeben. Doch wegen der Corona-Pandemie ist der größte deutsche Karnevalszug in diesem Jahr auch hier abgesagt worden. Einen Karnevalswagen gab es allerdings doch - direkt neben dem Kölner Dom und verwirrenderweise erbaut von Düsseldorfer Tilly. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace demonstrierte damit gegen die Klimapolitik des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU).

Der Wagen zeigt Laschet mit Narrenkappe, wie er mit einem riesigen Braunkohlebagger die Kirche von Keyenberg zum Einsturz bringt. Das Dorf Keyenberg soll dem Tagebau weichen. "Es kann nicht sein, dass mitten in der Klimakrise immer noch riesige Mengen Braunkohle abgebaut werden und und sogar ganze Dörfer mit Kirchen, Schulen und fruchtbaren Äckern geopfert werden", sagte Bastian Neuwirth von Greenpeace. "Wir finden, Köln ist genau der richtige Ort für diesen Wagen, weil wir hier vor dem Dom die Problematik zeigen können, dass für Braunkohle immer noch Kirchen abgerissen werden."

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Der "Düsseldorfer" Protestwagen von Greenpeace vor dem Kölner Dom (Bild: Reuters/Thilo Schmuelgen)

Der Kölner Karnevalspräsident Christoph Kuckelkorn hat sich deprimiert über den Rosenmontag ohne Karnevalszug und närrisches Treiben geäußert. "Diese Leere - das macht auch so'n bisschen Leere im Herz, das tut einem schon sehr weh, das trifft einen schon", sagte Kuckelkorn der Deutschen Presse-Agentur. "Aber es geht ja halt derzeit nicht anders, insofern müssen Sie halt damit auch leben."

"Neue Tiefe" für Karneval in der Zukunft?

Für manche Karnevalisten habe der Rosenmontag einen solchen Stellenwert, dass sie an diesem Tag den Weg des Rosenmontagszugs abgingen. "Das ist vielleicht auch ein bisschen Trauerarbeit. So langsam kommt wirklich an, was hier passiert und wie groß das Ganze ist. Es ist eine ganz schwierige Zeit."

Vereinzelte Karnevalisten laufen auf den Umzugsrouten durch Köln (Bild: Reuters/Thilo Schmuelgen)
Vereinzelte Karnevalisten laufen auf den Umzugsrouten durch Köln (Bild: Reuters/Thilo Schmuelgen)

Die Rheinländer seien auch gern Gastgeber und hätten ihre Stadt gern proppenvoll. "Normalerweise haben wir hier 'ne Million Leute am Zug und jetzt ist hier keiner, das tut schon auch echt weh, wenn man die leeren Gaststätten, leeren Brauhäuser sieht." Man spüre aber auch, welche Kraft der Karneval habe und was für eine riesige Lücke jetzt da sei. "Das wird dem Karneval in der Zukunft vielleicht auch nochmal eine neue Tiefe geben."

Auch in Mainz blieben die Narren am Rosenmontag zu Hause. "Es ist tatsächlich ruhig", sagte ein Polizeisprecher. "Wir haben eine Handvoll Kollegen in der Innenstadt, die haben nichts gemeldet." Unterdessen stellte das Festkomitee Kölner Karneval bereits das Motto für die nächste Saison vor. Es heißt: "Alles hät sing Zick." (Alles hat seine Zeit.) Damit solle der Bogen geschlagen werden von der aktuellen, coronabedingt verhaltenen Saison zu einem hoffentlich wieder "wunderbar engen Miteinander bei Sitzungen, Partys und Rosenmontagszug".

Video: Jahr ohne Karneval auch in Rio de Janeiro