Berichte: Erneute Luftangriffe und Raketenbeschuss im Sudan

Im Konflikt im Sudan ist es am Freitagmittag in der Hauptstadt Khartum übereinstimmenden Medien- und Augenzeugenberichten zufolge zu schweren Luftangriffen und Raketenbeschuss gekommen.

Sudan
Die Kämpfe im Sudan gehen weiter. (Bild: Stringer/Anadolu Agency via Getty Images)

Die Luftwaffe der sudanesischen Armee habe Ziele im Zentrum und Norden der Stadt sowie in der angrenzenden Stadt Omdurman beschossen. Die Angriffe erfolgten erneut in unmittelbarer Nähe von dicht besiedelten Wohngebieten.

Zuvor hatten UN-Generalsekretär António Guterres und die Arabische Liga dazu aufgerufen, die Feiertage zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan für eine Waffenruhe zu nutzen. Seit Samstag kämpft die Armee gegen die einst verbündete paramilitärische Einheit Rapid Support Forces (RSF) um die Macht in dem nordostafrikanischen Land. Die Zahl der Toten stieg nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf rund 330, darunter ist laut US-Außenministerium auch ein amerikanischer Staatsbürger. 3200 Menschen wurden bislang verletzt.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rief gestern Abend auf Twitter ebenfalls zu einer Feuerpause auf. Zudem tue die Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende, um den deutschen Staatsangehörigen im Sudan zu helfen.

Einen ersten Versuch, Bundesbürger außer Landes zu bringen, hatte die Bundeswehr am Mittwoch aus Sicherheitsgründen abbrechen müssen. Ein Plan für den Einsatz der Luftwaffe dazu wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wegen der unsicheren Lage in der umkämpften Hauptstadt Khartum gestoppt.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, kritisierte derweil die Informationspolitik der Bundesregierung zu einem möglichen Evakuierungseinsatz im Sudan. Die Bundeswehr habe bewiesen, dass sie solch schwierige Einsätze durchführen könne, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Es ist aber wichtig, dass die Bundesregierung in einer solch kritischen Phase den engen Austausch mit dem Parlament sucht, auch zu Fragen einer etwaigen Mandatierung. Die bisherige Informationspolitik ist inakzeptabel."

Blinken will vermitteln

Auch die US-Regierung rief erneut zu einem Ende der Gewalt in dem Land auf. US-Außenminister Antony Blinken tauschte sich nach Angaben seines Ministeriums gestern getrennt mit De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, und RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo aus. Er habe in den Gesprächen beide zu einem Waffenstillstand aufgefordert.

Das gold- und ölreiche Land mit rund 46 Millionen Einwohnern wird seit 2019 von einer militärischen Übergangsregierung regiert, die diesen Monat eigentlich einen Prozess zur Demokratisierung einleiten sollte. Aufgrund der immer wiederkehrenden Gewalt und zahlreicher Konflikte waren bereits vor Beginn der aktuellen Gefechte knapp 16 Millionen Menschen in dem Land nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Es fehlt am Nötigsten

Seit Tagen sitzen Tausende Einwohner Khartums nach Angaben der Vereinten Nationen in ihren Häusern fest, viele von ihnen ohne Strom oder fließendes Wasser. Nahrungsmittel, Benzin und Medikamente gingen aus. Nur wenige Läden hatten laut einer dpa-Reporterin gestern geöffnet, die Märkte der Stadt waren geschlossen. Zudem sei die Gesundheitsversorgung so gut wie zusammengebrochen, teilte das sudanesische Ärztekomitee mit. Augenzeugenberichten zufolge lagen Leichen auf den Straßen der Hauptstadt. Die Welthungerhilfe warnte vor "einer humanitären Tragödie".

Das Welternährungsprogramm (WFP) warnte gestern Abend, dass Millionen weitere Sudanesen durch den aktuellen Konflikt in Not geraten könnten. Man habe seine Nahrungsmittel- und Bargeldhilfe vorübergehend eingestellt. Das Kinderhilfswerk Unicef teilte mit, die eskalierende Gewalt gefährde Millionen von Kindern. Mindestens neun Kinder wurden Berichten zufolge bei den Kämpfen getötet und mehr als 50 verletzt.

In den vergangenen Tagen hatten zudem die Übergriffe auf Hilfsorganisationen und Mitarbeiter internationaler Organisationen zugenommen. Besonders in der Region Darfur im Westen des Landes meldeten Nichtregierungsorganisationen, dass Büros und Lagerhäuser geplündert würden. Laut WFP seien in Süd-Darfur rund 4000 Tonnen Nahrungsmittel für hungernde Menschen gestohlen worden.

Im Video: Sudan - Tausende fliehen vor schweren Kämpfen