Keine Spießer: Flüchtlinge bauen in Kleingartenanlage Gemüse an

Flüchtlinge in Norddeutschland helfen in einer Kleingartenanlage. Einige von ihnen kommen aus der syrischen Hafenstadt Lataika. Im vergangenen Jahr flüchteten sie aus ihrer Heimat vor dem Krieg. Sie landeten in Wentorf – und im örtlichen Kleingartenverein.

Barbara Lange ist beim Runden Tisch Wentorf, der sich für Flüchtlinge engagiert. “Ich arbeite selbst gern im Garten und dachte mir: Das tut anderen auch gut”, sagt Lange. Die Idee kam ihr im vergangenen Frühjahr: “Ich fand es schade, dass viele Flüchtlinge keine Kontakte nach draußen hatten und meist in ihren Zimmern rumhingen.” Sie saß in ihrem Garten, den sie “so schön” findet und beschloss, ein Grundstück für sie zu finden. Nach langer Suche und bürokratischen Hürden entschied sie, selbst ein Grundstück für die Flüchtlinge zu pachten. “Unser Verein konnte nicht Pächter werden, aber er übernimmt die finanziellen Mittel”, sagt sie.

In der Kleingartenanlage in Wentorf fand sie schließlich eine Parzelle: “Alles war völlig verwildert. Es gab brüchige Buden. Überall war Müll und Schutt und nichts war mehr bewirtschaftet.“ Schritt für Schritt starteten die Aufräumaktionen. “Wir sind noch nicht viele, aber bei den Aufräumarbeiten haben 15 Leute mitangepackt”. Danach wurde Salat gepflanzt und mit der Zeit Kirschen geerntet, aus denen Gelee für Marmelade gemacht wurde.

Statt Zitronen und Oliven gibt es hier Möhren und Petersilie

Drei Männer aus der syrischen Hafenstadt Lataika helfen regelmäßig mit in der Kleingärtneranlage. Weil ihnen selbst die Marmelade zu sauer ist, verkaufen sie sie später und verwenden die Einnahmen für die Pflege ihrer Parzelle. "Es ist schön hier draußen”, sagt Omar Gindi und mäht den Rasen. Als die alte Maschine abrupt ausgeht, kommt er mit einer Pflanzenschere zurück: Die Grasbüschel am Rasenrand müssen noch weg. Denn in einem echten Kleingartenverein gelten auch echte Kleingartenregeln. “Es darf nur ein gewisser Prozentsatz bebaut sein. Dann muss es einen gewissen Prozentsatz Rasen, Gemüse und Blumen geben”, sagt Barbara Lange. Auch Lange musste sich erst mit diesen Regeln vertraut machen, hat sie doch bisher nur in ihrem eigenen Garten gegärtnert.

“Die Regeln sind in Ordnung”, sagt Omar Gindi dazu. Bisher hatte er noch nichts von “spießigen Kleingartenanlagen gehört.” So unbekannt ist den drei Männern aus Syrien das Konzept nicht. “In Latakia hatten wir auch einen Garten, etwas außerhalb der Stadt. Da ist meine Familie immer am Wochenende hingefahren. Wir hatten dort Äpfel, Zitronen und Oliven”, erzählt Sadik Halbe. In Wentorf wird es in diesem Jahr eher Kartoffeln, Karotten und Petersilie geben. “Alles Spenden von den anderen Kleingärtnern”, sagt Lange mit den Samentütchen in der Hand und erklärt, wie man die brachliegenden Beete am besten bearbeitet: “Nicht zu tiefe Furchen. Sonst kommen die Pflanzen nachher nicht raus.”

Verständigung und Grillfest

“Wir arbeiten, aber wir grillen auch gerne hier und hören Musik”, erzählt Ocbaa Badour. Am Wochenende steht wieder ein Grillfest an. Lange hofft, dass es weiterhin so gut läuft. Bisher haben sich Ihres Wissens nach noch keine weiteren Kleingartenanlagen an diesem Vorgehen orientiert, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Foto: Barbara Lange