Kolumne: Sommer ist, wenn Berlin zum Salatbeet wird

An der Hasenheide in Kreuzberg blüht Rucola

In jedem Sommer gibt es diesen Moment: Plötzlich hat man das Gefühl, das Personal der Stadt sei jetzt vollständig ausgetauscht. So ähnlich wie bei einem Theaterstück, wenn die zweite Besetzung spielt und man sich erst über die Gesichter wundert, dann aber dafür begeistert und sich fragt, warum diese Schauspieler nicht die erste Wahl waren.

Wenn man sich dabei ertappt, wie man am Straßenrand versonnen gelbe Blumen mustert, die sich im Wind wiegen, und einem erst nach einer Weile auffällt: Es ist gar kein BlumenBeet, sondern Rucola-Salat. Und außerdem eine Baustelle. Wenn von Efeu eingesponnene Bagger zwischen verlassenen Baucontainern stehen und irgendwo eine einsame Tür im Wind klappert, dann weiß man: Mehr Sommer wird nicht.

Dann wird zum Glück die Ampel grün, und man läuft weiter. Einfach so, ohne Gedrängel, ohne nervige Radfahrer und Lärm. Nimmt man die S-Bahn, fühlt man sich vollends an einen anderen Ort versetzt. In einen Regionalzug zum Beispiel. Großeltern in beigefarbener Ausgehkluft erklären da ihren Enkeln Berlin, "guck, da ist der Zoo, und gleich kommt die Schlange". Schulklassen in Zweiergruppen und Sicherheitswesten führen halblaute Gespräche wie ein gut erzogenes Theaterpublikum in der Pause. Selbst bei 30 Grad schlägt einem aus den Wagen statt der normalen Note aus Bier und Schweiß der Duft von Weichspüler entgegen. Und es ist möglich, ganze Bahnfahrten durch Berlin zu absolvieren, ohne dass jemand singt, bettelt oder nervt. Kann das sein? Oder träume ich?

Tourist...

Lesen Sie hier weiter!