Kolumne Thadeusz: Igor Levit ist ein Meister – zumindest am Klavier

Wir sollen mehr bewundern. Rät der Autor Jan Ross in seinem lesenswerten Buch „Bildung“. Notorischen Twitterern und TikTok-Tuten wird dieser Auftrag schwerfallen. Denn die finden vor allem sich selbst toll. Veröffentlichen sofort, wenn sie etwas besser wissen als alle anderen. Was ständig der Fall ist. Sie können auch genau beurteilen, wer der letzte Arsch ist. Schreiben das auch immer gleich allen. Bewunderung ist also völlig unzeitgemäß. Dennoch nötig. Denn was ist der Künstler ohne die Menschen, die er mit seinem Kunststück entflammt?

Ich habe Igor Levit schon einmal live Klavier spielen hören. Auch ohne Fachmann zu sein, war völlig klar: Hier wird soeben bewiesen, dass es Gott gibt. Aber auch alle anderen Götter, an die Menschen glauben. Über uns ist etwas, es ist herrlich, und dieser Künstler kann den Kontakt dazu herstellen. Ein Meister. Eine Elf auf der eigentlich nur bis zehn reichenden Bewunderungsskala.

Wenn sich Igor Levit politisch äußert, dann geht es ihm wie Oliver Kahn im Anzug und außerhalb des Fußballtores: Nicht alles gelingt titanisch. Levit ist selbstverständlich wütend, denn neue Nazis bedrohen seine Gesundheit und sogar sein Leben. Ich war allerdings auch schon dabei, als Igor Levit vor einem Publikum politisierte, das ihm recht wohlgesonnen war. Diese Menschen hat er dennoch genervt. Sie hatten schon zu viele Bücher gelesen, um die durchbenutzten Links-Floskeln so groß zu finden, wie es Levits Kunst ist.

Mir hat er kürzlich per Twitter einen „politischen u...

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