Kommentar: Brandenburg und Sachsen bestätigen ihre Regierungsparteien

BERLIN, GERMANY - NOVEMBER 23: Dietmar Woidke (L), SPD, prime minister of the German state of Brandenburg, and Michael Kretschmer (R), prime minister of the German State of Saxony, are pictured during the meeting of the Bundesrat (Federal Council) on November 23, 2018 in Berlin, Germany. (Photo by Florian Gaertner/Photothek via Getty Images)
Die Wahlgewinner der Landtagswahlen in Brandenburg und in Sachsen: die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD, links) und Michael Kretschmer, CDU (Bild: Getty Images)

Bei den Landtagswahlen setzen sich die Ministerpräsidenten durch. Doch die Wähler schicken ihnen eine starke Opposition vors Haus.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Eigentlich hat die AfD die Landtagswahlen in Brandenburg und in Sachsen gewonnen. Stark zugenommen haben die Rechtspopulisten – stärker als alle anderen Parteien, die entweder sanft mehr Stimmen an sich banden oder gar Federn lassen mussten. Doch Wahlsieger sind andere. Denn die meisten Stimmen in den beiden Bundesländern gehen mit Abstand an jene Parteien, welche die Ministerpräsidenten stellen.

Daher zeigt dieser Wahlsonntag zwei Gesichter. Zum einen wählten die Bürger für Kontinuität. Sie wollen, dass die sie bisher regierenden Köpfe dies auch weiter tun. Unzufriedenheit sieht anders aus. Zum anderen aber hievten sie in beiden Ländern die AfD zur zweitstärksten Partei, die ihren Erfolg eindeutig daraus zieht, dass sie eine gewisse Unzufriedenheit anprangert.

Es geht ja ständig die Rede um, die AfD spreche aus, was man im Land nicht mehr sagen dürfe; ich habe bis heute nicht verstanden, was das sein soll, schließlich herrscht in Deutschland die Meinungsfreiheit und eine „Gedankenpolizei“ oder eine Kohorte der „Politischen Korrektheit“ entspringen nur Hirngespinsten. Im Gegenteil: Ich finde, es wird viel zu oft zu viel Hässliches über andere gesagt. Jedenfalls hat die AfD eine Menge Protestpotenzial gebündelt. Was sie damit anstellt, wird spannend sein zu beobachten. Bisher hörte man von ihren Politikern wie Alexander Gauland und Andreas Kalbitz am Wahlabend den schon gewohnten Sermon, dass es jetzt erst richtig losgehe – sowas sagt die AfD IMMER nach Wahlen und bestätigt den Alarmmodus, in dem sie sich bewegt. Der Parlamentsalltag sieht dann anders aus.

Gewisse Zeiten sind einfach vorbei

Letztlich spiegeln die Ergebnisse, dass es beiden Ländern besser geht, als man gemeinhin annimmt. Es hat sich viel getan, wichtige Stellschrauben wurden gedreht und beide Länder bewegen sich in ihrer Entwicklung in eine gute Richtung. Gleichwohl bedurfte es eines Ventils, um eine Unzufriedenheit herauszulassen – über die vielen Veränderungen und Verunsicherungen, über das Verblassen einer Vergangenheit in der DDR, die neben der Unfreiheit auch ein Gefühl der Stabilität und Sorglosigkeit vermitteln konnte. Doch all das ist weg. Und das ist auch gut so.

Die Wahlergebnisse geben auch den Grünen einen gehörigen Dämpfer. Der Höhenflug setzte sich trotz der Stimmengewinne nicht fort – und dass im Schatten eines Sommers, der vieles trocknen lässt und ein Bote des um sich greifenden Klimawandels ist. Die Grünen müssen lernen, dass ihr Erfolg kein Selbstgänger im Zeichen der zweifellosen ökologischen Krise ist – sie müssen auch liefern und Profil zeigen. Allein mit guter Laune kommt man nicht ins Kanzleramt. Und die FDP wankt reichlich geteert und gefedert aus diesen Wahlen heraus. In beiden Landtagen ist sie nicht vertreten; und es ist nicht absehbar, wie die Partei es den Bürgern verklickern will, dass sie irgendwie gebraucht werde.

Regieren geht anders

Der dritte Dämpfer gehört den Juniorpartnern in den Landesregierungen. Einmal wurde die CDU in Brandenburg böse abgestraft, einmal die SPD in Sachsen. Sie lieferten zuverlässige und verantwortungsvolle Arbeit ab, wurden aber dafür nicht honoriert. Das ist der Tribut an eine Gesellschaft, die aufmerksamkeitsgeiler geworden ist. Die zweite Reihe wird geflissentlich übersehen. Und die Opposition hat in diesem Showdenken auch die besseren Plätze. Was bedeutet: Sollte die AfD jemals in die Verlegenheit einer Regierungsverantwortung kommen, wäre Schluss mit Getöse, dann bestünde für sie das Risiko einer Schneeschmelze im Sommer. Oder sie machte einen auf Matteo Salvini. Der italienische Innenminister der rechtsextremen Lega setzte auf Opposition aus dem Amt heraus und scheiterte – vorerst – grandios.