Kommentar: Corona beutelt weltweit die Autokraten

Selbst Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro setzte schon mal eine Atemmaske auf. Das ist für ihn eine Leistung. (Bild:  REUTERS/Adriano Machado)
Selbst Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro setzte schon mal eine Atemmaske auf. Das ist für ihn eine Leistung. (Bild: REUTERS/Adriano Machado)

Der Virus duldet keine Herrscher neben sich. Das ist für autoritäre Politiker ein echtes Problem.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Was sich gerade in der Politik abspielt, erinnert an Märchen. Da sind am Ende die Bösen stets die Gelackmeierten, jede Maske fällt ab, jeder Kaiser steht nackt da. Entsprechend desaströs ist die Bilanz für Herrscher, die in Zeiten von Corona meinen, weiterhin autoritär zu wursteln.

In Brasilien hat Präsident Jair Bolsonaro seinen Gesundheitsminister entlassen, und zwar mit der Begründung, dieser habe nicht genügend Demut gezeigt. Damit meinte Bolsonaro nicht eine Demut gegenüber dem Virus, die durchaus angebracht ist, sondern gegenüber ihm; schließlich denkt der verrückte Faschistenfan Bolsonaro womöglich wahrhaftig, dass er mit der Beschreibung von Corona als „leichter Grippe“ richtig liegt. Sein geschasster Minister versuchte die Bürger zu schützen. Dafür muss er nun in die Quarantäne.

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Auf allen Kontinenten zeigen Autoritäre das gleiche Verhaltensmuster: Sie wollen Corona so lange nicht wahrhaben, bis das Leugnen nicht mehr funktioniert. In Brasilien tut Bolsonaro den Virus ab. Nördlich bemühte sich Donald Trump im Weißen Haus genauso, nur macht ihm die funktionierende Demokratie in den USA einen Strich durch die Rechnung; seitdem sucht er einen Ausweg aus seiner Misere des persönlichen Missmanagements und aus dem Fakt, dass er lange und wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen ließ und dies nun Menschenleben fordert. Dabei will der US-Präsident alle Verheißungen mit seiner Person verbunden wissen und alle Verantwortungen bei den Gouverneuren der Bundesstaaten: Also redet er von Lockerungen bei den Shutdowns, welche aber je lokal beschlossen werden sollen.

Und im Osten?

In Russland tat man lange so, als machte Corona einen Bogen ums Land und ignorierte die Toten; man kennt das von der Immunschwäche Aids – die wurde auch so lange in Russland geleugnet, bis es nicht mehr ging. Etwas weiter westlich sprechen die autoritären Machthaber Weißrusslands davon, dass Wodka gegen Corona helfe, alles sei halb so schlimm. Das Kalkül dahinter ist schlicht: Im Land sind viele Bürger bei staatlichen Unternehmen angestellt, und ein Shutdown würde den Staat noch empfindlicher treffen.

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Und in China, wo das Regime lange den Ausbruch des Virus zu vertuschen versuchte und sich nun als internationaler Saubermann zu stilisieren versucht, findet man plötzlich noch mehr Corona-Tote, die man irgendwie übersehen hatte. Womöglich denken die Funktionäre der Einheitspartei in Peking, dass sie nun mehr unangenehme Fakten zulassen können, nachdem ihre Diplomaten das Image des den Virus kontrollierenden Systems etabliert haben.

Es kommt auf den Tisch

Corona ist eben ein Politiktest. Man kann leicht versagen, auch in einer Demokratie. Wenn zu viele mitreden, es an Durchsetzungskraft und Autorität mangelt. Aber letzteres ist mit Autoritärem nicht zu verwechseln. Und wenn demokratische Politiker zu Kompromissen finden, die eine
Richtung vorgeben – dann ist dies allemal besser als das Gelaber von Autoritären, bei denen man nicht weiß, ob sie das Bürgerwohl oder den Verkauf ihrer Staatslimousine im Hinterkopf haben. Derzeit sieht es aus, als würden alle autoritären Politiker beim Corona-Test durchfallen. 1:0 für die Demokratie.

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