Kommentar: Die CDU geht gerade nicht baden

Wohin treibt die CDU? Bilder aus vergnügteren Zeiten bei einer Wahlparty 2013 (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Wohin treibt die CDU? Bilder aus vergnügteren Zeiten bei einer Wahlparty 2013 (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)

Viel Lärm um nichts: Über die CDU wird geredet, als stünde sie kurz vor der Selbstauflösung. Das ist arg übertrieben.

Ein Kommentar von Jan Rübel

"Hosianna" und "Kreuzigt ihn" sind gängig gewordene Mottos der aktuellen Politik. Die jüngste Sau, die gerade durchs Dorf gejagt wird, ist die CDU. Niedergang, innerer Krieg, Chaos – die Christdemokraten werden gerade als Anarchotruppe beschrieben, nur weil sie sich nicht sofort und geräuschlos auf einen Kanzlerkandidaten einigen können.

Natürlich geht es der CDU schlecht. Angela Merkel führt nicht mehr. In der Pandemie läuft vieles schlecht. Dann Abgeordnete mit offenen Händen und tiefen Taschen. Aber noch ist die CDU Volkspartei. Und sie wird es auch vorerst bleiben.

Allerspätestens Anfang nächster Woche werden wir aufwachen und einen Kandidaten der Union für das Kanzleramt präsentiert bekommen. Dann werden ein paar Tage vergehen, und unser immer mehr auf Kurzzeit getrimmtes Gedächtnis wird vergessen haben, wer sich heute gegenseitig ohrfeigt. Natürlich wird sich Markus Söder Armin Laschet unterordnen, oder umgekehrt; zumindest bis zur Bundestagswahl im September.

Wir sind zu aufgeregt

Denn die Union war schon immer ein die Disziplin liebender Haufen, ihr Konservatismus redet andauernd von einer Verantwortung für das Land, was zwar seltsam verschwurbelt und niemals fassbar rüberkommt – aber eine Verantwortung für den eigenen Parteiladen spüren die Funktionäre schon. Da wird im Zweifel zusammengerissen.

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Es ist auch komisch: Jahrzehntelang wurde die Union als Abnickverein verspottet, der Diskussionen meidet, sich in Unterordnung müht. Aber sobald es nicht sofort rund läuft, wie bei der derzeitigen Kandidatenkür, wird sogleich der Untergang des Christdemokratenlandes ausgerufen. Das ist arg übertrieben.

Letztlich ist auch klar, wohin die Reise gehen wird. Die CSU begeht gerade den Fehler sich einzubilden, sie befinde sich mit der CDU auf einer Stufe. Das tut sie aber nicht. Die CSU ist eine Landespartei, ein regionaler Verbund. Alles andere ist erfolgreiche Autosuggesation, aber es bleibt Einbildung. Und über die Kanzlerkandidatur entscheiden die Führungsgremien der CDU, also der Partei. Da dürfen sich die Unionsabgeordneten im Bundestag aufplustern, wie sie wollen: Sie sind nicht das Maß. Und auch das Schaulaufen von Laschet und Söder vor dieser Fraktion am vergangenen Dienstag wird eher zu Unrecht als Bürgerkrieg bezeichnet, für andere mag es eine Sternstunde parlamentarischer Debatten gewesen sein.

Downsizing the CSU

Die CSU muss den Weg zur Normalität finden. Das Ventil, um überschüssige Luft abzulassen. Heute ist nur eine Momentaufnahme, eine Fata Morgana mit Markus Söder als Scheinriesen, der, am Kanzleramt angekommen, durchs Schlüsselloch passen würde. Söder gereicht zum Vorteil, dass es einen allgemeinen Trend zum „Jüngeren“ gibt, zum hemdsärmeligen „Managertum“ – und dies verkörpert er ein wenig, Laschet dagegen gar nicht. Laschet wiederum kann besser moderieren und ausgleichen, er ist weniger eitel und verbiestert. Gelassener. Eben mehr Kanzler, während Söder mehr Zampanopräsident ist. Auch sollte nicht vergessen werden, welche Sicht auf Bayern und auf Deutschland Söder hatte, solange es ihm passte: „Das beste für Bayern“ titelte seine erste Regierungserklärung als Ministerpräsident. „Bayern ist mehr als ein Bundesland“, heißt es da. Und: „Bayern ist ein Lebensgefühl…“. Ähm. Das ist ein bisschen viel Gefühl. Und natürlich ist Bayern nicht mehr als ein Bundesland – ansonsten sollte sich Söder mit solchem Basiswissen besser nicht für „Wer wird Millionär?“ bewerben.

Hält Laschet bis zum Wochenende durch, werden viele wichtige Leute in CDU und CSU darüber nachdenken, bei wem im Amt sie nachts ruhiger schlafen würden. Wen sie für geeigneter halten. Und dann wird die Entscheidung glasklar sein.

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