Kommentar: Die Macht der Lüge bringt Donald Trump zurück

In den USA arbeitet die Politik minutiös auf, wie Donald Trump nach seiner Wahlniederlage Anfang 2021 einen Putsch versuchte. Die ganze Politik? Nein, lediglich ein Teil von ihr. Die Republikanische Partei dagegen folgt seinen Lügen. Das kann nur auf ein Comeback von "The Don" hinauslaufen.

Donald Trump Anfang Mai bei einem Pferderennen (Bild: Peter Casey-USA TODAY Sports)
Donald Trump Anfang Mai bei einem Pferderennen. (Bild: Peter Casey-USA TODAY Sports)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Was die Anhörungen des US-Repräsentantenhauses an den Tag bringen, ist eine Bankrotterklärung des ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Sein eigener Justizminister lacht über ihn, redet von "Bullshit", wenn er Trumps Lieblingsthema seit etlichen Monaten bewerten soll: dass die letzte Wahl zum US-Präsidenten eine große Lüge gewesen sei. Die Abgeordneten hörten Aufnahmen zu, auf denen Trump darüber sinnierte, ob es eine gute Idee sei, seinen Vize Mike Pence hängen zu lassen – weil der partout sich an die Verfassung halten und den echten Wahlsieger Joe Biden nicht verhindern wollte.

Hängen – welcher Mensch redet so? Ein schlechter

Die einzige Lüge, die hier im Raum schwebt, ist Trumps eigene Lüge von der angeblich gestohlenen Wahl. Er weiß, dass sie nicht stimmt. Aber er wiederholt sie stoisch, damit sie verfängt. Damit er und die seinen sich weiterhin "great" fühlen können. Nichts anderes will die Partei der Republikaner. Sie will sich groß fühlen, diese "Grand Old Party". Dem ordnet sie alles unter. Vor allem die Moral.

Es ist das schlichte Kalkül, dass eine Lüge sich in Realität verwandeln möge, wenn man sie nur andauernd ausspricht.

Eigentlich sollte diese Lüge im Zuge der Anhörungen in ein Mahnmal gegossen werden. Bloß beteiligen sich die Republikaner kaum daran. Sie tun die Untersuchungen als Wahlkampfmanöver der Demokraten ab und reden über den Sturm aufs Kapitol, als habe es sich um einen Dummejungen-Streich gehandelt; krasser kann Realitätsvermeidung kaum sein.

Eine Frage der Ehre

Die Republikanerin Liz Cheney hat es auf den Punkt gebracht: "Donald Trump wird eines Tages verschwunden sein, Ihre Ehrlosigkeit aber wird bleiben", sagte sie. Nur wird Cheney bald am Ende ihrer Karriere stehen, denn sie gilt als Parteinestbeschmutzerin. Dabei stinkt dieses von ganz allein.

In diesen Tagen stellt sich in den USA eine Zeitenwende ein, und zwar eine unausgesprochene. Die Republikaner müssen sich zu den Untaten Trumps verhalten. Schweigen sie, wie es danach aussieht, gehen sie seinen Weg. Dann geben sie sich weiterhin ihm hin und werden ihn ein zweites Mal für die Präsidentschaft kandidieren lassen.

Es gab in der US-Geschichte einen vergleichbaren Vorfall. Als Präsident Richard Nixon Anfang der Siebziger immer mehr in den Watergate-Skandal geriet, entschieden sich seine Republikaner für Aufklärung. Es kam heraus, dass Nixon viel mehr vom Einbruch in der Parteizentrale der Demokraten wusste als behauptet. Und dann musste er gehen.

Wer das Land liebt und wer nicht

Was Trump tat, war noch viel schlimmer als Nixons Panzerknackernummer. Aber bei den Republikanern herrscht diesmal keine Aufklärungsstimmung. Anders lassen sich die Äußerungen führender Republikaner nicht verstehen, die sich im unmittelbaren Nachgang an den Putschversuch vom Januar 2021 von Trump distanzierten und nun dennoch in seine Richtung einlenken – weil sie merken, dass dies bei der Basis besser ankommt.

Und warum kommt sowas besser an? Weil Loyalität und das Festhalten an alten Privilegien wichtiger scheinen als Aufrichtigkeit und Verfassungspatriotismus.

Die "Grand Old Party" dominieren jene Kreise, die einen Abwehrkampf ihres alten Amerikas führen. Sie sehen, dass ihnen langfristig die Macht entgleitet. Und sie setzen diesem Manipulation, Lug und Trug entgegen.

Es ist der Weg in einen amerikanischen Bürgerkrieg der anderen Art im 21. Jahrhundert.

Im Video: Ausschuss zu Kapitol-Attacke belastet Donald Trump