Kommentar: Diese Regierung drückt sich vor einer Klimapolitik

Auf dem Weg zu einer Pressekonferenz: Kanzler Olaf Scholz im Juli (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Auf dem Weg zu einer Pressekonferenz: Kanzler Olaf Scholz im Juli (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)

Heute beginnt der Petersberger Klimadialog in Bonn. Minister aus aller Welt diskutieren: Wie kommen wir aus dem Schlamassel raus? Doch selbst die Gastgeber erzeugen bisher nur laue Luft.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Heiß und trocken ist dieser Sommer. Das Trinkwasser wird ortsweise knapp.

Wir diskutieren über den Sinn von Autowaschanlagen. Und die Bauern stöhnen über die Dürre auf ihren Felden, fürchten auch einen zu gewaltvollen Regenguss, der die Ernte ersäuft. Gab es alles schon mal, auch vor hundert Jahren.

Aber es reichen die fünf Finger einer Hand, um sich auszurechnen: Der von uns angefachte Klimawandel setzt sich unbarmherzig fort. Das heutige Stöhnen übers Wetter ist nur ein kleiner Ausblick, was noch kommen wird.

Und dennoch macht sich die Bundesregierung einen schlanken Fuß. Was bisher an Klimapolitik verabschiedet worden ist, reicht schlicht nicht aus. Olaf Scholz bezeichnete sich im Wahlkampf, als er nach oben wollte, als kommenden Klimakanzler. Doch dieses Versprechen hat er bisher nicht erfüllt. Zwar hat er zwei Klötze am Bein, da ist zum einen der Krieg gegen die Ukraine mit seinen Folgen für die Energiesicherheit. Und zum anderen bremst sein Koalitionspartner FDP wichtige Zielsetzungen aus; aber zumindest letzteres war für Scholz vorhersehbar. Nimmt er es einfach in Kauf?

Am Ende zahlen alle

Die SPD kann sich nicht darauf zurückziehen und sagen: nice try, mehr war nicht drin. Wir wollten ja, aber die Liberalen…

…denn Erfolg und Misserfolg in einer Koalition werden langfristig gesehen gleichmäßig verteilt.

Und so muss Scholz handeln. Als Gastgeber des letzten G7-Gipfels in Elmau hat er mitzuverantworten, dass Klima kaum eine Rolle spielte, wenn es konkret wurde. Auch wurde nicht eingetütet, dass die G7-Staaten endlich die seit vielen Jahren versprochenen hundert Milliarden Euro an jährlicher Klimafinanzierung einhalten. Und unter deutscher Führung gab es gar einen Rückschritt, weil nun über fossile Gasenergien gesprochen wurde; dabei sind und bleiben regenerative Energien das Maß.

Scholz muss definieren, wie lange er auf Flüssiggas als Ersatz zum russischen Import setzen will. Genau festlegen. Und dann den Ausstieg daraus nie aus dem Blick verlieren. Doch momentan hört man dazu nur Wischiwaschi und weiß nicht, ob es nur an der erratischen Kommunikationsstrategie des selbsterklärten Machers liegt oder daran, dass womöglich tatsächlich kein Plan existiert.

Liebe Liberale…

Und die FDP? Klar, die darf man nicht verlieren. Die Ampel stünde auf Rot, würden die Gelben aussteigen. Doch umso intensiver muss intern gerungen werden, die FDP ist dafür zu gewinnen, sich nicht nur als Stimme der Wirtschaft zu fühlen (was sie als Vernunft verkauft), sondern auch als Gestalterin des notwendigen Wandels. Da gibt es noch eine Menge zu tun.

Denn wer liest, was Bundesverkehrsminister Volker Wissing plant, um die Emissionen von Kohlenstoffdioxyd zu reduzieren, verzweifelt. Da schreibt der Liberale von mehr E-Tankstellen und mehr Bussen, irgendwie soll alles smarter werden, und dann werde es schon. Doch an die richtigen Brocken geht er nicht heran. Wissing hat keinen Plan, wie Verkehr umgeleitet werden könnte, wie Kraftfahrzeuge an sich weniger Luft verpesten. Allein das Tempolimit, das für die FDP eine Art Beelzebub darstellt, bleibt bestehen, worüber der Rest der Welt über uns lacht.

Mehr Ambition, mehr Bestimmtheit und dadurch mehr Selbstwirksamkeit: Diese Bundesregierung sollte für 24 Stunden in ein Retreat, um sich klar zu meditieren. Denn Wurschteln ist zwar heute. Kann aber nicht morgen sein.

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