Kommentar: "TheRepublic" - Franz Josef Strauß auf Wish bestellt

"TheRepublic" macht vor allem auf Twitter von sich reden (Bild: Screenshot/Twitter)
"TheRepublic" macht vor allem auf Twitter von sich reden (Bild: Screenshot/Twitter)

Eine Glosse von Tobias Huch

Wer nicht gerade pausenlos auf Twitter unterwegs ist, kam möglicherweise noch nicht in den Genuss der jüngsten Verzweiflungstat aus dem stockbiederen Dunkelfeld des CDU/CSU-Parteinachwuchses: Mit "TheRepublic" ging jetzt ein neues Portal an den Start, das nicht nur in seiner Aufmachung stark an Jürgen Elsässers verschwörungsideologisches "Compact"-Magazin erinnert, sondern auch inhaltlich ganz ähnlich aggressiv-demagogisch daherkommt. Eigens zur Markteinführung der neuen Seite wurde auf Twitter ein bestehender Satire-Account ("amthormemes") mit existierender Followerschaft umbenannt, damit man vom Start weg irgendwie wichtig wirkt und fehlende Reichweite nicht auffällt.

Nach eigenem Bekunden und dem Selbstverständnis der Macher sei "TheRepublic" "konservativ" und "liberal" – doch auf der Internetseite selbst ist nur wenig Konservatives und schon gar nichts Liberales zu finden. Dafür werden holzschnittartige Feindbilder bemüht, wie sie auch im Dunstkreis von Querdenkern & Co. hochpopulär sind: Alles Grüne, alles "Andere", einfach alles, was der Stammtisch nach spätestens fünf Bier scheiße findet. Dazu das wohlfeile Lamento über den ständigen "Linksrutsch". Was immer für Veränderung oder Progressivität steht, wird hier als Angriff aufs eigene Weltbild angesehen. German Angst in ihrer Reinform.

"Negativ-Campaigning" – bzw. eher Dirty-Campaigning – scheint eines der Hauptansinnen der neuen Plattform zu sein. In journalistisch grenzwertigen, schnell geschnittenen Propagandaschnipseln wird etwa gezielt der Eindruck erweckt, Annalena Baerbock oder Kevin Kühnert seien begeisterte Anhänger linksextremer Ausschreitungen oder von Antanz-Partys à la Kölner Silvesternacht. Da es sich zumindest nach Aussage der Macher um kein Satireformat handelt, ist hier wohl eher "Gonzo-Journalismus" am Werk.

Alter Wein in jungen Schläuchen

Hinter "TheRepublic", von der Berliner "MoPo" treffend als "Möchtegern-Fox-News der Jung-Konservativen" tituliert, verbirgt sich denn auch eine Kampagnen-Agentur gleichen Namens, mit zwei halbunbekannten Köpfen von vorgestern bzw. gestern als tonangebenden Impresarios: Zum einen Armin Petschner-Multari, CSU-Mitarbeiter mit einer Vorliebe für eine gewisse von giftigen Tieren überflutete Ex-Sträflingskolonie (Australien), der vor Jahren - unfreiwillig komisch - sein Debüt in den Sozialen Netzen gab. Zum anderen Caroline Bosbach, eine CDU-Fraktionsmitarbeiterin mit prominentem Vater und Liebe zu Kernkraftwerken. Kurzum: Alter Wein in jungen Schläuchen.

Das Ganze vermittelt irgendwie den Eindruck der Digitalversion eines soeben frisch eingetretenen JU-Mitglieds, das einen Rohrstock verschluckt hat, die Spießerklamotten von Papa und Opa aufträgt, Fanboy von Franz Josef Strauß ist und Willy Brandt weiterhin "Herr Frahm" nennt. So spontan wie ein Fahrplan, so hip wie ein verstaubter Nierentisch und zum Einschläfern "fetzig". Es ist die Karikatur eines Konservatismus, der in Wahrheit erzreaktionär ist und sich selbst - gefangen in einem politischen Stockholm-Syndrom - als werteorientiert und liberal sieht, derweil er die hängende Platte der "jüdisch-christlichen Kultur" in Dauerschleife abspielt und in ihr den Soundtrack der Toleranz herauszuhören meint: Man selbst ist ja guter Christ, geht in Papas Cordhose und Opas Barbourjacke jeden Sonntag in den Gottesdienst und ist bei alledem noch so großzügig, auch die Juden zu erwähnen, die der Uropa nicht so toll fand.

Frauenversteher Friedrich Merz mit dabei?

Einkalkuliert bzw. in der Launch-PR eingepreist dürfte mit Sicherheit auch der prompt erfolgte Twitter-Shitstorm gegen das neue Projekt gewesen sein, der wie gerufen kommt, um sich buchstäblich "right from the start" - in der Opferrolle zu suhlen. Diese Märtyrerinszenierung kennt man nur allzu gut von Personen aus dem rechten und faschistoiden Spektrum, etwa AfDlern oder Islamisten als zwei Seiten ein- und derselben Medaille; "TheRepublic" wäre dann der Münzrand. So fabuliert etwa Petschner-Multari von "finsteren Mächten", die sein Projekt jedenfalls nicht finanzieren würden. Wow, da scheint einer einer ganz großen Sache auf der Spur zu sein! Hoffentlich gründet er nicht noch einen Telegram-Kanal und wirbt für ein Getränk, das so ähnlich heißt wie die Terrorgruppe IS auf Arabisch, liebe Kameraden.

Während sich übrigens diverse Unionpolitiker eilig um Distanzierung von "TheRepublic" bemühen, äußert sich bislang nur Friedrich Merz positiv über das Projekt. Das passt zu einem Mann, der in einer Zeit stehen geblieben ist, die sich "The Republic" zurücksehnt.

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