Kommentar: Was sollen die Rundfunk-Zwangsgebühren?

Ein Ende der GEZ-Gebühren wäre eine Kapitulation vor dem Hirntod. (Symbolbild: Getty)
Ein Ende der GEZ-Gebühren wäre eine Kapitulation vor dem Hirntod. (Symbolbild: Getty)

Die Skandale um die zurückgetretene ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger beuteln die Rundfunkanstalten. Da muss sich einiges ändern. Ein Ende aber der GEZ-Gebühren wäre eine Kapitulation vor dem Hirntod.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Es fällt schwer, nicht in Neid zu versinken. Also, Chef eines kleinen Rundfunksenders sollte man sein. Ein Intendant etwa beim RBB, und riesig ist der nicht, fliegt mal eben so zu Clubabenden nach London, bewirtet daheim Freunde auf Kosten der Anstalt, gönnt sich einen Dienstwagen samt Chauffeur, Massagesesseln und Pferdestärken, die zu zählen einen kirre machten.

Und dann steht noch die Frage im Raum, ob der Ehepartner vom Job ebenfalls profitiert: durch die Vermittlung lukrativer Beraterverträge, eines Drehbuchvertrags; es setzt sich die Vermutung fest, dass sich gegenseitig hilft, wer bereits oben ist.

Wer stand nicht schon vor dem „Headquarter“ eines Öffentlichen Rundfunksenders und staunte über die Größe des Gebäudes? Muss das alles sein? Auch wundern sich nicht wenige Print-Journalisten über die Wichtigkeit, in der sich ihre Fernsehkollegen zuweilen wähnen.

Im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) ist der Wurm drin. Das ist Wasser auf die Mühlen aller, die gern neidisch sind und sich an den Zwangsgebühren stören, die sie zu entrichten haben – ob sie die Programme nun konsumieren oder nicht. Und wenig zu zahlen ist da nicht. Es bleiben auch Zwangsgebühren, die Formulierung „Rundfunkbeitrag“ stimmt nur bedingt.

Was daran ist „Staatspropaganda“?

Und dennoch lohnt sich dieses System. Der „Beitrag“. Denn die Alternative geriete gruselig. Ununterbrochen leistet der ÖRR einen wichtigen Beitrag zur Informationskultur und zur Bildung – die Privatsender versuchen es nicht einmal. Deutschland würde medial gesehen geistig verarmen, denn bei den Privaten ist alles eine, zwei Stufen flacher. Das hat auch seine Existenzberechtigung. Aber nur Rummsdidumm auf der Mattscheibe wäre zu krass. Dank des ÖRR erfahren viele Deutsche, was in ihrer Umgebung passiert, es ist eine Förderung der Demokratie. Wer meint, der ÖRR betreibe „Staatspropaganda“, sollte dies bittschön begründen. Bisher habe ich aus dieser Richtung nichts Überzeugendes gehört. Und, okay, Fernsehen schaue ich nur noch für Fußball. Aber auf Netflix und Disney erfahre ich zwar jede Menge gute Fiction, aber alles wird das nicht gewesen sein.

Nur privat geht es in die Hölle

Privatfernsehen muss Geld verdienen, und daher setzt es auf Unterhaltung. Das Leben ist aber mehr als lauschige Berieselung. In Italien, dem Pionierland in Europa auf diesem Gebiet, konnte man beobachten, wie mit dem Einzug des Privatfernsehens in die Haushalte dessen Chef, der Bauunternehmer Silvio Berlusconi, nur die Leute ruhigstellen und ihnen irgendwelches Zeug andrehen wollte. Solange der Staat in guten, also demokratischen Händen ist, braucht es einen ÖRR.

Wir brauchen indes weniger Hybris und Beamtenmentalität auf dessen Fluren. Stattdessen mehr Demut. Und weiterhin den Glauben an den wichtigen Auftrag, den der ÖRR hat.

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