Kommentar: Wie man Politik entlarvt (nicht nur in Österreich)

Heinz-Christian Strache ist nicht der erste Politiker, der in eine Falle getappt ist (Bild: AP Photo/Michael Gruber)
Heinz-Christian Strache ist nicht der erste Politiker, der in eine Falle getappt ist (Bild: AP Photo/Michael Gruber)

Wer steckt hinter der „Videofalle“ für die FPÖ? Diese Frage ist mehr amüsant als bedeutsam. Denn Politik braucht zuweilen eine Demaskierung – durch wen auch immer.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Überbringer schlechter Nachrichten gerieten schnell selbst in die Schusslinie – das war schon in der Antike so, und ähnlich verhält es sich auf der Schamwelle, die gerade zwischen Ibiza und Wien rauscht. Als FPÖ-Chef Hans-Christian Strache zurücktrat, regte sich der Vizekanzler Österreichs zugleich über die Fallensteller auf und erging sich in dunklen Phantasien – dabei sprach er in dem Video, das heimlich von ihm aufgenommen wurde, nur für sich selbst, und dies recht deutlich und unmissverständlich. Aber um abzulenken, reicht eine Attacke auf die Fallensteller allemal.

Dabei ist die Frage nach den Hintergründen der „Ibiza-Affäre“ zwar interessant, aber nur bedingt relevant. Wer auch immer den Honig für die FPÖ-Führung auf die Straße pinselte – in den Geschichtsbüchern bleiben deren Pläne zur eigenen Korruptheit stehen, kraft Selbstaussage in Form eines quasi Videogeständnisses. Und es überrascht nicht, dass eine mit eigenheimgroßen Scheuklappen gesegnete Person wie der Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen nun behauptet, die Videofalle auf Ibiza sei der eigentliche Skandal, ein „Tabubruch“ und Beispiel für „Dirty Campaigning“.

Auweia, wenn das mal seine Freunde am rechten Rand nicht hören, sicherlich meinte Maaßen „Schmutzkampagne“, da outet er sich als nicht deutsch genug. Aber Englisch klingt halt professioneller, als habe man das studiert, mit Masterabschluss. Nur: Den Schmutz produziert der in die Falle getappte Strache nur selbst, die Steller boten ihm lediglich das Podium. Aber Maaßen war ja auch in der Lage, die Authentizität von Videos anzuzweifeln, die zweifellos Jagdszenen in Chemnitz zeigten.

Eine Frage von Transparenz

Wir brauchen die Satiriker, die investigativen Journalisten und Komiker, die Politikern Fallen stellen oder Licht auf Umstände werfen, die andere gern verheimlichen – weil deren Motive unlauter sind. Meinetwegen kann es auch ein Geheimdienst gewesen sein, der auf Ibiza die Villa für Straches Ramboauftritt bei Airbnb anmietete.

Auch Satiriker Martin Sonneborn hat sich als politischer Fallensteller bewährt (Bild: AP Photo/Franka Bruns)
Auch Satiriker Martin Sonneborn hat sich als politischer Fallensteller bewährt (Bild: AP Photo/Franka Bruns)

Es wäre indes keine Überraschung, wenn Satiriker, Komiker oder Künstler hinter der FPÖ-Demaskierungsaktion stehen, eben „linke Aktivisten“, wie Maaßen mutmaßt; vermutlich ist das für ihn ein Schimpfwort, aber da irrt er wieder einmal. Auch „rechter Aktivist“ ist kein Schimpfwort, sondern eine Beschreibung.

In der jüngeren Geschichte kam es immer wieder vor, dass in der Verantwortung Stehenden der unfreiwillige Spiegel vorgehalten wurde. Beispiele? Gibt es genug.

Der Blick aufs Wesentliche

1974 verteilte der Journalist Günter Wallraff in Athen Flugblätter gegen die damals dort herrschende faschistische Diktatur, wurde von der Geheimpolizei für einen Griechen gehalten und misshandelt – und dokumentierte so brutale Gesicht der Militärs.

2001 zeigte das Satiremagazin „Titanic“ der CDU eine lange Nase, als die noch im Spendensumpf zappelte, den ihr Ex-Chef Helmut Kohl angelegt hatte. Titanic fälschte den Kontoauszug einer schweizerischen Bank und „informierte“ die Parteiführung über zu Tage getretene Millionenbeträge. Die aufgeregten Politiker reisten nach Zürich, um sich dann verdutzt mit Chefredakteur Martin Sonneborn ablichten zu lassen.

Das Peng!-Kollektiv gab sich 2015 bei einer inszenierten Pressekonferenz als Energiekonzern Vattenfall aus und verkündete das Ende des Braunkohleabbaus in der Lausitz. Daraufhin twitterte der CDU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke, „Einsatz der CDU Brandenburg hat sich gelohnt“. Und zwei Jahre später vergab Peng! einen „Deutsch-Französischen Preis für Sicherheit und Frieden“, lud Vertreter der Waffenindustrie ein und narrte sie in ihrem Glauben, tatsächlich solch einen (Fake-)Preis abholen zu können.

May 07, 2012 Sacha Baron Cohen at the NBC Today Show to talk about his new movie the Dictator in New York City. Credit: RW/MediaPunch Inc. /IPX
Der Undercover-Komiker Sacha Baron Cohen schlüpft immer wieder in schräge Rollen (Bild AP)

Und schließlich der Undercover-Komiker Sacha Baron Cohen, der für seine Sendung „Who is America“ einen US-Abgeordneten dazu brachte rassistische Beschimpfungen loszulassen und den Hintern zu zeigen. Auch gewann er Politiker für den Plan, drei- und vierjährige Kinder an der Waffe auszubilden und ließ sich von Ex-Vizepräsident Dick Cheney ein Autogramm geben – auf einem Baukasten für „Waterboarding“, also jene Foltermethode, die Cheney als Instrument für US-Geheimdienste rechtfertigte.

Nun also Strache. Der sinnt womöglich auf Rache. Aber das kann er vergessen. Gelacht wird nur über ihn.