Kommentar zur Super-Bowl-Halbzeit-Show: Halbherzig, mutlos, belanglos

Adam Levine trat mit seiner Band Maroon 5 beim diesjährigen Super Bowl in Atlanta auf. (Bild: AP Photo/Matt Rourke)
Adam Levine trat mit seiner Band Maroon 5 beim diesjährigen Super Bowl in Atlanta auf. (Bild: AP Photo/Matt Rourke)

Die Halbzeit-Show des diesjährigen Super Bowl war eine reichlich seltsame Angelegenheit. Der Act des Abends, die Band Maroon 5, war nicht wirklich erwünscht, die Gastmusiker Travis Scott und Big Boi wirkten wie ein billiges Zugeständnis an die Kritiker und es gab – wenn man so will – eine Art doppeltes Nippel-Gate. Das Einzige, was einigermaßen Sinn machte, war der unvermittelte Sponge-Bob-Einspieler – so seltsam er auch zunächst wirkte.

Ein Kommentar von Carlos Corbelle

Für gewöhnlich wird die Halbzeit-Show beim Super Bowl mit ähnlich viel Spannung erwartet wie das Spiel selbst. In diesem Jahr kam es aber bereits vorab zu einer Kontroverse, die den geplanten Auftritt der Band Maroon 5 überschattete. Der Grund liegt in der Debatte um Quarterback Colin Kaepernick, der sich während seiner Zeit bei den San Francisco 49ers hinkniete, wenn die Nationalhymne erklang, um damit gegen die Unterdrückung schwarzer US-Bürger zu protestieren und der kurze Zeit darauf entlassen wurde. Seither wird die Kritik an der NFL zunehmend größer.

Um die Wogen zu glätten, wollte die Liga schwarze Künstler für die diesjährige Halftime-Show engagieren. Sängerinnen wie Rihanna und Cardi B hatten aber kein Interesse daran, sich instrumentalisieren zu lassen und der NFL einen Gefallen zu tun, während Kaepernicks Karriere als Football-Profi im Begriff ist, den Bach runterzugehen. Also fiel die Wahl letztlich auf Maroon 5, eine Band voller weißer Dudes, die Berichten zufolge ohnehin von Anfang an der bevorzugte Act der NFL gewesen sei.

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Eli Harold, Colin Kaepernick und Eric Reid bringen ihren Protest zum Ausdruck. (Bild: AP)
Eli Harold, Colin Kaepernick und Eric Reid bringen ihren Protest zum Ausdruck. (Bild: AP)

Zu allem Überfluss dienten die afroamerikanischen Rapper Travis Scott und Big Boi als billiges Zugeständnis an die Kritiker und nicht zuletzt auch an die demographischen Verhältnisse in der Austragungsstadt Atlanta, deren Bevölkerung zu mehr als 50 Prozent aus Schwarzen besteht. Die beiden Musiker waren nichts weiter als Sidekicks, die kurz ihre Rapparts zum Besten gaben und auch schon wieder weg waren.

Die künstlerische Qualität von Maroon 5 gerät angesichts dieser heiklen Voraussetzungen zur Nebensache. Die Band um Sänger Adam Levine gab aber ohnehin nur ein wenig inspiriertes Medley ihrer größten Hits zum Besten. Es war eine Show, die so wirkte wie die Versuche der NFL, sich von der Kontroverse um Kaepernick “reinzuwaschen”: halbherzig, mutlos, belanglos. Da half es auch nix, während des Auftritts die Aufschrift “One Love” am Himmel erglühen zu lassen.

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Nippelgate 2.0?

Zu allem Überfluss weckte Adam Levine Erinnerungen an eine andere, eigentlich total harmlose, aber dennoch unvergessene Super-Bowl-Kontroverse, als er sich das Oberteil auszog und damit seine Nippel entblößte. Eine Reminiszenz an Janet Jacksons 2004er Halbzeit-Show mit Justin Timberlake, bei der aus Versehen (oder war es gar kein Versehen?) ein Nippel der Sängerin entblößt wurde, was wiederum für einen landesweiten Aufschrei sorgte? Schon klar, ist gar nicht vergleichbar, zwischen einem halbnackten Adam Levine und einer weitaus weniger nackten Janet Jackson gibt es natürlich einen entscheidenden Unterschied: sie wurde dafür an den Pranger gestellt, während er wohl keinerlei Konsequenzen fürchten muss. Und das, obwohl er gleich beide Nippel gezeigt hat. Scheiß Doppelmoral.

Adam Levine: Nippelgate 2.0? (Bild: AP Photo/Mark Humphrey)
Adam Levine: Nippelgate 2.0? (Bild: AP Photo/Mark Humphrey)

Bleibt nur noch zu klären, was es mit dem kuriosen Sponge-Bob-Einspieler auf sich hatte. Tatsächlich war der deplatziert wirkende Auftritt der Cartoon-Figur zwar skurril, aber wenigstens gut gemeint. Immerhin hatten zuvor über eine Million Fans eine Petition unterschrieben, die dafür sorgen sollte, dass der im November 2018 verstorbene Sponge-Bob-Erfinder Stephen Hillenburg beim Super Bowl geehrt wird. Was die NFL ja dann auch tat – wenn auch anders als von den Fans erhofft. Diese hatten sich nämlich den Song “Sweet Victory” gewünscht, der während der Halbzeit-Show aber letztlich gar nicht zu hören war. Wie schade, dafür gibt’s ihn wenigstens hier in voller Länge zu genießen, in der Hoffnung, den weniger anregenden Auftritt von Maroon 5 schnell wieder zu vergessen:

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