Kopfschmerzen und Sehstörungen - Mysteriöser Hirndruck: Neurologe erklärt seltenes Krankheitsbild bei jungen Frauen

Als klinische Symptome der idiopathische intrakranielle Hypertension stehen Kopfschmerzen und Sehstörungen im Vordergrund.<span class="copyright">Getty Images/Tom Werner</span>
Als klinische Symptome der idiopathische intrakranielle Hypertension stehen Kopfschmerzen und Sehstörungen im Vordergrund.Getty Images/Tom Werner

Die idiopathische intrakranielle Hypertension ist eine Erkrankung, die sich in den letzten Jahren – insbesondere bei jungen Frauen – häuft. Was genau dahinter steckt, welche vielfältigen Symptome dabei entstehen und wie behandelt wird, erklärt Neurologe Mimoun Azizi.

Was ist die idiopathische intrakranielle Hypertension?

Der Pseudotumor cerebri, heute als idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH) bezeichnet, ist ein seltenes und häufig verkanntes Krankheitsbild. Als klinische Symptome stehen Kopfschmerzen und Sehstörungen im Vordergrund. Die Ursache für diese Erkrankung ist ein erhöhter Hirndruck, der zu verschiedenen Symptomen führt. Für diesen erhöhten Hirndruck finden sich keine organischen Ursachen. Auslösend können aber beispielsweise Übergewicht oder die Überproduktion von Hirnflüssigkeit sein. Die idiopathische intrakranielle Hypertension tritt mit einer Häufigkeit von 1–21 pro 100.000 Menschen auf.

Risikogruppen des Krankheitsbildes

Am häufigsten sind Frauen im jüngeren bis mittleren Lebensalter betroffen. Über 90 Prozent aller Fälle treten beim weiblichen Geschlecht auf. Besonders diejenigen zwischen 20 und 44 Jahren, die mindestens 20 Prozent mehr als ihr Idealgewicht wiegen, können betroffen sein.

Die Ursache für das gehäufte Auftreten dieser Erkrankung beim weiblichen Geschlecht deutet auf einen hormonellen Zusammenhang hin. So sind Schwangerschaften ein signifikanter Risikofaktor für eine IIH. Zu den weiteren Risikofaktoren gehören insbesondere

  • Übergewicht,

  • Eisenmangelanämie,

  • ein Vitamin-A-Mangel und

  • Menstruationsstörungen.

Auch Schädelhirntraumata und radikale Tumoroperationen am Hals können ein Risiko darstellen.

 

Welche Symptome treten bei einer IIH auf?

Bei einer IIH treten viele unterschiedliche Symptome auf, die denen eines Hirntumors entsprechen, daher die alte Bezeichnung Pseudotumor cerebri. Zu den häufigsten Symptomen gehören Kopfschmerzen, die unterschiedliche Formen annehmen können. Sie können migräneartig auftreten, aber sich auch wie Spannungskopfschmerzen oder atypische Kopfschmerzen anfühlen. Diese verstärken sich in einer liegenden Position.

Zudem leiden die Betroffenen häufig unter Schwindel und Übelkeit. Sehr häufig treten Sehstörungen im Sinne von verschwommenem Sehen, Doppelbildern und Gesichtsfeldeinschränkungen auf. Durch den Druck kann der Sehnerv dermaßen geschädigt werden, dass das Gesichtsfeld vollständig eingeengt wird bis hin zur Erblindung. Die Erblindung tritt bei etwa 10-12 Prozent auf. Nicht wenige Betroffene klagen auch über Nackenschmerzen, Nackensteifheit und pulssynchronen Tinnitus.  

Wie läuft die Diagnose ab? 

Bei der IIH wird eine Ausschlussdiagnose erstellt. Wenn die genannten Risikofaktoren in Kombination mit den entsprechenden klinischen Symptomen gegeben sind und unter Ausschluss anderer Ursachen, kann die Diagnose der idiopathisch intrakraniellen Hypertension gestellt werden. Bei Betroffenen muss eine Augen- und eine Laboruntersuchung durchgeführt werden. Eine kraniale Bildgebung dient zum Ausschluss eines Hydrozephalus, also eines Wasserkopfes, einer innerhalb des Schädel liegenden Raumforderung oder anderweitigen Pathologien als Ursache für den erhöhten Hirndruck.

Nach der klinischen Untersuchung und der Bildgebung wird eine Lumbalpunktion durchgeführt. Dabei wird der Eröffnungsdruck gemessen, der ab einem Wert von 20–25 cm H2O als erhöht eingestuft wird. Zum anderen werden Laboruntersuchungen des Liquors veranlasst, um Infektionen und Entzündungen als Ursache ausschließen zu können.

 

Wie wird behandelt?

Eine IIH ohne signifikante neurologische Symptome bedarf einer symptomatischen Therapie. In erster Linie geht es um die Gewichtsreduktion und Behandlung der Ursachen, die identifiziert worden sind.

Im Falle einer raschen Verschlechterung der Sehschärfe oder Einschränkung des Gesichtsfeldes wird eine Liquorentlastungspunktion durchgeführt. Dabei wird durch den Liqourablass der Hirndruck gesenkt. Diese Therapieform ist bei etwa 25 Prozent der Fälle erfolgreich und bedarf der Wiederholung in regelmäßigen Abständen.

Sind die Symptome durch wiederholte Liquorpunktionen nicht zu verhindern, muss operativ eine dauerhafte Liquorableitung, ein sogenannter Shunt, gelegt werden. Bei rasch progredienten neurologischen Ausfällen ist ein schnelles Handeln erforderlich. Der Hirndruck muss konsequent gesenkt werden. Trotz erfolgreicher symptomatischer Therapien kann es zu Rezidiven kommen, weshalb regelmäßige Kontrollen erforderlich sind.