Berlin und München setzen Impfungen mit AstraZeneca bei Menschen unter 60 aus

In Berlin, München, NRW und Brandenburg werden Impfungen mit dem Vakzin von AstraZeneca bis auf Weiteres für Personen unter 60 Jahren ausgesetzt. Thüringen will die AstraZeneca-Impfungen vorerst nicht einschränken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt AstraZeneca aktuell nur noch für über 60-Jährige.

Berlin und München setzen Impfungen mit Astrazeneca bei Menschen unter 60 aus. (Bild: dpa)
Berlin und München setzen Impfungen mit Astrazeneca bei Menschen unter 60 aus. (Bild: dpa)

Das Land Berlin setzt die Corona-Impfungen mit dem Vakzin des Herstellers AstraZeneca für Menschen unter 60 Jahren vorsorglich aus. Das gab Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag bekannt und verwies auf neue Daten über Nebenwirkungen.

Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen über Umgang mit AstraZeneca beraten

Nach den Berliner Impfzentren stoppt auch die Berliner Universitätsklinik Charité bis auf Weiteres alle Impfungen bei unter 60-Jährigen mit dem Vakzin des Herstellers AstraZeneca. "Wir werden uns der Ankündigung von Frau Kalayci anschließen", teilte Charité-Sprecherin Manuela Zingl am Dienstag mit.

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Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen am Dienstagabend in einer Sondersitzung über den weiteren Umgang mit dem Impfstoff des Herstellers AstraZeneca beraten. Das kündigte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Mittag an. Die Ständige Impfkommission wolle erneute Empfehlung aussprechen. Außerdem werde eine aktuelle Einschätzung des Paul-Ehrlich-Instituts erwartet, so Kalayci. In Deutschland waren nach Impfungen mit dem Präparat von AstraZeneca Hirnvenenthrombosen bei Frauen bekannt geworden.

Auch München setzt AstraZeneca-Impfungen bei Menschen unter 60 aus

Auch in München werden bis auf Weiteres keine Menschen unter 60 mehr mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca geimpft. "Aufgrund der aktuellen Entwicklung hat die Stadt entschieden, wie Berlin die Impfungen mit AstraZeneca für Personen unter 60 Jahren vorsorglich auszusetzen, bis die Frage möglicher Impfkomplikationen für diese Personengruppe geklärt ist", teilte ein Sprecher der Stadt am Dienstag mit. Dies betreffe vor allem die geplanten Impfungen im Impfzentrum und im Isar-Klinikum. Die Impfungen in den Alten- und Service-Zentren könnten fortgesetzt werden.

Am Nachmittag zog der Landkreis München nach und sagte bereits vereinbarte Impftermine ab. Man wolle die Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern abwarten, teilte eine Sprecherin mit.

Brandenburg und NRW setzen Impfungen mit AstraZeneca bei Menschen unter 60 ebenfalls aus

Auch Brandenburg setzt Corona-Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca für Menschen unter 60 Jahren vorerst aus. Der Stopp gelte ab Dienstag, teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mit. Die Entscheidung sei mit dem Impflogistik-Stab abgestimmt worden.

Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hat einen sofortigen Impfstopp für den Wirkstoff von Astrazeneca für Männer und Frauen unter 60 Jahren erlassen. Das sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Dienstag auf Anfrage.

Kreis Heinsberg impft Frauen unter 55 nur noch mit Biontech

Nach zwei schweren Fällen von Komplikationen nach einer Impfung mit dem Wirkstoff von AstraZeneca in Nordrhein-Westfalen hat der Kreis Heinsberg am Dienstag die Impfung mit sofortiger Wirkung umgestellt. Frauen unter 55 Jahren erhielten nun ausnahmslos den Impfstoff von Biontech, teilte der Kreis mit.

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Das Gesundheitsamt habe in Abstimmung mit dem Krisenstab und der ärztlichen Leitung des Impfzentrums entschieden, dass mit sofortiger Wirkung der Impfstoff des Herstellers AstraZeneca nicht mehr an Frauen in der Altersgruppe unter 55 Jahre verimpft werden dürfe. Die Zweitimpfungen dieses Wirkstoffs stünden ab Mai an. Wie damit umgegangen wird, soll später geklärt werden.

Der Kreis an der niederländischen Grenze war vor gut einem Jahr einer der ersten deutschen Hotspots des Coronavirus. Am Dienstag war der 255.000 Einwohner zählende Kreis einer der wenigen in NRW mit einer Inzidenz von weniger als 100.

Thüringen setzt Impfungen mit AstraZeneca-Wirkstoff vorerst fort

Thüringen will Impfungen mit dem Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers AstraZeneca vorerst nicht einschränken. Für Thüringen sei bisher keine Klinik bekannt, die das Impfen eingestellt habe, hieß es am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur aus dem Gesundheitsministerium.

Bevor man einen solchen Schritt im Freistaat gehe, wolle man die für den Abend geplante Schalte der Gesundheitsminister von Bund und Ländern abwarten. Man wolle keine "schnellen Entscheidungen treffen, die dann danach eventuell wieder keinen Bestand mehr haben", hieß es.

Stiko empfiehlt AstraZeneca nur noch für über 60-Jährige

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Corona-Impfung mit AstraZeneca nur noch für über 60-Jährige. Wie die am Robert Koch-Institut angesiedelte Expertengruppe am Dienstag mitteilte, habe man sich auch unter Hinzuziehung externer Experten "mehrheitlich" für diese Empfehlung entschieden. Grundlage seien die derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten «seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen". Diese seien 4 bis 16 Tage nach der Impfung ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten.

Zur Zweitimpfung von Menschen, die bereits die erste Dosis AstraZeneca erhalten haben, will die Stiko bis Ende April eine Empfehlung abgeben. Nach dem Impfstart mit dem Vakzin Anfang Februar und bei einem empfohlenen Abstand von 12 Wochen zur ersten Impfung seien die ersten Zweitimpfungen Anfang Mai vorgesehen, hieß es weiter.

Eine Entscheidung über den weiteren Einsatz von AstraZeneca wurde für den Abend erwartet. Zunächst waren Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern geplant, anschließend ein Gespräch der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Hintergrund der Diskussionen sind Hirnvenenthrombosen, die zuletzt im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen aufgetreten waren, vorwiegend bei Frauen unter 55.

Expertengremium in Kanada empfiehlt Astrazeneca-Aussetzung

Kanadas Expertengremium für die Corona-Impfkampagne hat nun auch offiziell die Aussetzung des Vakzins von Hersteller Astrazeneca für Menschen im Alter unter 55 Jahren empfohlen. Das Komitee habe Sicherheitsbedenken und wolle Berichte über seltene Blutgerinnsel bei einigen immunisierten Patienten näher untersuchen. Medienberichten zufolge war das Mittel in der Altersgruppe unter 55 bislang aber nicht großflächig eingesetzt worden.

Mitte März waren auch in Deutschland Corona-Impfungen mit dem Präparat von Astrazeneca mehrere Tage vorsorglich ausgesetzt worden. Nach einer erneuten Prüfung erklärte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), das Präparat sei sicher. Doch werde in den Hinweisen eine extra Warnung vor möglichen seltenen Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen hinzugefügt, erklärte die EMA.

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