Lützerath und mehr: Die aufsehenerregendsten Umweltproteste aller Zeiten

Überall auf der Welt gehen Umweltschützer auf die Barrikaden, um für den Schutz der Erde zu demonstrieren. Bewegungen wie Fridays for Future, Die letzte Generation und Extinction Rebellion sprechen ihre Forderungen immer lauter aus. Aktuell ist die Stimme der Klimaaktivisten in Lützerath sehr deutlich zu hören. Wir zeigen die aufsehenerregendsten Umweltproteste aller Zeiten.

Friends coming together to hold up an art work depicting the world  made from plastic pollution collected on local beaches
Die Umweltproteste sind eine globales Phänomen und die Teilnehmer bringen ihre Forderungen immer lauter zum Ausdruck. (Symbolbild: Getty Images)

Zwei Parteien prallen derzeit in Lützerath heftig gegeneinander, zwei Positionen, zwei Weltanschauungen. Auf der einen Seite der Energiekonzern RWE und die NRW-Landesregierung, die argumentieren: Die unter dem Weiler liegende Kohle werde in der gegenwärtigen Energiekriese benötigt. Deshalb müsse sie gefördert und das von seinen Einwohnern verlassene Dorf zu diesem Zweck geräumt werden. Auf der anderen Seite kämpfen unnachgiebig die Klimaaktivisten, die all das verhindern wollen. Mit Beginn der Räumung des seit zwei Jahren von den Aktivisten besetzten Dorfs hat der Konflikt heute die nächste Eskalationsstufe erreicht.

Soweit in aller Kürze zu diesem Klimakampf. Er ist beileibe nicht der erste und wird auch nicht der letzte sein. Je mehr sich die Menschen – jedenfalls die um das Wohl des Planeten besorgten Menschen – der Umweltzerstörung bewusst werden, umso mehr wächst ihr Widerstand gegen die Ursachen der Zerstörung. Immer wieder in den letzten Jahren und zuletzt immer häufiger gingen Umweltschützer auf die Straße, um an das Gewissen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu appellieren. Wir zeigen nachfolgend die aufsehenerregendsten Klimaproteste aller Zeiten.

Umweltschutzbewegung – Kein Phänomen von heute

Zadar, Croatia - July 18, 2014: Greenpeace's Rainbow Warrior, an icon on the enviromental movement docked at Pier in Zadar, presentation solar and wind energy achievements.
Seit 1971 setzt sich Greenpeace für Umweltschutz und Frieden ein. (Symbolbild: Getty Images)

Klimaproteste im Besonderen und Umweltschutz-Bewegungen im Allgemeinen sind keine Phänomene des 21. Jahrhunderts, nicht einmal des 20. Jahrhunderts. Das Bewusstsein, die Natur – und sei es einen kleinen Ausschnitt davon – zu schützen, reicht zurück bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Nationalparks und die ihnen zugrundeliegende Idee, gewisse Naturlandschaften dem Einflussbereich des Menschen zu entziehen, sind Keime dieses Bewusstseins. Und der Yellowstone-Nationalpark sowie der Yosemite-Nationalpark in den USA, zwei der ältesten Naturschutzgebiete der Welt, ihre ersten Blüten. Beide stehen – nebenbeigesagt – auch dafür, dass sich der Kampf um das Wohl der Erde durchaus lohnt.

Greenpeace

Man sollte sich aber nichts vormachen: Die Öko-Bewegung gleicht einer Sisyphos-Anstrengung. Zu viele Brandherde gibt es auf der Welt, zu unzureichend sind die Maßnahmen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um diese zu löschen, zu wenig Zeit bleibt der Menschheit, bis die Folgen etwa des Klimawandels kaum beherrschbar wären. Dass der Kampf dennoch erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel Greenpeace. Seit 1971 setzt sich die Organisation für den Umweltschutz und den Frieden ein. Mit Erfolg. 1995 erreichte Greenpeace beispielsweise, dass der Energiekonzern Shell die ausgediente Öl-Plattform Brent Spar nicht, wie ursprünglich vorgehabt, im Atlantik versenkt, sondern an Land zerlegt.

Und wenn Länder und Institutionen gegen schwer erkämpfte Gesetzte und Verordnungen verstoßen, dann lässt sich die Organisation weitere spektakuläre Aktionen einfallen. So wie 2006, als Aktivisten einen an der Ostseeküste gestrandeten toten Wal quer durch Berlin transportieren und das Tier vor der japanischen Botschaft abladen. Warum? Weil Japan gegen das Moratorium für den kommerziellen Walfang verstößt, das 1982 von der Internationale Walfangkommission (IWC) beschlossen wurde und 1986 in Kraft trat.

Fridays for Future

STOCKHOLM, SWEDEN - JUNE 3: Climate activist Greta Thunberg marches through central Stockholm during a protest organized by Fridays for Future against perceived inaction by governments towards climate change on June 03, 2022 in Stockholm, Sweden. Climate activist organizations, including Fridays For Future, protested on the side-lines of the Stockholm50+ climate summit in Stockholm, and the youth-led Aurora movement announced details of their legal action against the Swedish state in relation to their climate policies. (Photo by Jonas Gratzer/Getty Images)
Die Jugend von heute, allen voran Greta Thunberg, will eine bessere Welt hinterlassen bekommen. (Bild: Jonas Gratzer/Getty Images)

"Protest", so Greenpeace, "kann Veränderung bewirken". Dieser Ansicht werden auch viele der Verantwortlichen und Unterstützer von Fridays For Future sein. Die Keimzelle einer der größten Umweltschutzbewegung der Welt ist Greta Thunberg. 2018 beginnt die 15-jährige schwedische Schülerin in Stockholm für den Klimaschutz zu protestieren. Aus dem Motto "Schulstreik fürs Klima" wird "Fridays For Future". Es ist der Anfang einer heute globalen Bewegung, bei der Schüler jeden Freitag statt zur Schule auf die Straße gehen, um von Politik und Gesellschaft ein Handeln im Sinne des Planetenwohls einzufordern.

Das Spektakuläre ist die Quantität der Aktionen von Fridays for Future. Zwei Beispiele: Am 20. September 2019, es war natürlich ein Freitag, gehen in Deutschland in 575 Städten und Ortschaften rund 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. Ihre Forderung an die Regierung: eine "konsequente Klimapolitik und die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels". Und zwei Jahre später, am 24. September 2021: Mitten in der Pandemie also finden hierzulande in mehr als 470 Städten Klimaaktionen statt. Es ist das Glied einer langen Kette aus insgesamt rund 1.700 Demonstrationen weltweit. Im Fazit der Organisatoren klingt seinerzeit Optimismus durch: "Wegen so einem Tag ändert man seine Politik."

Die letzte Generation und Extinction Rebellion

Aktivisten der
Aktivisten der "letzten Generation" bei einer Straßenblockade in München. (Bild: ddp/mufkinnphotos)

Dass die Politik ihre Politik noch nicht geändert hat, mehr noch: dass sie im Kampf gegen den Klimawandel bisher versagt hat und ihren Vertretern daher die Dringlichkeit eines umweltbewussteren Handelns auch mit zivil ungehorsamen Maßnahmen bewusstgemacht werden muss, dafür stehen die radikaleren Protestbewegungen Die letzte Generation und Extinction Rebellion. Beide Bezeichnungen sind programmatisch: Es lebt auf dem Planeten die letzte Generation vor dem Klimakollaps; gegen die Auslöschung der Menschheit muss rebelliert werden. Das tun beide Organisationen mit aufsehenerregenden, weil drastischen Methoden.

Die letzte Generation will ihre Ziele unter anderem mit Störungen der Infrastruktur etwa durch Sitzblockaden auf Autobahnen und Städtestraßen erreichen. Das sorgt für Aufmerksamkeit, aber auch für Kritik. Als im Oktober 2022 in Berlin eine Frau bei einem Verkehrsunfall stirbt, findet man in den Aktivisten schnell die Schuldigen. Die Polizei wirft ihnen vor, mit ihrer Blockade für einen Stau gesorgt zu haben, sodass der Rettungswagen zu spät eintraf. Aber auch mit Aktionen an und in Gebäuden wie Museen steht Die letzte Generation immer wieder im Fokus. Dort kleben sie sich mal an bedeutende Gemälde, die sie aber auch mit Kartoffelbrei oder Öl verunreinigen.

Auch Extinction Rebellion hofft, mit gewaltfreien, aber radikalen Maßnahmen den Druck auf die Politik zu erhöhen. Zu ihren spektakulärsten Aktionen gehören: In Berlin ketten sich im Juni 2019 Aktivisten mit Fahrradschlössern um den Hals an den Zaun des Kanzleramt. Ihre Forderung: Die Regierung soll den Klimanotstand ausrufen. Und am Münchner Flughafen veranstaltet die Umweltbewegung im September desselben Jahres – zum Auftakt des Oktoberfests, wohlgemerkt – einen so genannten Die-in, eine Protestform, bei der sich die Teilnehmer wie tot auf den Boden legen. Was die Organisatoren damit erreichen wollen: "Die Fluggäste sollen sehen, welchen Schaden sie mit solchen Reisen anrichten".

Im Video: Vor Räumung in Lützerath - Hunderte Klimaaktivisten protestieren gegen Kohleabbau