Maas rechnet mit Einigung über Wiederaufbauprogramm in der EU

Wer finanziert der Wiederaufbau nach der Corona-Krise? Deutschland und Frankreich haben einen gewagten Plan vorgelegt, der nicht überall gut ankommt. Zufrieden ist man trotzdem - denn der Stein ist ins Rollen gebracht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Bundeskanzleramt während einer gemeinsamen Videokonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Foto: Sandra Steins / BPA-Pool / dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Bundeskanzleramt während einer gemeinsamen Videokonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Foto: Sandra Steins / BPA-Pool / dpa

Außenminister Heiko Maas (SPD) ist zuversichtlich, dass der deutsch-französische Plan für einen Wiederaufbau nach der Corona-Krise die Basis für eine Einigung in der EU bilden kann. «Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine gemeinsame europäische Antwort auf die Corona-Krise brauchen», sagte er der «Welt». «Wir haben unseren Vorschlag natürlich mit dem Ziel vorgelegt, damit eine breite Zustimmung zu ermöglichen.» Davon würden am Ende alle profitieren. «Deswegen bin ich auch sehr optimistisch, dass wir eine Einigung erzielen werden», betonte Maas.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten ein gemeinsames Konzept für den wirtschaftlichen Wiederaufbau vorgelegt. Danach sollen 500 Milliarden Euro von der EU-Kommission als Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen und über den EU-Haushalt als Zuwendungen verteilt werden - an Krisenstaaten wie Italien und Spanien, aber auch für betroffene Branchen. Der Vorteil: Wenn die Länder gemeinsam geradestehen, können sie Geld zu günstigeren Konditionen leihen, als das viele Regierungen im Alleingang könnten. Macron machte allerdings bereits klar, dass einige Länder einzahlen, aber wohl kaum profitieren würden.

Damit der Vorschlag umgesetzt werden kann, müssen sich alle 27 EU-Länder einig werden. Mehrere Länder haben aber bereits Bedenken gegen die gemeinsam zu begleichenden, europäischen Schulden angemeldet. Am Donnerstag forderte die tschechische Finanzministerin Alena Schillerova, wegen des Rettungsfonds dürfe nicht in anderen Bereichen gespart werden. Grundlegende Änderungen im gemeinsamen europäischen Haushalt seien falsch. Ministerpräsident Andrej Babis hatte zuvor betont, die Solidarität habe «gewisse Grenzen». Sein Land habe in der Coronavirus-Krise schnell reagiert. «Es wäre ungerecht, wenn wir dafür, dass wir erfolgreich waren, bestraft würden.»

Österreich, Dänemark, Schweden und Niederlande kündigen Gegenkonzept an

Widerstand gibt es zudem in Österreich, Dänemark und Schweden, die Hilfen allenfalls in Form von Krediten leisten wollen. Die Niederlande wollen die Zuwendungen von der Umsetzung von Reformen abhängig machen. Das sei eine Vorbedingung, sagte Ministerpräsident Mark Rutte nach Angaben der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Er kündigte ein gemeinsames Gegenkonzept der vier Staaten an. Merkel und Macron hätten «einen relevanten Beitrag zur Diskussion» geliefert, sagte er. «Ein anderer relevanter Beitrag zur Diskussion wird folgen.» Wenn Länder Unterstützung erwarteten, «darf man wohl zumindest fragen, was sie tun werden, um sich das nächste Mal selbst retten zu können».

Merkel hat seit Vorstellung der deutsch-französischen Pläne nach eigenen Angaben noch nicht mit ihren Kollegen in Österreich und den Niederlanden gesprochen. Sie werde aber sicherlich noch mit beiden reden, sagte die Kanzlerin. Die EU-Kommission will am Mittwoch ein eigenes Konzept vorlegen. «Das ist ja dann der entscheidende Vorschlag, auf dessen Grundlage wir auch arbeiten werden», sagte Merkel. «Deutschland und Frankreich wollten sozusagen diesen Prozess begleiten, und auch konstruktiv begleiten.»

Leistungsfähige Wiederaufbaustrategie gefordert

Maas forderte, die Wiederaufbau-Hilfen müssten in die Zukunft, also in den ökologischen und digitalen Umbau der Gesellschaft, investiert werden. «Die Staaten müssen konkrete Pläne ausarbeiten, wie sie das Geld zur Bewältigung der Krise einsetzen und ihre Wirtschaft widerstandsfähiger machen wollen. Und: Wir wollen Mittel auch an rechtsstaatliche Kriterien knüpfen.»

Fünf große französische Gewerkschaften und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderten in einer gemeinsamen Erklärung, sie strebten ein neues Wirtschafts- und Sozialmodell für die EU an. Der Wiederaufbauplan der EU-Kommission müsse sich auf den deutsch-französischen Vorschlag stützen, heißt es in dem Appell, den die französische Tageszeitung «Le Monde» auf ihrer Webseite veröffentlichte. «Wir brauchen eine leistungsfähige Wiederaufbaustrategie, die über die 500 Milliarden Euro hinausgeht, die von Frankreich und Deutschland angekündigt wurden.» (dpa)