Markus Lanz: Unionsstreit erinnert Theo Waigel an Kohl- und Strauß-Zeiten

Theo Waigel war Ende der Achtziger bis Ende der Neunziger CSU-Chef und Bundesfinanzminister. (Bild: Screenshot ZDF)
Theo Waigel war Ende der Achtziger bis Ende der Neunziger CSU-Chef und Bundesfinanzminister. (Bild: Screenshot ZDF)

Wieder einmal arbeitet sich Markus Lanz mit seinen Gästen an der Asylpolitik-Eskalation zwischen CSU und CDU ab. Auch der frühere CSU-Vorsitzende und „Vater des Euro“, Theo Waigel, kommt dabei zu Wort.

Am Dienstag plauderte bereits CSU-Mann Günther Beckstein bei Lanz über den Unionsstreit aus dem Nähkästchen – wohl mehr, als es so manchem Parteikollegen recht gewesen sein dürfte. Theo Waigel steht ihm nun in Sachen Unterhaltungswert in nichts nach: Er habe keine Ahnung, ob Beckstein für seine Tratscherei Ärger bekommen habe – im Gegensatz zu ihm sei der frühere Bundesfinanzminister Waigel aber auch gar nicht erst zur eskalierenden Parteisitzung am vergangenen Wochenende gegangen. „So etwas habe ich 18 Jahre zwischen Strauß, Genscher und Kohl miterlebt, das tu ich mir nicht mehr an, dass ich da acht Stunden da drinsitze“, erklärt er zum Vergnügen der restlichen Gäste.

Eingeladen sei er natürlich gewesen, stattdessen sei er aber lieber mit seiner Frau wandern gegangen und habe einen „herrlichen Sommer-Sonntagnachmittag“ verbracht. „Insofern bin ich völlig unschuldig an dem, was da passiert ist“, stellt Waigel klar. Mit Horst Seehofer sei er hingegen schon länger nicht mehr wandern gewesen. „Wir haben uns in den letzten Jahren ein bisschen auseinandergelebt“, berichtet der frühere CSU-Vorsitzende zum Verhältnis zu seinem Nachfolger an der Parteispitze. Die Schmutzkiste öffnet er trotz Drängen des Moderators nicht, sondern lobt die Erfolge Seehofers als bayerischer Ministerpräsident, auch wenn man in der Vergangenheit seine Differenzen gehabt habe, etwa in der Europapolitik.

„Die Mächtigen mögen nicht gern, wenn man ihnen die Wahrheit nicht verweigert, sondern es ihnen sagt“, deutet Theo Waigel an, dass es zur Europawahl zwischen ihm und Bundesinnenminister Seehofer auch mal geknallt habe. „Aber ich bin mit ihm per Du und mit Frau Merkel per Sie“, beschwichtigt er und erklärt, dass er zur Kanzlerin ein „sachlich gutes Verhältnis“ habe. Lanz’ ironischen Einwand, dass diese Ausdruckweise „sehr sinnlich und erotisch“ klinge, kontert Waigel: „Entschuldigung, sie ist Naturwissenschaftlerin und zu starken Erregungen insofern nicht fähig.“ Trotz Seitenhieb: Als Politikerin schätze er Merkel sehr, wie er erklärt.

Stefan Aust versteht nicht, warum es zur Eskalation um Seehofers Asylpolitik-Papier kam. (Bild: Screenshot ZDF)
Stefan Aust versteht nicht, warum es zur Eskalation um Seehofers Asylpolitik-Papier kam. (Bild: Screenshot ZDF)

Dass nun ausgerechnet die CSU, angeführt von Seehofer, so stark gegen Merkel schieße, überrasche Waigel nicht, da er ähnliche, gar schlimmere Szenarien bereits zwischen dem früheren CSU-Chef Franz Josef Strauß und Ex-Kanzler Helmut Kohl gesehen habe. „Was ich da erlebt habe, das schreibt Bände“, erinnert er sich. Trotz heftiger Auseinandersetzungen sei die Zusammenarbeit der beiden damals jedoch „passabel“ gewesen. „Da sind natürlich ein paar Leute notwendig, die vermitteln können und die auch zwischen solchen Persönlichkeiten einen Ausgleich suchen“, erklärt der Politiker. „Und an denen fehlt’s im Moment.“ Von den Hauptbeteiligten im Unionsstreit habe keiner gewonnen, stattdessen habe die Auseinandersetzung beiden Parteien geschadet, befindet Waigel.

Nachdem besonders Seehofer in die Kritik geraten war, weil er mit seinem angedrohten Rücktritt aus einer inhaltlichen Debatte eine Personalangelegenheit gemacht hatte, sieht „WeltN24“-Herausgeber Stefan Aust die Schuld an der Eskalation bei der Kanzlerin. Das von Seehofer vorgelegte Papier zur Asylpolitik sei „vernünftig“ und „logisch“ gewesen und habe viele mögliche Brücken für Merkel enthalten. Dass sie um den Punkt der Zurückweisung an der Grenze „ein solches Theater“ gemacht habe, könne der Journalist nicht nachvollziehen. Die letztendliche Kompromisslösung der Transitzentren halte er für problematischer als den ursprünglichen Vorschlag.

Dass das CSU-Papier im Bayerischen Landtag zur Abstimmung vorgelegt wurde, obwohl niemand den genauen Inhalt kannte, stimmt sowohl Waigel als auch Aust verständnislos. „Es ist schon ungewöhnlich, über etwas zu diskutieren, was nicht konkret vorliegt“, gesteht der frühere Finanzminister ein, flüchtet sich jedoch bald wieder in die komfortable Lage, kein aktiver Politiker mehr zu sein: „Aber bitte, ich kann das nicht beurteilen und habe das auch nicht zu vertreten.“