Medienprofessor Schümchen über ChatGPT und Co.: "Wir stehen am Anfang und werden noch staunen"

Prof. Dr. Andreas Schümchen (59) beschäftigt sich an der Hochschule Hochschule Bonn-Rhein-Sieg intensiv mit der neuen KI-Technik im Journalismus. Er ist grundsätzlich optimistisch, was den Einsatz von ChatGPT und co. angeht, sagt aber auch: "Wichtig ist: Das wenige Vertrauen, das uns noch entgegengebracht wird, darf nicht verspielt werden." (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

"Sie ist ein Werkzeug - ein sehr mächtiges und kreatives", sagt Professor Dr. Andreas Schümchen, der sich an der Hochschule Hochschule Bonn-Rhein-Sieg intensiv mit der neuen KI-Technik im Journalismus beschäftigt: "Wie bei jedem neuen Werkzeug, ahnen wir noch gar nicht, welche Einsatzmöglichkeiten es gibt. Wir stehen am Anfang und werden noch staunen."

Natürlich haben wir erst mal die KI gefragt. ChatGPT lässt mit dem geballten Pragmatismus der Maschine wissen: Die wichtigste Frage zum Thema ChatGPT im Journalismus könnte folgende sein: "Wie kann ChatGPT effektiv und ethisch in journalistischen Kontexten eingesetzt werden?" Und während man bereits zu überlegen beginnt, ob Interviewfragen künftig tatsächlich per KI generiert werden und der eigene Job nicht doch bald ein Stück weit überflüssig wird, rattert der Generator eine ganze Liste weiterer möglicher Fragen herunter - zur Glaubwürdigkeit, zur Haftung, Kompetenz und Verantwortlichkeit ... Alles nicht verkehrt. Also: Was ist das: Ein hilfreiches Tool? Eine Spielerei? Ein Jobvernichter? Die Büchse der Pandora? Es soll im Gespräch mit einem ausgemachten Experten geklärt werden. Wichtiger Hinweis: Ab sofort ist hier ein Dialog von Mensch zu Mensch festgehalten, die Maschine hat Pause. Professor Andreas Schümchen (59), der am Institut für Medienentwicklung und -analyse (IMEA) der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg lehrt und ein ausgewiesener Fachmann für Medieninnovation und Digitalisierung ist, spricht ausführlich über die KI - über die Herausforderungen und über die Chancen, die nach seiner festen Überzeugung klar überwiegen.

teleschau: Der Journalismus hat immer wieder nachhaltige technische Veränderungen erlebt - vom Ganzseiten-Umbruch bis zur digitalen Fotografie. Berufsfelder wie Schriftsetzer oder Fotolaborant sind verschwunden, neue sind entstanden. Und nun ...

Prof. Dr. Andreas Schümchen: Experimentieren wir forsch mit KI-Tools - verrückt, oder? Aber ich finde das großartig. Jedenfalls sind es spannende Zeiten ... mal wieder. Dabei habe ich meine ersten journalistischen Elaborate noch an der mechanischen Schreibmaschine aufs Manuskript geklopft (lacht).

teleschau: Der Medienblogger Sascha Lobo meint: "Wir wohnen dem Beginn einer gesellschaftlichen, technologischen, kulturellen Umwälzung bei, die mittelfristig weit größer wirken wird als etwa die Einführung des Smartphones." Stimmen Sie zu?

Schümchen: Ja. Vielleicht ist es nicht unbedingt eine Zeitenwende, aber ich denke schon, dass das, was jetzt passiert, seinesgleichen sucht. Die neuen Möglichkeiten der KI werden große Veränderungen in vielen Lebensbereichen mit sich bringen. Veränderungen, die wir überhaupt noch nicht absehen können. Insbesondere im Journalismus werden sich ungeahnte Möglichkeiten eröffnen ...

teleschau: Sie gehören also nicht zu jenen, die vor der KI im Journalismus warnen?

Schümchen: Nein. Jedenfalls sehe ich nicht den Untergang des journalistischen Berufes kommen. Meine Studierenden fragen mich natürlich auch ganz besorgt, ob sie denn in Zukunft noch gebraucht werden.

teleschau: Und was antworten Sie?

Schümchen: Dass ich da sehr optimistisch bin: Maschinen werden unseren Beruf, der ja an große Veränderungen gewöhnt ist, nicht ersetzen, sie werden ihn verändern und bereichern. Fraglos kann die KI missbraucht werden - etwa für Fake-News, haarsträubende Fälschungen von Wort, Bild und Bewegtbild, wie wir es zuletzt immer wieder gesehen haben. Da wird sie gezielt als Waffe zur Desinformation eingesetzt. Ich bin jedoch überzeugt, die KI wird in Zeiten von Fake-News ein Booster für journalistische Qualität sein. Sie könnte ja zum Beispiel auch ganz gezielt gegen Manipulationsversuche und Desinformationskampagnen eingesetzt werden.

teleschau: Also siegt das Gute gegen das Böse?

Schümchen: (lacht) Ja. Ich glaube, dass der Journalismus durch den Einsatz der Künstlichen Intelligenz sogar auf ein ganz neues Niveau gehoben werden kann. Natürlich wird einiges automatisiert werden - die Formulierung von Wahlergebnissen oder Sportresultaten etwa. Das kostet wohl auch Arbeitsplätze wie jede technische Innovation. Auf der anderen Seite sind nun der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt, es können vormals aufwendigere Dinge leichter umgesetzt werden. Und: Es werden durch die KI auch neue Berufsfelder entstehen.

Mysterium Künstliche Intelligenz: Wohin bringt uns die neue Technik? Wo liegen die Chancen, welche Gefahren lauern? Prof. Dr. Andreas Schümchen spricht im Interview ausführlich darüber. (Bild: witsarut sakorn)
Mysterium Künstliche Intelligenz: Wohin bringt uns die neue Technik? Wo liegen die Chancen, welche Gefahren lauern? Prof. Dr. Andreas Schümchen spricht im Interview ausführlich darüber. (Bild: witsarut sakorn)

"Es geht ums Handwerk!"

teleschau: Sehen das die Studierenden bei Ihnen am Campus auch so hoffnungsvoll?

Schümchen: Die jungen Leute sind jedenfalls sehr interessiert an der Technik und ihren Einsatzmöglichkeiten. Es ist durchaus eine gewisse Aufregung rund um das Thema spürbar. Ich bin für die Studiengänge Technik-Journalismus und visuelle Technik-Kommunikation zuständig - die Studierenden beschäftigen sich bei mir nicht nur als Journalisten mit der KI-Technik, sondern eben auch mit naturwissenschaftlichem Ansatz. Sie sollen vertieft verstehen, worum es da eigentlich geht.

teleschau: Sollte man den Journalistennachwuchs mit ChatGPT arbeiten lassen?

Schümchen: Volontäre sollten so etwas nicht nutzen, ohne zu reflektieren. Aber auf jeden Fall sollten sie lernen, mit den gängigen Tools umzugehen. Sie müssen verstehen, wie das funktioniert, was dahintersteht, aber auch wo die Grenzen und mögliche Gefahren liegen. Ansonsten sollten sich die Ausbildungsschwerpunkte nicht ändern: Es geht nach wie vor darum, zu vermitteln, was eine gute Geschichte und was relevant für die Zielgruppe ist. Die Bewertung und Einordnung von Nachrichten - und nicht zu vergessen: das persönliche Gespräch, die Begegnung, die selbst gemachte Erfahrung, um an exklusive Informationen zu kommen - bei alldem ist der Mensch gefragt, da kann die Maschine nicht viel helfen. Es geht ums Handwerk!

"Mehr Medienkompetenz täte not", sagt Professor Andreas Schümchen und verbindet damit klare Forderungen: "Es muss in den Schulen mehr passieren, aber auch die Medienhäuser selbst sollten sich mehr engagieren: Sie müssen für Transparenz sorgen, ihre Arbeitsweisen nachvollziehbar machen, immer wieder erklären, was hinter ihren Beiträgen steckt und dass die Informationen nicht an Bäumen wachsen."
 (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

"Die Leute wollen wissen, was eine Information für sie bedeutet"

teleschau: Andererseits ist da ein zunehmender Marktdruck: Die Margen für Journalismus werden im Digitalen nicht größer, die Folge ist, dass immer schneller, effizienter gearbeitet werden muss ...

Schümchen: Stimmt schon, die Gefahr besteht, dass in Teilen des Journalismus Informationen, die sowieso schon irgendwo frei verfügbar stehen, noch mal und noch mal aufbereitet und verkauft werden. Aber das wird als Konzept auf Dauer nicht funktionieren. Denn wofür ist der User oder Leser überhaupt noch bereit zu zahlen? - Nicht für die reine Information und die Nachricht, die es umsonst im Netz gibt, sondern für die journalistische Einordnung! Die Leute wollen wissen, was eine Information für sie bedeutet. Das ist eine ureigene journalistische Aufgabe - auf sie wird es künftig noch mehr ankommen, und die muss sich der Journalismus auch gut bezahlen lassen. Mithilfe der KI kann er ihr noch besser nachkommen, davon bin ich überzeugt. Die Welt ist so komplex, niemand kann alles verstehen und von allem eine Ahnung haben - insofern kommt die KI gerade recht. Sie erleichtert uns Journalisten die Recherche, sie hilft, die Dinge zu durchdringen.

teleschau: Wird es also auf Sicht zwei Arten von Journalismus geben - einen billigen, teilweise von KIs produzierten für den schnellen Konsum und einen gut bezahlten für vertiefende, aufwendig recherchierte Beiträge?

Schümchen: Das ist nicht die Zukunft, sondern schon die Gegenwart. Wir haben zum Glück noch diese wenigen Leuchttürme, die großen Redaktionen, die große Geschichten mit viel Zeit- und Personaleinsatz recherchieren. Und dann gibt es die anderen. Ich glaube aber, dass die KI die Pole wieder ein Stück weit näher zusammenführen wird, denn der KI-Einsatz macht es für die kleineren, finanziell nicht so gut ausgestatteten Redaktionen leichter, hochwertigere Beiträge zu produzieren.

Was macht die KI mit dem Journalismus, mit dem Fernsehen, mit der Gesellschaft, mit den Menschen? - Die Fragen, die sich dieser Tage auftun, sind fürwahr nicht klein. Prof. Dr. Andreas Schümchen gibt Antworten und zeichnet ein gar nicht düsteres Bild von der Zukunft mit ChatGPT und Co. (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)
Was macht die KI mit dem Journalismus, mit dem Fernsehen, mit der Gesellschaft, mit den Menschen? - Die Fragen, die sich dieser Tage auftun, sind fürwahr nicht klein. Prof. Dr. Andreas Schümchen gibt Antworten und zeichnet ein gar nicht düsteres Bild von der Zukunft mit ChatGPT und Co. (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

"Die Zeit der Gratismentalität ist vorbei"

teleschau: Die Frage ist nur, wem vertrauen die Nutzer und Leserinnen künftig noch? Es ist ja nicht so, dass der Journalismus noch von einem großen Vorschuss zehren könnte ...

Schümchen: Ja, es gab und gibt eine Vertrauenskrise. Aber ich hoffe sehr, dass die Mediennutzer auch dazulernen und unterscheiden zwischen gutem, mittelmäßigem und schlechtem Journalismus und erkennen, wenn sie es mit Informationen zu tun haben, die diesen Begriff gar nicht verdienen. Wir erleben das ja in allen Lebensbereichen: Die Verbraucher entwickeln ein Bewusstsein für Qualität. Warum sollte das gegenüber dem Journalismus anders sein? Die Zahlen sprechen für diese These: Die Bereitschaft, für Journalismus zu bezahlen, ist in den vergangenen Jahren leicht gestiegen. Die Zeit der Gratismentalität ist vorbei. Also: Man zahlt für Eier von glücklichen Hühnern aus Freilandhaltung, und man zahlt für guten Journalismus, beispielsweise für ein Online-Abo.

teleschau: Um bei Ihrem Bild zu bleiben: Könnte es nicht sein, dass hierzulande die Eierkompetenz ausgeprägter ist als die Medienkompetenz?

Schümchen: Sie haben recht: Die Kompetenz, mit Medien und Informationen umzugehen, ist in Teilen der Gesellschaft nicht besonders ausgeprägt. Da wäre viel mehr nötig vonseiten der Bildung. Es muss in den Schulen mehr passieren, aber auch die Medienhäuser selbst sollten sich mehr engagieren: Sie müssen für Transparenz sorgen, ihre Arbeitsweisen nachvollziehbar machen, immer wieder erklären, was hinter ihren Beiträgen steckt und dass die Informationen nicht an Bäumen wachsen. Mehr Medienkompetenz täte not - seitens der Politik sehe ich leider aktuell in der Tat mehr Engagement für die Ernährungskompetenz.

teleschau: Stichwort: Transparenz! Sollte KI-Einsatz immer deutlich gekennzeichnet werden?

Schümchen: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht ganz leicht zu beantworten. Während es bei Bildern, Montagen oder Videos relativ eindeutig ist, ist der Anteil des KI-Einsatzes bei Textbeiträgen oft schwerer zu bemessen. Da liegt die Verantwortung bei den Journalistinnen und Journalisten, sie müssen die Grenzen ziehen und das, was sie kennzeichnen wollen, mit der gebotenen Sorgfalt und der nötigen berufsethischen Haltung selbst entscheiden. Erste Erfahrungen werden gerade gesammelt. Wichtig ist: Das wenige Vertrauen, das uns noch entgegengebracht wird, darf nicht verspielt werden.

Was ist die KI: Ein hilfreiches Tool? Eine Spielerei? Ein Jobvernichter? Die Büchse der Pandora? Es soll im Gespräch mit einem ausgemachten Experten. Professor Andreas Schümchen spricht ausführlich über die KI - über die Herausforderungen und über die Chancen, die nach seiner festen Überzeugen klar überwiegen. (Bild: 2023 Getty Images/Leon Neal)
Was ist die KI: Ein hilfreiches Tool? Eine Spielerei? Ein Jobvernichter? Die Büchse der Pandora? Es soll im Gespräch mit einem ausgemachten Experten. Professor Andreas Schümchen spricht ausführlich über die KI - über die Herausforderungen und über die Chancen, die nach seiner festen Überzeugen klar überwiegen. (Bild: 2023 Getty Images/Leon Neal)

"Mit einer Regulierung muss man sich auseinandersetzen"

teleschau: Selbst KI-Pionier Geoffrey Hinton hat schon gewarnt: Die Menschen könnten schon bald "nicht mehr erkennen, was noch wahr ist". Bräuchte es nicht eine Instanz, die den KI-Einsatz reglementiert oder zumindest kontrolliert?

Schümchen: Ja, mit einer Regulierung muss man sich auseinandersetzen, gerade weil die Entwicklung so rasend schnell vonstattengeht. Allerdings habe ich auch keinen Vorschlag, wer diese Instanz sein soll und wie das ablaufen könnte. Da geht es um rechtliche, aber auch um ethische Rahmenbedingungen - für die ganze Gesellschaft. Die Idee eines Moratoriums, wie es verschiedentlich gefordert wurde, halte ich jedoch für weltfremd. Das Ganze ist nicht mehr zu stoppen.

teleschau: Bleiben die handfesten juristischen Fragen: Wie wird künftig das Recht am eigenen Bild und das Urheberrecht am Text gewahrt?

Schümchen: Gute Frage - ich gebe sie weiter an die vielen Juristen, die sich sicherlich damit schon beschäftigen (lacht). Man wird zu Definitionen finden, davon bin ich überzeugt. Aber bedenken Sie: Auch bei Nachrichten ist das Urheberrecht längst aufgeweicht - da wird schon fleißig ab- und umgeschrieben, anders als bei Interviews, Porträts oder Reportagen, wo dies nicht ohne Weiteres möglich ist. Den User, da darf man keine Illusion haben, interessiert aber ohnehin nicht mehr, von wem, von welcher Quelle ein Beitrag stammt. Wissen Sie, was meine Studierenden antworten, wenn ich frage, wo sie diese oder jene Information herhaben: "aus dem Internet!" Die sagen nicht, dass sie es bei "Bild.de" oder auf "Spiegel-Online" gelesen haben ... Die Einzigen, die gegensteuern können, sind die Journalisten und die Medienhäuser selbst - Stichwort: Markenpflege!

"Die Idee eines Moratoriums, wie es verschiedentlich gefordert wurde, halte ich jedoch für weltfremd", erklärt Prof. Dr. Andreas Schümchen im Interview zu ChatGPT und Co. Er ist überzeugt: "Das Ganze ist nicht mehr zu stoppen." (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)
"Die Idee eines Moratoriums, wie es verschiedentlich gefordert wurde, halte ich jedoch für weltfremd", erklärt Prof. Dr. Andreas Schümchen im Interview zu ChatGPT und Co. Er ist überzeugt: "Das Ganze ist nicht mehr zu stoppen." (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

"Print wird seinen Status halten"

teleschau: Was bedeutet die KI-Anwendung eigentlich für den Print-Journalismus? Kommen jetzt die goldenen Zeiten zurück?

Schümchen: Nicht unbedingt. Leute, die sich von den Printmedien abgewendet haben, kommen nicht wieder, nur weil dort vielleicht vertrauenswürdiger und etwas weniger offensichtlich mit KIs gearbeitet wird. Print wird seinen Status halten: Die Zeitung und die Zeitschrift ist heute etwas Besonderes - für Leute, die sich das Besondere leisten wollen, das wird sich nicht ändern, die starken Marken, die es noch gibt, werden auf jeden Fall stark bleiben.

teleschau: Was also bringt die KI den Journalisten?

Schümchen: Sie ist ein Werkzeug - ein sehr mächtiges und kreatives. Aber, wie bei jedem neuen Werkzeug, ahnen wir noch gar nicht, welche Einsatzmöglichkeiten es gibt. Wir stehen am Anfang und werden noch staunen. Aber dazu müssen wir sehr schnell sehr viel dazulernen. Und kreativ sein.

teleschau: Aber ist die KI nicht das genaue Gegenteil - ein veritabler Kreativitätskiller?

Schümchen: Nun, allein schon die Eingabe der richtigen Prompts, also der Anweisungen an die KI, erfordert ein hohes Maß an Kreativität, das ist alles andere als trivial. Bei uns im Studiengang für Technik-Journalismus, den es so nur zweimal in Deutschland gibt, geht es jetzt natürlich schon intensiv darum. Ansonsten ist es erstaunlich, dass die Medien hierzulande doch eher einen Bogen um diese wichtigen Themen machen. Die Technik, die Digitalisierung, das betrifft doch alle Lebensbereiche. Das ist nichts Exotisches und auch kein reines Lifestyle-Thema. Klar, das neue iPhone ist immer ein Riesending. Aber was wir brauchen, ist eine konstruktive, permanente Begleitung der technischen Entwicklungen. Das würde der ganzen Gesellschaft weiterhelfen, die sich für mein Befinden im internationalen Vergleich doch eher schwertut. Die Technik hinkt als Medienthema der Politik, dem Sport, der Kultur hinterher. Das halte ich für fatal.

Sie ist ein Werkzeug - ein sehr mächtiges und kreatives", sagt Prof. Dr. Andreas Schümchen, der sich an der Hochschule Hochschule Bonn-Rhein-Sieg intensiv mit der neuen KI-Technik im Journalismus beschäftigt: "Wie bei jedem neuen Werkzeug, ahnen wir noch gar nicht, welche Einsatzmöglichkeiten es gibt. Wir stehen am Anfang und werden noch staunen." (Bild: Medienbüro Herres für Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

"Was TV-Drehbücher angeht, erhoffe ich mir durch den Einsatz von KI mehr Überraschungen"

teleschau: Ist neben den Medien auch die Politik gefordert?

Schümchen: Ja, zumindest die politische Kommunikation. Da bräuchte es eine regelrechte Technikoffensive. Ich finde schon allein deshalb, um der breiten Masse die Angst vor dem Fortschritt zu nehmen und um international nicht abgehängt zu werden. Dass bei uns das technische Interesse grundsätzlich gar nicht mal so klein ist, zeigt doch das Beispiel Wärmepumpe (lacht).

teleschau: Natürlich wird auch das Fernsehen, werden etwa Dokumentarfilmer und TV-Journalisten künftig verstärkt auf den Einsatz von KI setzen. Worauf wird es dabei besonders ankommen?

Schümchen: Einsatzmöglichkeiten gibt es da sicher einige, von der Recherche und Verifikation von Bildern über die Dramaturgie von Geschichten bis zur Montage ist da sicher vieles möglich. Es wird auch hier darauf ankommen, dass KI nicht nur eingesetzt wird, damit die Produktion preisgünstiger wird - sondern um im wahrsten Sinne intelligentere und für das Publikum attraktivere Beiträge und Filme zu realisieren. Interessant wird es ja auch bei fiktionalen Produktionen, bei Spielfilmen: Ich habe die Hoffnung, dass KI künftig beispielsweise für Krimi-Stoffe sorgt, die spannender sind als die vorhersehbaren, die wir heute oft im Fernsehen geboten bekommen. Gerade was TV-Drehbücher angeht, erhoffe ich mir durch den Einsatz von KI mehr Überraschungen.

Auf dem World Government Summit in Dubai warnte Twitter-Chef Elon Musk vor den Risiken unregulierter Künstlichen Intelligenzen. (Bild: 2023 Getty Images/Justin Sullivan)
Auf dem World Government Summit in Dubai warnte Twitter-Chef Elon Musk vor den Risiken unregulierter Künstlichen Intelligenzen. (Bild: 2023 Getty Images/Justin Sullivan)