Mehr Aufwand, weniger Effizienz

Der Bundesfinanzminister will im Kampf gegen dubiose Finanzströme eine härtere Gangart einlegen. Tausende Händler müssen verdächtige Kunden melden. Das BKA wird entmachtet.

An dieser Übernahme hat Wolfgang Schäuble (CDU) jahrelang gearbeitet, Anfang April will er endlich Vollzug melden: Der Bundesfinanzminister übernimmt von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die hehre Aufgabe, Geldwäsche zu bekämpfen. Der ist über diesen Verlust an Zuständigkeit vermutlich eher erleichtert, denn schon länger muss sich Deutschland international des Vorwurfs erwehren, zu wenig gegen dubiose Gelder zu unternehmen. Schäuble hingegen scheint dies als Herausforderung zu sehen.

Schäuble ärgert sich schon lange über die geringen Erfolge im Kampf gegen die Geldwäscher. Von der OECD musste er sich anhören lassen, dass Deutschland mehr tun müsse. Deshalb hat das Bundesfinanzministerium nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zum Teil deutlich über die Vorgaben der EU-Kommission hinausgeht. Allerdings setzt sich der Kabinettsveteran auch der Gefahr aus, spektakulär zu scheitern. Geldwäschebekämpfung sei per se kein Gewinnerthema, warnt ein früherer Staatssekretär, weil der Staat den Kriminellen immer hinterherhinke. Zudem droht Deutschland international verschärfte Beobachtung. Der neue US-Finanzminister Steven Mnuchin machte gleich beim ersten Treffen mit Schäuble klar, dass Geldwäsche gleichbedeutend sei mit Terrorfinanzierung und für US-Präsident Donald Trump ganz oben auf der Prioritätenliste stehe.

In Zukunft müssen viel mehr Geschäftsleute melden, wenn sich Kunden verdächtig verhalten. Wenn der Verdacht besteht, dass sie Geld aus dubiosen Quellen anlegen wollen. Betroffen sind neben Juwelieren und Autohändlern auch Kunsthändler, Immobilienmakler, Notare und natürlich Finanzinstitute. Verdächtig seien Kunden, die Beträge über 10.000 Euro bar entrichten und sogenannte „PeP“ – politisch exponierte Personen. Dazu zählen neben ausländischen Potentaten aber auch gewöhnliche Verbandsdirektoren.

Umstritten ist der Plan Schäubles für ein neues Transparenzregister, das für alle Unternehmen die dahinter stehenden Eigentümer („wirtschaftlich Berechtigte“) offenlegt. Händler und Banker sollen dann bei jedem Geschäft dieses Register befragen und dafür noch eine Gebühr zahlen müssen. Die Einrichtung eines solchen Registers wird von Brüssel vorgeschrieben. Offen lässt die EU-Kommission dabei, wer Einblick in dieses Verzeichnis nehmen darf. In Deutschland tobt ein Streit. Viele Nichtregierungsorganisationen und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sind für vollständige Transparenz, dass also jeder Bürger hineinschauen darf. Dagegen hat sich jedoch Schäuble ausgesprochen. Vor allem Familienunternehmer laufen gegen eine allgemeine Veröffentlichung Sturm, weil sie befürchten, dass Mitglieder von Unternehmerfamilien anhand der Transparenzregister identifiziert und erpresst oder entführt werden könnten. Im Bundesrat gibt es nun Länder, die sich für eine völlige Öffnung des Transparenzregisters aussprechen.


Verlagerung der Zuständigkeiten

Ein wichtiges Anliegen von Schäuble ist bei der Geldwäschebekämpfung die Verlagerung der Zuständigkeiten vom Bundeskriminalamt (BKA) zum Zoll. Ob dieser Wechsel den erhofften Erfolg erzwingen kann, ist mehr als fraglich. Zwar will der Finanzminister die dafür vorgesehene „Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ mit mehr als 160 Mitarbeitern ausstatten – eine Vervielfachung gegenüber den gut zwei Dutzend Ermittlern im BKA. Allerdings waren bisher zusätzlich rund 300 Beamte aus den Landeskriminalämtern (LKA) eingebunden und erste Ansprechpartner für Verdachtsmeldungen.

Diese Aufgabe soll die in Köln ansässige Zentralstelle des Zolls übernehmen. Sie will als „Filter“ fungieren, um nur die werthaltigen Verdachtsfälle an die Behörden vor Ort weiterzuleiten. Eine Entlastung dürfte das aber nicht bringen, sagt ein führender LKA-Ermittler, „weil bei mehr als 90 Prozent aller Verdachtsmeldungen die Hinweise auf eine Straftat so hoch sind, dass wir denen nachgehen müssen“. Ein Filter bringt da wenig außer Verzug. „Die Ermittlungen werden viel komplexer und langsamer“, warnt Michael Peters von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte, „gerade bei organisierter Kriminalität und Terrorismus kann es zu Verzögerungen kommen.“

Erst recht, weil die neue Zolleinheit lediglich eine Verwaltungs-, aber keine Strafverfolgungsbehörde ist. Also darf sie nicht auf sensible polizeiliche Daten zugreifen. Von einem „Blindflug in der Geldwäschebekämpfung“ spricht Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei im Zoll. Buckenhofer hält die Verlagerung der Geldwäsche-Kompetenz zum Zoll grundsätzlich für richtig. Allerdings müsste sich der Zoll organisatorisch und auch mental in Richtung einer zielgerichteten Strafverfolgungsbehörde entwickeln. Als Vorbild schwebt dem Gewerkschafter die italienische Guardia di Finanza vor, allerdings abgespeckt um deren paramilitärische Historie.

Bei den Landeskriminalämtern kommt die Verlagerung der Zuständigkeiten vom BKA zum Zoll nicht gut an. Sie alarmierten deshalb ihre Innenminister. Der Innenausschuss des Bundesrates appellierte vorige Woche an Schäuble, die Reform zu überdenken. Doch der will das Gesetz rasch verabschieden – als „besonders eilbedürftig“, damit die Reform spätestens Mitte diesen Jahres in Kraft treten kann.

KONTEXT

Bargeld: Was eine Million Euro in großen Scheinen wiegt

Singapur

Bargeld dient auch dem Horten von Vermögen. Mit welchen internationalen Banknoten die Wertaufbewahrung in bar besonders "leicht" fällt.

Singapur-Dollar (SGD)

Banknote: 10.000 SGD / 1000 SGD

Wert: 6564 Euro / 656 Euro

Ungefähres Gewicht pro Schein: 1,6 g / 1,4 g

Gewicht von 1 Mio. Euro: 0,2 kg / 1,8 kg

Ausgabe eingestellt*: 2014 / -

*Umlaufende Scheine bleiben weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel.

Stichtag für Wechselkurse: 30. September 2016

Quellen: EZB, nationale Zentralbanken, Deutsche Bank Research

Schweiz

Schweizer Franken (CHF)

Banknote: 1000 CHF

Wert: 919 Euro

Ungefähres Gewicht: 1,3 g

Gewicht von 1 Mio. Euro: 1,4 kg

Stichtag für Wechselkurse: 30. September 2016

Kanada

Kanadischer Dollar (CAD)

Banknote: 1000 CAD

Wert: 681 Euro

Ungefähres Gewicht: 1,1 g

Gewicht von 1 Mio. Euro: 1,5 kg

Ausgabe eingestellt*: 2000

*Umlaufende Scheine bleiben weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel.

Stichtag für Wechselkurse: 30. September 2016

Euroraum

Euro (EUR)

Banknote: 500 Euro / 200 Euro

Wert: 500 Euro / 200 Euro

Ungefähres Gewicht: 1,1 g / 1,1 g

Gewicht von 1 Mio. Euro: 2,2 kg / 5,4 kg

Ausgabe wird eingestellt*: Ende 2018 / -

*Umlaufende Scheine bleiben weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel.

Stichtag für Wechselkurse: 30. September 2016

Vereinigte Staaten

US-Dollar (USD)

Banknote: 100 USD

Wert: 90 Euro

Ungefähres Gewicht: 1,0 g

Gewicht von 1 Mio. Euro: 11,0 g

Stichtag für Wechselkurse: 30. September 2016