Mehr Vielfalt im Bundestag: Diese Kandidat:innen schreiben Geschichte

Der Bundestag während der letzten regulären Sitzung im Juni (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)
Der Bundestag während der letzten regulären Sitzung im Juni (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)

Die offiziellen Statistiken zum neuen Bundestag werden erst nach seiner Konstituierung veröffentlicht. Doch es zeichnet sich bereits ab: Das Parlament wird vielfältiger als in der letzten Legislaturperiode.

Von einer wirklichen Repräsentation der Bevölkerungszusammensetzung ist der Bundestag immer noch weit entfernt. Zuletzt gab es sogar Rückschritte, der Frauenanteil sank mit dem Einzug der männerlastigen Fraktionen von AfD und FDP 2017 sogar auf 31 Prozent. Nun steigt er wieder etwas auf 34,7 Prozent, liegt aber immer noch unter dem bisherigen Höchstwert von 36,5 Prozent (2013) und den etwa 50 Prozent in der Bevölkerung. Auch etwa bei Nichtakademiker:innen, Menschen mit Migrationshintergrund und Muslim:innen ist trotz einiger Verbesserungen weiter viel Luft nach oben. Doch immerhin gibt es unter den neu gewählten Personalien auch einige Premieren, die die Vielfalt im Parlament steigern.

Tessa Ganserer und Nyke Slawik (beide Grüne) sind die ersten trans Frauen im Bundestag und zugleich die ersten sichtbaren trans Personen - die einzige bisher bekannte, Christian Schenk (Grüne, später PDS) hatte sich erst nach seiner Zeit im Parlament als trans Mann geoutet. Ganserer wie auch Slawik ist die Abschaffung des Transsexuellengesetzes ein wichtiges Anliegen, das trans Personen bei der Anerkennung ihres Geschlechts hohe bürokratische und demütigende Hürden in den Weg stellt.

Erst 2013 zogen mit Karamba Diaby (SPD) und Charles M. Huber (CDU) die ersten Schwarzen Abgeordneten in den Bundestag ein, von denen lediglich Diaby inzwischen zwei Mal erfolgreich zur Wiederwahl antrat. Mit dem Einzug von Armand Zorn (SPD) und Awet Tesfaiesus (Grüne) vertreten nun erstmals drei Abgeordnete die Schwarze Community, mit Tesfaiesus als erster Frau. Zusammen mit der ebenfalls neu in den Bundestag gewählten Sanae Abdi (SPD), deren Mutter aus Marokko stammt, gibt es damit insgesamt vier Parlamentarier:innen mit Wurzeln in Afrika.

Chronisch unterrepräsentiert sind im Bundestag auch Menschen mit Behinderung. Mit Stephanie Aeffner (Grüne) zieht nun überhaupt erst die erste Frau mit einer sichtbaren Behinderung ins Parlament ein. Sie ist nun neben Wolfgang Schäuble (CDU) die einzige Person, die einen Rollstuhl nutzt.

Historisch ist auch der Wiedereinzug des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), der nach fast 70 Jahren mit dem Abgeordneten Stefan Seidler in den Bundestag zurückkehrt. Der SSW vertritt mit den Dän:innen und Fries:innen zwei der anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland, ein Status, den daneben die Sorb:innen sowie Sinti:zze und Rom:nja innehaben. Der SSW ist deshalb von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Trotzdem ist er die einzige Minderheitenpartei, die bislang im Bundestag vertreten war.

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