Mehrheit rechnet 2024 nicht mit Kriegsende in Ukraine

Nach nun fast 23 Monaten Krieg gegen die Ukraine gehen die Meinungen der Deutschen zu finanzieller Unterstützung, Gebietsabtretungen oder einem EU-Beitritt der Ukraine stark auseinander.

Berlin (dpa) - Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird aus Sicht der meisten Deutschen nicht 2024 enden. Nur jeder zehnte Deutsche (9 Prozent) hält ein Kriegsende in diesem Jahr eher für wahrscheinlich, wie aus einer veröffentlichten Umfrage des Instituts Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend hervorgeht. Dies entspricht im Vergleich zum Januar 2023 einem Rückgang vom 23 Prozentpunkten. 87 Prozent der Deutschen gehen davon aus, dass der Krieg 2024 nicht enden wird.

Nach Angaben des WDR handelt es sich um eine repräsentative Umfrage, für die am Dienstag und Mittwoch dieser Woche 1321 Wahlberechtigte sowohl online als auch am Telefon befragt wurden.

Fast jeder Zweite (44 Prozent) hält es für ein Kriegsende für notwendig, dass die Ukraine Gebiete an Russland abtritt. Dies ist im Vergleich zum März 2023 ein Zuwachs von 9 Punkte. 43 Prozent der Wahlberechtigten stimmen dem nicht zu.

Der Rückhalt für die finanzielle Unterstützung der Ukraine durch Deutschland ist im Laufe des mittlerweile fast zwei Jahre dauernden Kriegs deutlich zurückgegangen. 41 Prozent halten diese für zu weitgehend, was einem Plus von 21 Punkten im Vergleich zu Ende April 2022 entspricht. Damals war der Kriegsbeginn zwei Monate her.

EU-Beitritt der Ukraine

Die Meinung der Befragten zu einer möglichen Aufnahme der Ukraine in die EU sowie in die Nato ist geteilt. 53 Prozent (minus 5 Punkte im Vergleich zum Februar 2023) halten es für richtig, dass die Ukraine langfristig in die EU aufgenommen werden sollte. Mit Blick auf die Nato stimmten 44 Prozent dieser Aussage zu (minus 7 Punkte). Die EU hatte im Dezember den Start von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beschlossen. Bis die Ukraine dem Staatenbund tatsächlich beitritt, dürfte es aber noch viele Jahre dauern.

Weißes Haus: Russland hat in Ukraine Raketen aus Nordkorea eingesetzt

Russland hat nach Angaben der US-Regierung Raketen aus Nordkorea im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte am Donnerstag im Weißen Haus, nach US-Informationen habe Pjöngjang kürzlich ballistische Raketenwerfer und mehrere ballistische Raketen an Moskau geliefert. Über den Jahreswechsel hätten russische Streitkräfte mehrere dieser Raketen auf die Ukraine abgefeuert.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, geht vor die Presse (Bild: Reuters)
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, geht vor die Presse (Bild: Reuters)

Nach massiven russischen Angriffen: Nato und Ukraine beraten sich

Nach den jüngsten massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine wollen das angegriffene Land und die Nato kommende Woche zu Beratungen zusammenkommen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg werde am kommenden Mittwoch (10. Januar) eine Sitzung des NATO-Ukraine-Rats einberufen, teilte ein Sprecher des Verteidigungsbündnisses am Donnerstag mit. «Das Treffen findet auf Botschafterebene statt und wird auf Ersuchen der Ukraine nach den jüngsten russischen Raketen- und Drohnenangriffen auf ukrainische Zivilisten, Städte und Ortschaften einberufen.»

Die Nato-Länder hätten bereits eine Vielzahl von Luftabwehrsystemen an die Ukraine geliefert und seien entschlossen, die Verteidigung der Ukraine weiter zu verstärken, hieß es weiter.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb zu dem außerordentlichen Treffen auf der Plattform X (ehemals Twitter), eines der zentralen Themen werde die Stärkung der Luftverteidigung der Ukraine sein. «Ein wichtiges Zeichen der euro-atlantischen Einheit angesichts der Eskalation des russischen Terrors.»

Großer Gefangenenaustausch in der Ukraine

Russland setzt seine Serie nächtlicher Luftangriffe auf die Ukraine fort. In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde am späten Mittwochabend Luftalarm ausgelöst. «Eine Explosion in Charkiw. Die Besatzer schlagen zu», schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Charkiw, Oleh Synjehubow auf Telegram. Angaben zu Schäden oder Verletzten gab es zunächst nicht. Mehrere Stunden flogen auch russische Kampfdrohnen über der Ukraine und bedrohten Gebiete im Süden und Westen.

Nach Tagen mit zahlreichen russischen Luftangriffen und ukrainischen Gegenschlägen über Neujahr gab es ein positives Zeichen: Beide Seiten tauschten nach mehreren Monaten Pause wieder Gefangene aus. 230 ukrainische Männer und Frauen kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück. 248 russische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen.

An der Front im Osten und Süden gingen die Gefechte weiter, wenn auch wegen einer heraufziehenden Kaltfront weniger intensiv. Der ukrainische Generalstab sprach im Abendbericht für Mittwoch von 47 russischen Angriffsversuchen. Heute ist der 680. Tag seit Beginn der großangelegten russischen Invasion in das Nachbarland.