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Nach kontroverser Nominierung: Oscar-Academie leitet Untersuchung ein

Oscar-Nominierungen bekommt man in der Regel nicht einfach so: Studios und Schauspieler fahren dafür aufwändige Kampagnen. Eine solche Kampagne kam in diesem Jahr überraschend und scheinbar aus dem Nichts - und könnte womöglich Konsequenzen haben.

Andrea Riseborough ist für
Andrea Riseborough ist für "To Leslie" für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert (Bild: Jason Mendez/Getty Images)

Die intensive Pressearbeit von Cate Blanchett diente freilich dazu, ihre Darstellung in "Tár" in den Fokus von Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zu rücken. Diese entscheiden schließlich, wer für den Oscar nominiert wird und ihn am Ende gewinnt - und ohne jede Menge Presse geht man meist unter, und der Oscar-Traum ist aus.

Doch Blanchett rührte die Werbetrommel nicht nur für sich selbst, sondern überraschenderweise auch für die Britin Andrea Riseborough und deren Hauptrolle in "To Leslie". Und auch Stars wie Kate Winslet, Jane Fonda, Charlize Theron, Gwyneth Paltrow und Amy Adams wurden nicht müde, Riseboroughs Darbietung zu loben - die sich selbst indes dezent zurückhielt.

Diese ungewöhnliche Kampagne brachte Riseborough eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin ein - und jede Menge Kritik. Denn während es den Anschein hatte, als sei hier tatsächlich mal ein Indie-Hit ohne große Oscar-Werbeplakate durchgerutscht, fand im Hintergrund eine recht aggressive Kampagne durch Mary McCormack, der Ehefrau von "To Leslie"-Regisseur Michael Morris, statt.

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Wie Variety berichtet, hat McCormack diverse E-Mails an befreundete Schauspieler und Filmschaffende geschickt, um Riseborough in den Vordergrund zu rücken. Auch die Academy selbst soll mit Anrufen und Mails überschüttet worden sein.

Academy kündigt Untersuchung an

Bricht das Oscar-Regeln? Das soll nun untersucht werden. Die Academy kündigte eine Untersuchung an, ohne jedoch Riseborough oder "To Leslie" direkt zu nennen. Dabei wurde nicht ausgeschlossen, dass die Richtlinien womöglich auch angepasst werden müssten.

In einem öffentlichen Statement, aus dem unter anderem The Hollywood Reporter zitiert, heißt es:

Es ist das Ziel der Academy, sicherzustellen, dass der Wettbewerb fair und ethisch korrekt stattfindet, und wir haben uns einer inklusiven Preisverleihung verschrieben. Wir leiten eine Untersuchung bezüglich der diesjährigen Nominierungen ein, um sicherzustellen, dass keine Richtlinien verletzt wurden, und um zu erfahren, ob in der Zeit von Social Media und digitaler Kommunikation Änderungen dieser Richtlinien nötig sind.

Der Oscar ist der begehrteste Filmpreis der Welt (Bild: Carlo Allegri/Getty Images)
Der Oscar ist der begehrteste Filmpreis der Welt (Bild: Carlo Allegri/Getty Images)

Könnte die Nominierung zurückgezogen werden?

Academy-Mitglieder auf einen Film oder eine schauspielerische Leistung aufmerksam zu machen, ist heutzutage schließlich Grundvoraussetzung für einen Oscar. Explizit zur Abstimmung aufzurufen wäre nicht erlaubt, bislang gibt es jedoch keine Beweise, dass dies der Fall gewesen ist. Variety zufolge empfinden viele Konkurrenten die "To Leslie"-Taktik jedoch als "zu aggressiv". Die sehr direkte, sehr heimliche Kampagne würde eine Grenze überschreiten.

Kritik wird auch deswegen laut, weil Riseborough den beiden dunkelhäutigen Schauspielerinnen Viola Davis ("The Woman King") und Danielle Deadwyler ("Till") vorgezogen wurde, die beide als Favoritinnen gegolten hatten.

Ob die Nominierung zurückgezogen wird, steht noch in den Sternen - das erste Mal wäre es jedoch nicht, dass ein derartiger Fall eintritt. 2014 wurde Bruce Broughton für "Alone Yet Not Alone" für den besten Song nominiert. Als bekannt wurde, dass er Mitglieder der Musik-Sparte der Academy direkt per E-Mail angeschrieben hatte, wurde die Nominierung jedoch zurückgenommen.

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