Nancy Faeser bei Miosga: Sylt-Video ist "zutiefst menschenverachtend"
In der ARD-Sendung "Caren Miosga" fand Nancy Faeser am Sonntagabend deutliche Worte zum Skandal-Video von Sylt. Zudem forderte die Bundesinnenministerin schnellere Gerichtsverfahren gegen Gewalttäter.
"Zutiefst menschenverachtend" sei der Vorfall, rassistisch. Das sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD in der ARD-Talkshow "Caren Miosga". Sie spricht von den Ereignissen auf der Promi-Insel Sylt. Dort hatten Gäste einer Bar in Kampen zu einem Partysong rassistische Parolen skandiert.
Das Video ist seit Donnerstag im Internet zu sehen. Es löste Ärger und Empörung aus - bei den Menschen, die es sahen, und bei Politikern. Es zeigt: Rassismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Reaktionen zeigen aber auch: Diese Gesellschaft wehrt sich dagegen. Die Besitzer der Bar haben inzwischen Strafanzeige gegen die betroffenen Gäste gestellt. Eine Frage jedoch bleibt: Warum schritt keiner der umstehenden Partygäste ein?
"Wir erleben seit ein paar Jahren eine Verschiebung, die in Gewalt eskaliert", analysiert Faeser. Ist die Bundesregierung machtlos gegen Gewalt und Rassismus? Der Eindruck könnte sich aufdrängen. Aus Worten könnten Taten werden, sagt Faeser, ähnlich wie bei dem Mord an dem hessischen CDU-Politiker Walter Lübke. Auch der sei vorher bedroht worden. "Deswegen appelliere ich an die, die dieser Tage meinen, man könnte schärfer formulieren oder die Grenzen immer weiter nach rechts verschieben, was mir große Sorge bereitet: dass es Dinge gibt in unserer Gesellschaft, wo wir wieder mit viel mehr gegenseitigem Respekt und Wertschätzung rangehen sollten."
"Meinungsfreiheit ist in einem Rechtsstaat ganz elementar"
Allerdings fordere das Grundgesetz von der Gesellschaft Toleranz. Wer Parolen gröle wie "Deutschland den Deutschen", begehe nicht unbedingt eine Straftat. Eine starke Gesellschaft müsse manche Dinge ertragen und aushalten können. "Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist in einem Rechtsstaat ganz elementar", so Faeser.
Nach der Veröffentlichung des Videos von Sylt sei in verschiedenen sozialen Netzwerken Jagd auf die Gäste gemacht worden. "Das macht mir auch Sorge, dass die Grenzen von einer Richtung in die andere verschoben werden. Dass man dann Leute oft an den Pranger stellt und dass man das nicht denjenigen überlässt, die dafür da sind, nämlich Strafverfolgungsbehörden, die der Anzeige ja auf jeden Fall nachgehen werden und dann auch Täterinnen oder Täter ermitteln." Die Ministerin fordert vor allem von der Justiz schnellere Verfahren. "Und ich würde mir wünschen, dass weniger Verfahren eingestellt werden, damit wieder klar ist in der Gesellschaft, was erlaubt ist und was nicht."
Und Faeser möchte erreichen, dass es überhaupt nicht zu Gewalttaten kommt, besonders gegen jüdische Menschen. Sie sagt: "Wir müssen sehr viel mehr in Prävention auch und gerade an den Schulen und an den Unis investieren, und auch erläutern, was dahintersteht und welches Existenzrecht hier bedroht wird."