Nato bereitet sich auf stärkere Auseinandersetzung mit China vor

Nach dem G7-Gipfel steht das Spitzentreffen der Nato an - erstmals mit dem neuen US-Präsidenten Biden. Dessen Vorgänger Trump hatte für Entsetzen im transatlantischen Bündnis gesorgt.

Joe Biden, Präsident der USA, steigt aus der Air Force One bei seiner Ankunft auf dem Militärflughafen Melsbroek. Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten kommen zu einem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen.
Joe Biden, Präsident der USA, steigt aus der Air Force One bei seiner Ankunft auf dem Militärflughafen Melsbroek. Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten kommen zu einem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen.

Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten kommen zu einem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen. Ein zentrales Thema war die Frage, wie das Bündnis mit dem Aufstieg Chinas zu einer militärischen Weltmacht umgehen soll.

Nach Informationen der dpa haben sich alle 30 Mitgliedsstaaten darauf verständigt, sich nach jahrelanger Zurückhaltung deutlich intensiver mit potenziellen Bedrohungen durch China auseinandersetzen. Kurz vor Beginn des Plenums akzeptierten alle Mitglieder des Bündnisses die geplante Schlusserklärung.

Zudem werden die Bedrohungen durch Russland und die Reforminitiative «Nato 2030» eine herausgehobene Rolle spielen.

Biden versichert Nato-Partnern Beistand der USA

Eine besondere Bedeutung kommt dem Spitzentreffen zu, weil es das erste mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden ist. Nach dem G7-Gipfel im englischen Cornwall traf Biden am Sonntagabend in Brüssel ein.

Vor Beginn des Nato-Gipfels hat Biden daher den europäischen Bündnispartnern noch einmal versichert, dass sie sich im Ernstfall auf den Beistand der USA verlassen können. Artikel 5 des Nato-Vertrags, in dem die Beistandspflicht beim Angriff auf einen Bündnispartner festgeschrieben ist, sei für die USA eine "heilige Pflicht", sagte er bei einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. "Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigten Staaten da sind."

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Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Artikel 5 in Frage gestellt. Er hatte einige Bündnispartner - vor allem Deutschland - auch scharf für mangelnde Verteidigungsausgaben kritisiert. Biden würdigte nun, dass eine wachsende Zahl der Nato-Staaten inzwischen das Bündnisziel erreicht hätte, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. "Andere sind auf dem Weg", fügte Biden hinzu. Deutschland hat seine Verteidigungsausgaben zwar in den letzten Jahren erhöht, liegt aber immer noch deutlich unter dem Zwei-Prozent-Ziel. Nach Nato-Schätzungen werden im kommenden Jahr 10 der 30 Nato-Staaten die Marke erreicht oder überschritten haben.

"Die Nato ist von entscheidender Bedeutung für die Interessen der USA", sagte Biden. Er betonte mit Blick auf China und das Verhalten Russlands, das Bündnis stehe vor neuen Herausforderungen. Biden dankte Stoltenberg für dessen Arbeit. Stoltenberg sagte: "Ich weiß, dass wir uns auf Amerika verlassen können und dass Amerika sich auf Europa verlassen kann."

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Trump hatte ohne Rücksicht auf die Folgen mehrfach Zweifel daran geweckt, ob die USA im Ernstfall ihrer Verpflichtung zum militärischen Beistand nachkommen würden. Hinzu kamen die nicht abgesprochene Ankündigung eines Rückzugs von US-Truppen aus Deutschland und andere Alleingänge. Zum Entsetzen der Alliierten drohte Trump sogar mit dem Nato-Austritt.

Überarbeitung des strategischen Konzepts

In der Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, die Bündnispartner würden bei dem Treffen "ein ehrgeiziges Paket von Initiativen auf den Weg bringen, um sicherzustellen, dass die NATO unseren Bürgern bis 2030 und darüber hinaus Sicherheit bieten kann." Die Nato sei "das mächtigste und erfolgreichste Bündnis der Geschichte", hieß es weiter. "Die transatlantischen Beziehungen beruhen auf einem Fundament gemeinsamer demokratischer Werte."

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Konkret wollen die Staats- und Regierungschefs unter anderem die Überarbeitung des derzeitigen strategischen Konzepts in Auftrag geben. Die aktuelle Fassung war 2010 beschlossen worden. Damals hatten die Alliierten beispielsweise noch gehofft, dass großen Spannungen mit Russland vorbei seien. Es folgten dann allerdings Entwicklungen wie der Ukraine-Konflikt und der weitere Aufstieg Chinas zu einer militärischen Weltmacht. Darauf soll nun bei der Überarbeitung des strategischen Konzept eingegangen werden.

Zudem werden Entscheidungen zu Plänen für eine Erhöhung des Nato-Budgets und zum Ausbau der politischen Konsultationen innerhalb des Bündnisses erwartet.

Rückendeckung für Biden vor Treffen mit Putin

Beim G7-Gipfel in Cornwall hatten sich die führenden westlichen Industriestaaten unter anderem auf einen härteren Kurs gegenüber China verständigt und scharfe Kritik an Russland geübt. Biden bekräftigte nach dem Gipfel: "Ich glaube, wir befinden uns in einem Wettstreit, nicht nur mit China, aber in einem Wettstreit mit Autokraten, autokratischen Regierungen auf der ganzen Welt." Für seinen mit Spannung erwarteten Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf am Mittwoch bekam er Rückendeckung der G7.

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte es der letzte Nato-Gipfel werden. Die CDU-Politikerin wird ihr Amt nach der Bundestagswahl im Herbst abgegeben und hat mehrfach betont, dass sie auch für andere Ämter nicht mehr zur Verfügung steht. Somit kommt sie auch nicht für die Nachfolge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Frage, dessen Amtszeit im Herbst kommenden Jahres ausläuft.

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