Nigeria: Frau kritisierte Produkt eines Unternehmens, jetzt steht sie vor Gericht

In Nigeria hatte eine Frau in einem Internetpost negativ über das Produkt eines Tomatenherstellers geäußert. Jetzt steht sie vor Gericht.

Gavel on black background
In Nigeria hat sich eine Frau im Internet kritisch über das Produkt eines Unternehmens geäußert. Was das freie Meinungsäußerung oder Missbrauch dieses Rechts? (Symbolbild: Getty Images)

Als Kampf zwischen David und Goliath wird in Nigeria der Prozess einer Frau gegen einen Lebensmittelhersteller bezeichnet. Die 39-jährige hatte in einem Online-Post ein Produkt des Unternehmens kritisiert, daraufhin wurde sie verhaftet und verklagt.

Chioma Okoli aus Lagos hatte sich im September vergangenen Jahres auf Facebook negativ über eine Tomatensoße von Erisco Foods Limited geäußert. Das Produkt, schrieb die Unternehmerin in einem Post, enthalte zu viel Zucker.

In einem weiteren Beitrag deutete Okoli an, dass der Hersteller mit der "nur aus Zucker" bestehenden Soße die Menschen umbringe. Die Behauptung ließ sie im Vagen, indem sie das entscheidende Wort mit Sternchen verschleierte: "ki***ing people".

Polizei und Erisco Foods verklagen Okoli

Für die nigerianische Polizei war der Fall dennoch eindeutig. Eine Woche später wurde Okoli verhaftet, berichtet der US-Nachrichtensender CNN. Was die Behörde der Frau anlastet, geht aus den Gerichtsakten hervor, die der Sender einsehen konnte.

Demnach habe Okoli mit ihren Online-Posts die Menschen gegen Erisco Foods Limited aufgehetzt und damit gegen das Gesetz zur Internetkriminalität verstoßen. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr, so CNN, eine Haftstrafe von drei Jahren oder eine Geldstrafe von sieben Millionen Naira (umgerechnet etwa 5.000 Euro) – oder beides.

In einem weiteren Verfahren prozessiert Erisco Foods gegen Okoli. Der Konzern wirft der Frau Geschäftsschädigung und Rufmord vor und fordert von ihr eine Entschädigung von umgerechnet drei Millionen Euro. Ihre Äußerungen, schreibt Erisco auf Facebook, hätten dazu geführt, dass "mehrere Lieferanten" sich von dem Unternehmen distanziert hätten.

Kampf zwischen David gegen Goliath

Der Fall sorgt in Nigeria für großes Aufsehen. Okolis Anwalt Inibehe Effiong spricht von einem Kampf zwischen David und Goliath. Die Verteidigung glaube aber, fügt er hinzu, dass David, also Okoli, im Recht sei, während Goliath unrecht habe.

Effiong hat laut CNN eine Gegenklage gegen Polizei und Erisco Foods eingereicht. Demnach verstoße Okolis Verhaftung, so das Argument, gegen das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung.

Hat Okoli aber wirklich nur von diesem Recht Gebrauch gemacht, oder hat sie dieses missbraucht? Laut Rechtsexperte Kelechukwu Uzoka liegt der Fall in einer Grauzone. "Kein Gesetz garantiert absolute Freiheit", sagt er gegenüber CNN. "Wir haben zwar die Meinungsfreiheit, aber es gibt auch Grenzen. Man kann niemanden diffamieren oder verleumden."

Wer ist im Recht, wer im Unrecht?

Aber auch die Ankläger bewegen sich auf unsicherem Terrain. Cyberkriminalität, fügt Uzoka hinzu, sei vor Gericht schwer zu beweisen. Und auch Erisco müsse "nachweisen", dass Okolis Facebook-Posts das Geschäft des Unternehmens "zum Zeitpunkt der Veröffentlichung beeinträchtigt hat".

Viele Beobachter halten indes zu Okoli und verurteilen die Verfahren als unrechtmäßig. Amnesty International Nigeria fordert auf dem sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, ein sofortiges Ende von "Belästigung und Einschüchterung", denen die Unternehmerin ausgesetzt sei.

Wieder David gegen Goliath: Erisco gegen die Macht sozialer Medien

Auch im Netz regt sich Widerstand. Zahlreiche Nutzer rufen zum Boykott von Eriscos Produkten auf. Einige sehen den Konzern auf verlorenem Posten – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Ein "Unternehmen versucht jemanden wegen schlechter Kritiken zu verklagen", schreibt ein Nutzer. "Damit habt ihr Leute euer eigenes Unternehmen ruiniert."

Ein anderer ist der Ansicht: "Je länger sich die Angelegenheit in die Länge zieht, desto größer ist der Schaden für das Image des Unternehmens". Er verweist er auf die Macht sozialer Medien. Diese seien ein "mächtiges Instrument, das eine Marke aufwerten oder zerstören kann, wenn es nicht richtig gehandhabt wird." Erisco soll die Angelegenheit besser "auf sich beruhen zu lassen" und sich mit Okoli "außergerichtlich einigen".