Norah Jones: "Die sozialen Medien haben die USA zu einem schlechteren Ort gemacht"

Sängerin Norah Jones macht vor allem die politische Führung und die Medien für die desolate Lage der USA verantwortlich. "Die Gesellschaft wurde umrangiert", kritisiert sie. Eine Sache stimme sie jedoch zuversichtlich, sagte sie in einem Interview.

Die USA sind in Aufruhr und tief gespalten - das aber nicht erst seit dem gewaltsamen Tod es Afroamerikans George Floyd, der bei einem Polizeieinsatz zu Tode kam. In einem Interview, das sie vor der Tragödie von Minneapolis (Minnesota) mit der Nachrichtenagentur teleschau führte, sprach US-Sängerin Jones Worte, die sich aus heutiger Sicht fast prophetisch ausnehmen: "Viele Leute sind wütend. Amerika wurde verpfuscht. Was das Schlimme ist: Es müsste nicht so sein", klagte die 41-Jährige. "Die Gesellschaft wurde umrangiert, sie hat sich verändert." Neben der politischen Führung macht sie dafür vor allem eine Gruppe verantwortlich: "Die Medien, speziell die sozialen Medien, haben die USA zu einem schlechteren Ort gemacht. Es ist die Art, wie ein Land geführt wird, die für eine bestimmte Grundstimmung in diesem Land sorgt."

Die zweifache Mutter, deren neues Album "Pick Me Up Off The Floor" am 12. Juni erscheint, kritisiert im Interview auch den Umgang des Landes mit dem Coronavirus und die Unfähigkeit der politisch Verantwortlichen, dessen Ausbreitung einzudämmen. "Ich möchte nicht sagen, dass die USA komplett führungslos sind, aber wir haben derzeit definitiv keine starke Führung." Sie sei nicht überrascht, dass es so weit gekommen sei: "Es entwickelt sich seit längerer Zeit in diese Richtung - gerade, wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung ansieht."

"Ich weiß nicht, wie wir wieder in die Spur zurückfinden sollen"

Vieles von dem, was sich zurzeit in den USA abspielt, hat Norah Jones vorhergesehen: "Ja, es ist schockierend. Aber man konnte voraussagen, dass es so kommen wird. Viele Menschen in den USA leben seit langem sehr prekär. Sie hangeln sich von Job zu Job. Nun sind viele von ihnen arbeitslos. Die Amerikaner leiden Hunger."

Doch sie habe noch Hoffnung, sagt sie - aus gutem Grund: "Die Menschen sind gut. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber man darf den anderen nicht hassen, sondern muss ihn respektieren. Es kommt darauf an, dass wir zu diesem menschlichen Prinzip eines guten Zusammenlebens zurückfinden. In jedem Einzelnen ist dieser Wunsch angelegt. Kein Mensch ist grundböse." In ihren letzten Worten schimmert dennoch Verzweiflung durch: "Trotzdem weiß auch ich nicht, wie wir wieder in die Spur zurückfinden sollen."