„Peter Pan“ wird 70: Der zeitlose Trickfilm ist das beste und schlechteste Disney-Werk

Der Film Peter Pan aus dem Jahr 1952 wird diese Woche 70 und er ist einer der bekanntesten und am meisten gefeierten Filme aus Disneys ursprünglichem Goldenen Zeitalter der Animation.

Disneys „Peter Pan“ kam 1953 in die Kinos. (Disney/Alamy)
Disneys „Peter Pan“ kam 1953 in die Kinos. (Disney/Alamy)

Doch abgesehen von seiner großen Nostalgie und den drolligen Figuren verkörpert diese farbenfrohe Adaption von J.M. Barries Geschichte über den Jungen, der nicht erwachsen werden wollte, wohl alles, was die Walt Disney Studios zu dem macht, was sie heute sind – im Guten wie im Schlechten.

Ein passendes Projekt für Walt Disney

Der amerikanische Trickfilmzeichner und Filmproduzent Walt Disney mit Plakaten einiger seiner Filme, um 1955. (Getty Images)
Der amerikanische Trickfilmzeichner und Filmproduzent Walt Disney mit Plakaten einiger seiner Filme, um 1955. (Getty Images)

Es war eine Geschichte, die Walt sehr am Herzen lag, ein Projekt, das er schon lange auf die Leinwand bringen wollte und das ursprünglich schon viel früher umgesetzt werden sollte. Es war ein Fall von "Kunst imitiert wahres Leben": Der Junge, der später einen Großteil seines Erwachsenenlebens mit jugendlichem Eskapismus verbringen sollte, war von Barries Geschichte eines fliegenden Kindes im Nimmerland fasziniert.

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Der junge Walt hatte zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder Roy die Peter Pan-Inszenierung eines Wandertheaters gesehen. Er war sofort fasziniert und gab später zu: „Ich habe viele Erinnerungen aus dem Theater mitgenommen, aber die aufregendste von allen war die Vision von Peter, wie er durch die Luft fliegt.“

Maude Adams in der Rolle des Peter Pan, um 1906. (Alamy)
Maude Adams in der Rolle des Peter Pan, um 1906. (Alamy)

Das Erlebnis hat Spuren hinterlassen. Maude Adams spielte Pan. Sie war eine Schauspielerin, die sich die Rolle später zu eigen machte, indem sie ihn in der Broadway-Premiere der Geschichte darstellte. Jahre später orientierte sich Walt direkt an Adams' unverwechselbarem Aussehen – mit rotem Haar, androgynen Zügen und spitzem, federverziertem Hut – , während er seine eigene Version von Barries Figur schuf.

Kurz nachdem er sie auf der Bühne gesehen hatte, bekam Walt sogar die Chance, selbst in einer Schulaufführung Peter Pan zu spielen und seinen Traum vom Fliegen durch die Lüfte zu verwirklichen. Leider verlief die Sache mit seinem Bruder Roy, der das Seilzugsystem bediente, nicht ganz nach Plan: „Ich flog direkt in die Gesichter der überraschten Zuschauer.“

Verzögerte Pläne

Der amerikanische Trickfilmzeichner und Produzent Walt Disney und die Figuren der sieben Zwerge aus „Schneewittchen“ im Jahr 1937. (Alamy)
Der amerikanische Trickfilmzeichner und Produzent Walt Disney und die Figuren der sieben Zwerge aus „Schneewittchen“ im Jahr 1937. (Alamy)

Ein paar Jahrzehnte später war Walt damit beschäftigt, die Welt des Trickfilms zu revolutionieren. Nachdem der erste Film seines Studios, Schneewittchen und die sieben Zwerge, 1937 mit einem Oscar ausgezeichnet worden war, wollten sich die Disney-Brüder ihren Kindheitstraum erfüllen und als nächstes Peter Pan auf die Leinwand bringen.

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Die Idee faszinierte sie so sehr, dass sie noch vor der Veröffentlichung ihres ersten Films mit der Entwicklung des Projekts begannen. Aufgrund von Rechteproblemen und mangelnden technischen Fortschritten in der Animationswelt, die für eine glaubwürdige Umsetzung der Geschichte erforderlich waren, wurde Peter Pan jedoch schnell auf Eis gelegt.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verzögerte die Arbeiten weiter, aber 1947 hatte sich das Studio endlich die Animationsrechte an dem Projekt gesichert, und die Produktion von Walts leidenschaftlichem Projekt konnte endlich beginnen.

Feenstaub

Ein altes Plakat für „Peter Pan“. (Alamy)
Ein altes Plakat für „Peter Pan“. (Alamy)

Disneys Peter Pan kam schließlich am 5. Februar 1953 in die US-amerikanischen Kinos und wurde von der Branche weithin gelobt. In der Presse wurde der Film als „ein weiteres Meisterwerk von Walt Disney“ bezeichnet, und in den vergangenen Jahrzehnten haben die lebensechte Animation, die beliebten Lieder und die umfassende Darstellung der Fantasie und des Spaßes von Barries Welt den Film zu DER Peter-Pan-Adaption schlechthin gemacht.

Es ist auch ein Film, der visuell viel von dem definiert hat, wofür das Unternehmen Walt Disney heute steht. Pans Feenfreundin Naseweis (engl. Original: Tinkerbell) wurde schon bald zum Maskottchen des Studios, das die Vorfilmszenen mit Feenstaub segnete und regelmäßig in den verschiedenen Parks auftauchte.

Walt Disney, Mitte, mit den Schauspielerinnen Ann Todd, dem Bühnen-Peter Pan von 1942; Margaret Lockwood, die ihn 1949 spielte, und Glynis Johns, die ihn 1943 verkörperte. (Daily Mail Contract Picture).
Walt Disney, Mitte, mit den Schauspielerinnen Ann Todd, dem Bühnen-Peter Pan von 1942; Margaret Lockwood, die ihn 1949 spielte, und Glynis Johns, die ihn 1943 verkörperte. (Daily Mail Contract Picture).

Eine ganze Generation wuchs mit den heute nostalgischen Liedern auf und gab sie an ihre eigenen Kinder weiter. Das beliebte Fahrgeschäft Peter Pan's Flight ist nach wie vor eine der wenigen Original-Disneyland-Attraktionen, die seit dem Eröffnungstag des kalifornischen Vergnügungsparks im Jahr 1955 ununterbrochen in Betrieb ist.

Doch mit dem Guten kommt auch Schlechtes.

Ein schwieriges Erbe

Tiger Lily mit dem Indianerhäuptling und Peter Pan in dem Disney-Trickfilm. (Alamy)
Tiger Lily mit dem Indianerhäuptling und Peter Pan in dem Disney-Trickfilm. (Alamy)

Die Darstellung der amerikanischen Ureinwohner in Peter Pan wurde nicht nur zum Rückgrat der Disney-Ästhetik, sondern ist auch eines der frühesten Beispiele dafür, dass das Studio kulturelle oder ethnische Gruppen in einem stereotypen und unauthentischen Licht darstellt.

Neben anderen berüchtigten Disney-Momenten wie der rassistischen Darstellung der Krähen in Dumbo (1941), den visuell anstößigen siamesischen Katzen in Aristocats (1970) und, nun ja, so ziemlich dem gesamten Live-Action-Animations-Hybrid Onkel Remus‘ Wunderland (1946) wirft Walts geliebter Pan kein gutes Licht auf das Studio, an dessen Gründung er so hart gearbeitet hat. Disney hat sich damit zu einem mitschuldigen Akteur einer eher unangenehmen Vergangenheit gemacht, mit der sich das Unternehmen seit Langem auseinandersetzen muss.

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Selbst die noch lebenden Animatoren haben sich zu diesem Thema geäußert. Der leitende Animator Marc Davis gab im Audiokommentar der Platin-Edition des Films zu: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir die Indianer eingefügt hätten, wenn wir den Film heute machen würden. Und wenn wir es getan hätten, würden wir sie nicht so zeigen, wie wir es damals gemacht haben.“

Wendy, Peter Pan, Kapitän Hook und Smee in „Peter Pan“. (Alamy)
Wendy, Peter Pan, Kapitän Hook und Smee in „Peter Pan“. (Alamy)

Tiger Lily, die Tochter des Nimmerland-Indianerhäuptlings wird in der kommenden Realverfilmung Peter Pan &Wendy von David Lowery zu sehen sein, obwohl sie in der späten Fortsetzung von 2002, Peter Pan: Neue Abenteuer in Nimmerland, nicht mehr dabei war.

Mit der indigenen Schauspielerin Alyssa Wapanatâhk, die diese Rolle spielen wird, und einer neuen Version von Barries klassischer Geschichte, die noch in diesem Jahr auf Disney+ erscheinen soll, hat die Faszination der Walt Disney Studios für Peter Pan nicht nur sieben Jahrzehnte überdauert, sondern soll auch in eine brandneue Ära übergehen.

Simon Bland