Tausende protestieren in Malmö gegen israelische Teilnahme am ESC

Vor dem zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) haben am Donnerstag in Malmö etwa 5000 Menschen friedlich gegen die Teilnahme Israels protestiert. Bei der Demonstration forderten sie den Ausschluss Israels von dem Musikwettbewerb. (Johan NILSSON)
Vor dem zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) haben am Donnerstag in Malmö etwa 5000 Menschen friedlich gegen die Teilnahme Israels protestiert. Bei der Demonstration forderten sie den Ausschluss Israels von dem Musikwettbewerb. (Johan NILSSON)

Vor dem zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) haben am Donnerstag in Malmö mehr als 10.000 Menschen friedlich gegen die Teilnahme Israels protestiert. Sie forderten den Ausschluss Israels von dem Musikwettbewerb. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu warf den Demonstranten eine "schreckliche Welle des Antisemitismus" vor.

Die Polizei gab die Teilnehmerzahl nach Abschluss der Demonstration mit 10.000 bis 12.000 an. Ursprünglich erwartet worden waren um die 30.000 Demonstranten.

Die israelische Sängerin Eden Golan sollte am Donnerstagabend im zweiten ESC-Halbfinale mit Künstlern aus 15 anderen Ländern auf der Bühne stehen und wollte um eines der verbliebenen zehn Tickets für das ESC-Finale am Samstag kämpfen. Golans Auftritt sorgt seit Wochen für Proteste, die Demonstration am Donnerstag war einer der Höhepunkte.

Auf den Plakaten forderten die Demonstranten einen Boykott Israels und kritisierten das israelische Vorgehen im Gazastreifen als "Genozid". Außerdem kritisierten die Demonstranten die Europäische Rundfunkunion EBU, weil Russland nach dem Angriff auf die Ukraine vom ESC ausgeschlossen wurde, Israel aber ungeachtet seines Vorgehens im Gazastreifen nicht.

Wie AFP-Reporter berichteten, blieb die Demonstration insgesamt friedlich. Eine 30-jährige Schwedin namens Hilda - ihren Nachnamen wollte sie nicht nennen - sagte: "Ich bin ein Fan des Eurovision Song Contest und es bricht mir das Herz, aber ich boykottiere." Sie habe keinen Spaß an dem Wettbewerb, wenn gleichzeitig im Gazastreifen Kinder sterben.

Der 29 Jahre alte Mustafa Mustafa sagte: "Die Leute sind zum Eurovision Song Contest hier, um zu feiern. Aber es gibt nichts zu feiern." Die Demonstranten marschierten durch die Hauptfußgängerzone Malmös. Auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg, die für ihre pro-palästinensischen Positionen bekannt ist, nahm neben vielen Familien daran teil.

Insgesamt bleibt das Bild in Malmö während des ESC gemischt. Neben dem wegen der Proteste gegen Israel deutlich erhöhten Polizeiaufgebot und deutlich strengeren Absperrungen als bei früheren Veranstaltungen gibt es in der Stadt aber auch das typische farbenfrohe Bild des Musikwettbewerbs. Aus vielen Ländern sind Fans angereist, die mit teils skurrilen Verkleidungen auf sich aufmerksam machen.

In Malmö lebt der Großteil der palästinensischen Gemeinschaft in Schweden. Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas vor mehr als sieben Monaten kommt es in der Stadt regelmäßig zu pro-palästinensischen Kundgebungen.

In einer Videobotschaft an Eden Golan wünschte Netanjahu der Starterin viel Glück. Sie habe bereits gewonnen, weil sie sich dem Antisemitismus entgegen stelle.

Die geforderte Neutralität des Musikwettbewerbs war bereits im ersten Halbfinale am Dienstag durch den schwedischen Sänger Eric Saade herausgefordert worden. Er hatte bei seinem Auftritt ein Plästinensertuch am Arm getragen, was von den Veranstaltern und dem schwedischen Fernsehsender SVT kritisiert wurde. Sie betonten den unpolitischen Charakter der Veranstaltung, die vor allem für ihre schrillen Auftritte bekannt ist.

"Es sollte Demonstrationen geben, die Menschen sollten ihre Meinung sagen, die Menschen sollten boykottieren", sagte dagegen Magnus Bormark, der mit seiner Gruppe Gate für Norwegen antritt. Gate hatte zuvor neben anderen Teilnehmern öffentlich zu einem dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen aufgerufen.

Der Krieg im Gazastreifen war am 7. Oktober durch den Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ausgelöst worden. 1170 Menschen wurden dabei laut israelischen Angaben brutal getötet, weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion geht Israel seitdem militärisch gegen Ziele im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bislang mehr als 34.900 Menschen getötet.

ran/jes