Umsturz geplant? - Prozess um Reuß-Gruppe startet
Frankfurt (dpa) - Sie sollen einen gewalttätigen Umsturz in Deutschland geplant haben: Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt startet am 21. Mai der Prozess gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Dies teilte das Gericht mit. Mit auf der Anklagebank sitzen die mutmaßlichen Rädelsführer. Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft planten sie als terroristische Vereinigung eine neue Ordnung in Deutschland. Weitere Prozesse gegen die Gruppe gibt es München und Stuttgart.
Die Bundesanwaltschaft lege den neun Angeklagten in Frankfurt zur Last, Mitglied in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben, hieß es vom Gericht. Ziel sei es gewesen, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Vereinigung soll ab August 2021 einen Umsturz geplant und konkret vorbereitet haben. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes habe die Anklage mit Beschluss vom 22. März zur Hauptverhandlung gegen neun Angeklagte zugelassen.
Im Dezember 2022 hatte es eine großangelegte Anti-Terror-Razzia in mehreren deutschen Bundesländern und im Ausland gegen die Gruppe gegeben. Die Bundesanwaltschaft klagte insgesamt 27 Verdächtige an. In dem Prozess in Frankfurt geht es um mutmaßliche Rädelsführer, in Stuttgart um den sogenannten militärischen Arm und in München um die übrigen mutmaßlichen Mitglieder. Die sogenannten Reichsbürger in Deutschland behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert, daher ihr Name. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.
Das hatte die Vereinigung vor
Laut Bundesanwaltschaft planten die Beschuldigten, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Unter den Verdächtigen sind auch Soldaten und eine frühere Abgeordnete der AfD.
Die Beschuldigten sollen bei ihren Umsturzplänen bewusst Tote in Kauf genommen haben. Strukturen für eine eigene Staatsordnung sollen sie in Grundzügen schon ausgearbeitet haben. Als Staatsoberhaupt hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß fungieren sollen. Auch Ressorts einer möglichen Regierung seien schon verteilt gewesen. Zentrales Gremium der Gruppe war Ermittlern zufolge ein «Rat». Eine Übergangsregierung hätte mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs eine neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandeln sollen.
Für den mutmaßlich geplanten Umsturz sollen gezielt Soldaten und Polizisten angesprochen worden sein, hatte die Bundesanwaltschaft früher mitgeteilt. Die Vereinigung hatte nach Angaben der Ankläger «Zugriff auf ein massives Waffenarsenal» mit rund 380 Schusswaffen, 350 Hieb- und Stichwaffen, fast 500 weiteren Waffen und 148.000 Munitionsteile.
Dieses Waffenarsenal sollte der Bundesanwaltschaft zufolge nicht nur zur Einschüchterung dienen. Es sei den Beteiligten bewusst gewesen, «dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre». Teil der Pläne waren demnach auch «Feindeslisten» von Funktionsträgern auf Bundes-, Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene. Mitglieder und Interessenten mussten laut der Karlsruher Behörde eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. «Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden», hatte die Behörde mitgeteilt.