Rechter Wahlerfolg in Bremen: Wer sind die Bürger in Wut?

Wer nicht aus Bremen kommt, dürfte bislang kaum von den "Bürgern in Wut" gehört haben. Doch bei den Bürgerschaftswahlen holten sie dort nun fast zehn Prozent und wollen nun expandieren.

Piet Leidreiter (M), Spitzenkandidat der Wählervereinigung Bürger in Wut, klatscht nach Bekanntgabe der ersten Prognose für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft bei der Wahlparty der BiW. (Foto: Philip Dulian/dpa)
Piet Leidreiter (M), Spitzenkandidat der Wählervereinigung "Bürger in Wut", klatscht nach Bekanntgabe der ersten Prognose für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft bei der Wahlparty der BiW. (Foto: Philip Dulian/dpa)

Bei den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft im Jahr 2019 hatten die "Bürger in Wut" (BiW) lediglich 2,4 Prozent der Stimmen geholt. Das Ende der rechten Splitterpartei schien schon fast eingeläutet, eine angekündigte Teilnahme an den Europawahlen fand schon nicht mehr statt. Doch das hat sich nach dem vergangenen Sonntag grundlegend geändert. Denn die BiW holte laut der vorläufigen Wahlergebnisse 9,5 Prozent der Stimmen und dürfte damit neun Abgeordnete ins Landesparlament schicken - so viele, wie nie zuvor eine rechte Partei in Bremen.

AfD-Formfehler öffnet Weg für Wahlerfolg der "Bürger in Wut"

Der historische Wahlerfolg lässt sich vor allem durch die Abwesenheit der AfD erklären. Aufgrund interner Querelen hatte die AfD zwei konkurrierende Kandidatenlisten aufgestellt. Dies führte letztlich dazu, dass der Landeswahlausschuss keine der Listen zuließ. Die AfD hat angekündigt, noch juristisch gegen den Wahlausschluss vorzugehen. Vorerst aber verlor sie zahlreiche ihrer Wähler*innen an die BiW. In einer Umfrage von Infratest dimap gaben mehr als die Hälfte der BiW-Wähler*innen an, die Partei nur gewählt zu haben, weil die AfD nicht vertreten gewesen sei. Bei der Wahl 2019 holte die AfD in Bremen immerhin 6,1 Prozent, war aber bereits damals intern heillos entzweit. Aber auch andere Parteien verloren nun Stimmen an die "Bürger in Wut". 3.500 Stimmen kamen allein von vorherigen CDU-Wähler*innen, dazu entschieden sich 2.500 ehemalige Nichtwähler*innen für die BiW.

Die Grafik zeigt den steilen Aufstieg der Bürger in Wut (BiW) bei den Bremer Bürgerschaftswahlen. (Bild: dpa)
Die Grafik zeigt den steilen Aufstieg der "Bürger in Wut" (BiW) bei den Bremer Bürgerschaftswahlen. (Bild: dpa)

BiW als Nachfolger der "Schill-Partei"

Seit 2004 gibt es die "Bürger in Wut" bereits. Sie hatten sich aus dem Landesverband der "Schill-Partei" heraus gegründet. Diese war vom ehemaligen Zweiten Bürgermeister Hamburgs, Ronald Schill gegründet worden. Der rechtskonservative Jurist war in der Hansestadt wegen seiner harten Urteile als "Richter Gnadenlos" bekannt und 2001 an der Seite der CDU ins Rathaus eingezogen. Nach diversen Eklats musste Schill den Hamburger Senat verlassen und auch seine "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" verschwand in der Bedeutungslosigkeit.

In Bremen gründete sich dann unter Jan Timke die Partei der "Bürger in Wut". Bislang hatte sie allerdings nur in Bremerhaven geschafft, die Fünfprozenthürde zu überspringen. Aufgrund des besonderen Wahlrechts in Bremen hatten sie dennoch ein Mandat in der Bürgerschaft inne.

Konservativ und rechtspopulistisch

Die Partei versteht sich als konservativer Mittelweg zwischen CDU und AfD. Dabei geht es in den Wahlinhalten oft um Fragen der Zuwanderung. Einer der Slogans auf den Bremer Wahlplakaten der BiW lautete beispielsweise: "Messerstecher konsequent abschieben". In einem Rundbrief hatte Spitzenkandidat Piet Leidreiter behauptet, Bremen sei "durch Jugendliche und Kinder aus Marokko, Tunesien und Algerien" zu einer "Hochburg des Verbrechens", auch wenn die offiziellen Daten des Senats dies nicht belegen.

Dabei versucht die Partei immer wieder öffentlich, sich vom Extremismus der AfD abzugrenzen. Heiko Werner, einen Kandidaten, der nachweislich an rechtsextremen Veranstaltungen teilgenommen hatten, schloss die BiW aus. Allerdings erst, nachdem die "taz" und mehrere weitere Medien darüber berichtet hatten. Leidreiter ist selbst ehemaliges AfD-Mitglied. Ebenso wie Sven Schellenberg, der Listenzweite. An dritter Stelle kandidierte André Minne, der Verbindungen zu Mitgliedern der rechten Szene pflegt, wie die "taz" berichtete.

Kann die BiW auch deutschlandweit Erfolg haben?

Finanziell unterstützt wird die BiW unter anderem vom "Bündnis Deutschland". Die konservative Kleinstpartei, die sich im November 2022 gegründet hatte, soll der BiW nach Medienberichten mit etwa 300.000 Euro im Wahlkampf geholfen haben.

Nach dem Wahlerfolg in Norddeutschland hofft man bei der BiW nun, die Partei auch deutschlandweit etablieren zu können. Nach dem Wahlerfolg können man "den politischen Wirkungskreis für unsere Mitglieder über die Grenzen des Landes Bremen hinaus erweitern", sagte Parteigründer Timke. Zwar gab es auch schon zuvor Bestrebungen, in Berlin und Hamburg Ableger der BiW aufzubauen, zu Wahlen traten sie allerdings in beiden Bundesländern bislang nicht an.