Roger Cicero: Trennung und Transformation

Roger Cicero: Eine persönliche Krise färbt auf seine Musik ab - und macht alles neu. Foto: Mathias Bothor

Der Paradiesvogel unter den Jazz-Sängern hat es nicht leicht. Fast nie wird Roger Cicero nur nach seiner Musik bewertet. Allein an seinem exzentrischen Modegebaren haben sich Kritiker erschöpfend abgearbeitet.

Etwa bei der Veröffentlichung des Albums «Artgerecht», für das sich der Swing-Gockel in knallrotem Anzug fotografieren ließ - passenderweise mit Hahn auf dem Arm. Nicht umsonst kürte ihn die Frauenzeitschrift «Emma» einmal zum «Pascha des Monats».

Auch bei dem neuen Album «Was immer auch kommt» kann die Sinnsuche an der Oberfläche weitergehen. Nun aber schlägt Cicero leisere Töne an. Sein schillerndes Kostüm hat er abgelegt, ganz in dunkle Kleidung gehüllt blickt der Sänger auf dem Cover-Foto relaxt und irgendwie in sich gekehrt in die Kamera. Und doch hat er noch immer sein Markenzeichen - den Hut - auf.

Auf seinem fünften Studioalbum bewegt sich der als «Mr. Swing» bekannte Hamburger weit weg vom satten Bigband-Sound. Die unaufdringliche Hintergrund-Begleitung von Gitarre und Keyboard hat die donnernden Einwürfe von Bläser-Ensembles ersetzt. Auf der neuen Platte löst Radio-Pop den spielerischen Cicero-Jazz früherer Tage ab. Seine sanfte Stimme steht im Vordergrund, was die Bedeutung der Texte zusätzlich unterstreicht. Vor allem in den vielen autobiografischen Songs zeigt sich der Interpret von einer bislang unbekannten, verletzlichen Seite.

In 13 Titeln verarbeitet er eine Phase der tiefgreifenden Veränderung: von Selbstfindung, der eigenen Sterblichkeit bis hin zu familiärem Neustart und Vaterglück reichen die Themen. Das Leitmotiv aber ist die Trennung von seiner Partnerin und Mutter seines fünfjährigen Sohnes. Der Bruch seiner Beziehung bedeutet gleichzeitig einen mit dem eigenen künstlerischen Werk. Seit dem Album «Männersachen» war der Sänger bisher bekannt für glatt gebügelte Swing-Melodien, ironische Wortspiele und gelegentliche Seitenhiebe auf Geschlechter-Klischees.

«Für mich ist es kein Trennungs-, sondern ein Transformationsalbum. Es geht darum, wie man mit Veränderung umgeht, das ist die Haupt-Message», sagte Cicero der Nachrichtenagentur dpa. Die Arbeit sei ihm und seinem Team an die Substanz gegangen: «Meine Mitschreiber habe ich teilweise in den absoluten Wahnsinn getrieben, weil ich Strophen und Songs weggestrichen und verworfen habe - und sagte: Das müssen wir neu machen.»

Die Geschichte des Roger Cicero ist auch die Geschichte eines Stehaufmännchens. Zu Beginn hatte es den heute 43-Jährigen zum Jazzgesang-Studium nach Amsterdam gezogen. Mit Clubauftritten hielt sich der Sohn des Jazz-Pianisten Eugen Cicero am Anfang seiner Musikkarriere zunächst mühsam über Wasser. Erst mit knapp 36 Jahren schaffte er - durch die Bekanntschaft mit Texter Frank Ramond und Komponist Mathias Hass - mit «Männersachen» den Durchbruch. Später trat er beim «Eurovision Song Contest» für Deutschland in Helsinki an.

«Ich hatte nie einen Plan B», sagte Cicero dem Radiosender Bayern 1, «auch in schwierigen Zeiten war es immer so, dass es keine Alternative gab, außer: Weitermachen!» Von Durchhalteparolen ist auch sein neues Album geprägt: «Hab die Kontrolle verlor'n, bin gekentert im Sturm und zum ersten Mal schau ich nur nach vorn», singt er in seiner ersten Single-Auskopplung «Wenn es morgen schon zu Ende wär'».

Die erste Begegnung mit dem neuen Freund der Ex behandelt er augenzwinkernd in dem Song «So sieht man sich wieder» - aber auch das schmerzhafte Gefühl einer Trennung im beiderseitigen Einverständnis wird an anderer Stelle thematisiert. Und doch, «Glück ist leicht», so die Erkenntnis in dem gleichnamigen Lied: «Glück ist ein warmes Gefühl, das sich im Brustkorb ausbreitet und was mit einer großen Ruhe einhergeht. Eine Einsicht, die lange auf sich hat warten lassen. Oder besondere Momentaufnahmen, wie ich sie im Titel «Glück ist leicht» beschreibe. Dieses Gefühl ist im Leben kein Dauerzustand, man kann jedoch zufrieden und ein ausgeglichener Mensch sein.»

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