Sahra Wagenknecht blinkt mal wieder rechts

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Die Linken-Fraktionschefin setzt Kritiknoten zur Flüchtlingspolitik. Nicht, um diese zu verbessern. Sondern um sich abzusetzen. Nach vorn gedacht ist das nicht.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Sahra Wagenknecht erinnert an eine Autofahrerin, die hinter einem ständig rechts blinkt, und dann doch nicht überholt – weder links noch rechts. Das richtet keinen Schaden an, verunsichert aber. Vor allem hilft es der Fahrerin nicht.

Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag ist eine Ankündigungspilotin. Allein mit dem Blinker wirbt sie um Zustimmung. Das sieht so aus: Die Ereignisse der vergangenen Tage zeigten, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern „mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‘Wir schaffen das’ uns im letzten Herbst einreden wollte“, schrieb sie in einer Presseerklärung.

Der Staat müsse jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in Deutschland wieder sicher fühlen könnten. „Das setzt voraus, dass wir wissen, wer sich im Land befindet und nach Möglichkeit auch, wo es Gefahrenpotenziale gibt“, schreibt Wagenknecht weiter.

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Da drängt sich schon die Frage auf, ob Wagenknecht in den Kopf von Angela Merkel geschaut hat, als die Kanzlerin im vergangenen Herbst ihr historisches „Wir schaffen das“ sagte. Die CDU-Chefin sagte den Satz als Ansporn und Ermutigung, auch in dem Wissen, dass das Land die Aufnahme der Flüchtenden schaffen wird. Nirgendwo gibt es einen Beleg, dass die Bundesregierung die Folgen der sogenannten Willkommenspolitik unterschätzt hätte. Leichtfertig war da gar nichts, vielleicht war die pauschale Ablehnung einer Aufnahmepolitik von Seiten nicht weniger Politiker leichtfertig.

Wagenknecht aber geht es nur ums Sticheln. Und spuckt dabei in die Suppe. Denn dass psychische Probleme bei den traumatisierten Geflohenen in Gewalttaten ausarten können, ist eine Befürchtung von Anfang an bei all jenen gewesen, die sich ernsthaft mit deren Lage auseinandersetzen. Ironischerweise sind es CSU-Politiker wie Markus Söder gewesen, welche die Kosten bei der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten kritisiert haben – also wollen, dass noch weniger hingeschaut wird. Doch das Gegenteil muss unternommen werden.

Das ist Wagenknecht womöglich schon zu detailliert, sie attestiert, dass die Menschen in Deutschland sich nicht mehr sicher fühlen würden. Hm. Natürlich verunsichern Anschläge und Amokläufe. Aber sind wir – schon – in einer Lage, in der wir 80 Millionen Deutsche uns unsicher fühlen, also morgens aufwachen und uns fragen: Huch, hoffentlich begegnet mir heute kein Selbstmordattentäter…?

Wo sind die Arbeiter geblieben?

Wagenknecht übertreibt. Sie tut dies, weil sie eine Stammwählerschaft locken will, die der Partei flieht, nämlich die Arbeiter. Die denken weitaus nationaler und patriotischer als die Linken. Während die Linke internationale Solidarität hochhält, die Liberalität regionaler Beziehungen, denkt mancher ihrer Wähler das Gegenteil.

Dass die Linke sich um die Arbeiter bemüht, liegt in der Natur der Dinge. Aber Wagenknecht betreibt einen Etikettenschwindel, denn sie flüstert nur populistisch und bleibt letztlich eine linke Politikerin. Im Zweifel nehmen Wähler, denen Rechtspopulismus gefällt, das Original.

Der Linken, aber auch der SPD und den Grünen sollte klar sein, dass sie woanders Boden gut machen können. Was der Arbeiter will, ist Sicherheit. Das ist und wird in Zukunft vor allem soziale Sicherheit sein. Doch in der Sozialpolitik sind die drei Parteien nicht gerade lautstark unterwegs.

Des Weiteren pflegen die drei Parteien, die mittelfristig eine Koalition anstreben werden, ein zuweilen verkrampftes Verhältnis zu Begriffen wie „Heimat“ oder „Region“. Wer diese beiden positiv besetzt, ist nicht gleich ein Nationalist. Es wird indes darum gehen, Heimat als einen bleibenden Wert zu sehen, dessen Ausgestaltung sich immer änderte und sich ändern wird – mit oder ohne zu uns fliehende Menschen.

Über alles weitere, was Wagenknecht fordert, lässt sich natürlich reden. Ein besseres Monitoring jener, die zu uns kommen – warum nicht? Eine Aufstockung der Polizei, weil ihre Aufgaben wachsen – warum nicht? Nur sollte die Kirche im Dorf bleiben. Wagenknecht kann im Auto dann auch gern eine Ehrenrunde um sie drehen.

Bild: dpa

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