"Schwuchtel!" - TV-Promi David Lovric im Interview zu Homophobie durch Bahn-Personal

Die Deutsche Bahn legt besonderen Wert darauf, als tolerantes und weltoffenes Unternehmen gesehen zu werden, das sich klar zu LGBTQIA+ bekennt. Sogar ein eigener ICE hat ein Regenbogendesign erhalten.

ICE Regenbogen
Homophobie bei der Deutschen Bahn? (Bild: Deutsche Bahn)

In der Nacht zum Freitag stand dieser ICE leider nicht in Köln, sondern im Depot in München, um sich erst am Morgen auf den Weg Richtung Düsseldorf, mit Halt in Köln-Messe/Deutz zu machen. Weit weg also, um das Personal der DB-Sicherheit an die Worte des Bahnchefs Dr. Richard Lutz zu erinnern, die er 2021 per Pressemitteilung verkünden lies: "Denn hier geht es nicht um Symbolik, sondern um Haltung, gesellschaftliches Miteinander und konkrete Lebensbedingungen. Bei der DB ist Vielfalt Teil unserer Identität und fest in der Konzernstrategie verankert. Denn es liegt in unserer DNA, Menschen zusammenzubringen, Begegnung und Austausch zu fördern."

Von dieser "Haltung" spürte der queere TV-Promi und Make-Up Artist David Lovric jedenfalls nichts, als er um 1.15 Uhr den Kölner Hauptbahnhof verlies. Yahoo! Nachrichten konnte mit ihm ausführlich sprechen.

Portrait David Lovric
Portrait David Lovric.

David, in der Nacht hast du in deiner Instagram-Story öffentlich gemacht, dass du beim Verlassen des Kölner Hauptbahnhofs durch Personal der Deutschen Bahn homosexuellenfeindlich beleidigt worden bist. Was ist genau passiert?

Beim Verlassen des Hauptbahnhofs merkte ich, wie sich 5-6 Mitarbeitende der DB Sicherheit schnell in meine Richtung drehten. Ein Mitarbeiter rief dann laut "Schwuchtel", was die restlichen Mitarbeitenden dazu animierte, laut loszulachen. In Verbindung mit Finger auf mich zeigen etc.. Also alles in allem eine absolut unangenehme Situation.

Hast du die Beleidigung als "Schwuchtel" auf dir sitzen lassen oder hast du reagiert?

Im ersten Moment war ich perplex und habe nicht realisiert, dass so eine Beleidigung von Sicherheitspersonal der Deutschen Bahn kam, jedoch war niemand anderes zu dem Zeitpunkt dort und nach einigen Metern drehte ich mich um und konterte "so was in Köln und dann auch noch von euch? Wow, das habe ich nicht erwartet."

Wie war die Reaktion auf deine Ansage?

Sie waren perplex, dass ich überhaupt etwas konterte. Alle verstummten. Als ich weiterlief, hörte ich aber wieder Gelächter.

Ist es klassische toxische Männlichkeit, die hier eine Rolle spielt oder geht das Problem tiefer?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier das gesellschaftliche Bild eines "maskulinen Mannes" eine große Rolle spielt. Häufig liegt der Fehler da auch schon in der Erziehung und in fehlender Weiterbildung seitens des Staates, aber auch der Deutschen Bahn, welche parallel aber große Kampagnen betreibt, in der sie sich selber als diverse und Pride/LGBTQIA+ Ally darstellt. Es ist 2022, ein geschminkter Mann sollte niemanden mehr animieren, irgendwelche Beleidigungen rauszubrüllen.

Für Köln, der Stadt, die wie keine andere mit der queeren Bewegung in Verbindung gebracht wird und für Toleranz und Weltoffenheit steht, ist dieser Vorfall umso erschreckender. Nehmen diese Übergriffe zu? Wenn ja, woran liegt das?

Leider merke ich, wie stark es sich häuft, vorallem nach den vorherigen Lockdowns durch die Pandemie. Ich denke hier auch, dass es noch mehr LGBTQIA+ Menschen gibt, die aber aufgrund des Zuhause Sitzens sich nicht trauen, zu sich selber zu stehen und dann solche Beleidigungen raushauen, um damit sich toxisch zu stärken und krampfhaft versuchen, alle in ihrem Umfeld von ihrer eigenen sexuellen Orientierung abzulenken.

Mir wurde bereits die Nase gebrochen in homophoben übergriffen, ich werde regelmäßig in ÖPNV beleidigt und auch ab und zu angespuckt - weswegen ich meist darauf verzichte und auf Uber/Taxi und Co, umsteige.

Vor dem Hintergrund ICE-Regenbogenlackierung. Kann man deiner Meinung nach bei der Deutschen Bahn von "Pinkwashing" sprechen, also einer reinen Marketingmaßnahme, um nur tolerant zu wirken, ohne dass es von den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelebt wird?

Ich kann und will hier nicht mutmaßen, inwiefern intern im Konzern das wirklich als Firmenphilosophie gelebt oder weitergebildet wird. Aber dem Anscheinen nach zu urteilen, würde ich an dieser Stelle auch von Pinkwashing sprechen, um lediglich der jungen, sehr viele offeneren Generation wieder Lust auf das Produkt/ die Dienstleistung zu machen, indem das Gefühl von Support und Sicherheit vermittelt wird.

Was erwartest du jetzt von der Deutschen Bahn?

Ich wünsche mir ein Statement/das Offenlegen von gegebenenfalls internen Weiterbildungen oder ein Gespräch mit einem Diversitybeauftragten - insofern es so was gibt. Falls nicht, wird es dringend Zeit, eine solche Position zu schaffen und genau das Problem an der Wurzel zu behandeln. Möglicherweise auch mit Stichproben und in Zusammenarbeit mit LGBTQIA+ Aktivist*innen oder Hilfsorganisationen.

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