Seidenberg nennt das Geheimnis des Eishockey-Wunders

Yannic Seidenberg schoss Deutschland mit seinem Tor in der Overtime gegen Schweden ins Olympia-Viertelfinale gegen Schweden

Bei einem Strandspaziergang am Donnerstagmorgen versuchten die deutschen Eishockey-Spieler, ihren historischen Olympia-Coup zu begreifen.

Mit 4:3 nach Verlängerung hatte das Team von Marco Sturm am Abend zuvor in einem hochdramatischen Viertelfinale Weltmeister Schweden bezwungen. Vor dem Halbfinale gegen Kanada am Freitag (ab 13 Uhr im LIVETICKER) fehlt nur noch ein Sieg zu einer Medaille. SERVICE: Der eitplan des Olympischen Eishockey-Turniers

Während seine Teamkollegen am Donnerstagmittag im Olympischen Dorf entspannten, schaute Yannic Seidenberg kurz im Deutschen Haus vorbei.

SPORT1 sprach mit dem DEL-Profi vom EHC Red Bull München über den historischen Coup, das Erfolgsgeheimnis des deutschen Teams und seine Erwartungen an das Duell mit Kanada.

SPORT1: Herr Seidenberg, was war nach dem Spiel noch bei Ihnen los?

Yannic Seidenberg: Als wir in die Kabine gekommen sind, war es pure Freude. Wir konnten es alle nicht begreifen, was wir da geschafft haben. Wir haben aber an uns geglaubt und sind zu dem Turnier gefahren, um Spiele zu gewinnen. Wir wussten, dass es nicht leicht wird, aber wir kämpfen von der ersten bis zur letzten Sekunde - das zeichnet uns aus.

SPORT1: Sie haben direkt nach dem Spiel auch von Genugtuung gesprochen. Wie haben Sie das gemeint?

Seidenberg: In der Emotion nach dem Spiel habe ich glaube ich gesagt, dass viele nur darauf gewartet hätten, dass man wieder über das deutsche Eishockey lächeln kann. Es ist leider so, dass in Deutschland im Fernsehen fast nur Fußball zu sehen ist. Wir bekommen nicht wirklich viel Aufmerksamkeit - und wenn, dann ist es beim Eishockey meistens mit Negativschlagzeilen verbunden.

SPORT1: Wie groß ist jetzt die Freude über das hier in Pyeongchang schon Erreichte?

Seidenberg: Wir freuen uns riesig! Gerade für mich hat es ewig gedauert, bis ich endlich mal zu Olympia kommen durfte. Dass es dann so verläuft, da träumt man natürlich von. Es ist einfach nur unglaublich!

SPORT1: Drei Siege hintereinander nach Overtime oder Penaltyschießen - was ist das Geheimnis dahinter?

Seidenberg: Bei uns in der Kabine hängt ganz groß als Schild das Motto "Glaube!". So sind wir in jedes Spiel reingegangen. Ein Spiel muss nicht immer in den ersten fünf Minuten gleich entschieden werden. Das Wichtigste im Eishockey ist, die Kleinigkeiten richtig zu machen. Am Ende war dann sicherlich der unbedingte Wille, das Spiel gewinnen zu wollen, der ausschlaggebende Punkt.

SPORT1: Norwegen, Schweiz, Schweden, jetzt Kanada - von Spiel zu Spiel werden die Gegner immer stärker. Was erwarten Sie für ein Spiel gegen die Kanadier?

Seidenberg: Von Kanada können wir extrem hartes Forechecking erwarten und sie werden versuchen, die Checks zu Ende zu fahren. Die Schweden kommen oft mit einer zweiten Welle und kreuzen viel, Kanada wird deutlich gradliniger spielen. Sie bringen viele Scheiben zum Tor, da müssen wir bereit sein, nach dem Schuss die Rebounds vor dem Tor wegzuräumen.

SPORT1: Sie waren an den ersten Wettkampftagen viel bei anderen Sportarten, unter anderem beim Biathlon und Skispringen. Inwiefern hat Sie das auch auf Ihr eigenes Turnier eingestimmt?

Seidenberg: Wir hatten am Anfang ja noch viel frei und wussten, dass wir nicht mehr viel Zeit dafür haben, wenn unsere Spiele erst mal losgehen. Deswegen wollten wir das am Anfang mitnehmen, das Gefühl erleben, zumal von unserer Mannschaft ja noch nicht viele bei Olympia waren. Es war schön, die anderen Sportarten mal live zu sehen und die Jungs und Mädels zu unterstützen. Da hat man dann schon gemerkt, dass man bei Olympia ist - und was das für eine einmalige Chance ist, hier dabei zu sein.

SPORT1: Im Gegenzug kommen jetzt auch viele Sportler zu Ihren Spielen - gegen Schweden waren unter anderem die Skispringer Karl Geiger und Markus Eisenbichler in der Halle. Wie sehr freuen Sie sich über die Unterstützung?

Seidenberg: Das ist natürlich superschön! Ich habe gehört, dass so viele Leute Tickets wollen, dass es schon fast keine mehr gibt. Es ist schön zu sehen, dass die Jungs und Mädels sich auch für unseren Sport interessieren und uns von der Tribüne so lautstark unterstützen. Das pusht uns gerade bei solchen Spielen natürlich noch mal nach vorne. Hoffentlich werden morgen auch wieder viele da sein.

SPORT1: Auch in Deutschland fiebern um die Mittagszeit immer mehr Menschen mit. Was dürfen die Leute zuhause gegen Kanada von der deutschen Mannschaft erwarten?

Seidenberg: Sie können sicher sein, dass sie von Anfang an unser bestes Eishockey sehen werden. Mit einem Sieg hätten wir eine Medaille sicher, dafür werden wir alles geben.