"Seit der Corona-Krise habe ich mehr gearbeitet als zuvor"

KĂŒnstler zu sein, ist derzeit nicht leicht: Geschlossene Theater und vertagte Dreharbeiten bedrohen viele Existenzen. Anders lĂ€uft es bei der Schauspielerin Isabell Horn: Dank ihrer Rolle in "Bettys Diagnose" hat die 36-JĂ€hrige mehr zu tun als sonst. Wie sie diese Herausforderung meistert, verrĂ€t Horn im Interview.

Die meisten dĂŒrften sie als Pia Koch kennen: Von 2009 bis 2016 spielte Isabell Horn die gleichnamige Rolle erst in der RTL-Daily "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", dann in der RTL-Daily "Alles was zĂ€hlt". Nach ihrem Ausstieg machte sich die gebĂŒrtige Bielefelderin im Fernsehen eher rar. Stattdessen war die inzwischen zweifache Mutter als Influencerin auf Instagram unterwegs. Doch nun besinnt sich Horn auf ihre Kunst zurĂŒck: In "Bettys Diagnose" (ab Freitag, 11. Dezember, wöchentlich um 19.25 Uhr im ZDF) ĂŒbernimmt die inzwischen 36-JĂ€hrige die Rolle der Rike. Wie fĂŒhlt es sich an, nach so langer Zeit zurĂŒck ans Set zu kommen? Und mit welchem Kollegen wĂŒrde sie gerne mal zusammenarbeiten? Das und mehr verrĂ€t Horn im Interview.

teleschau: In "Bettys Diagnose" spielen Sie eine Krankenschwester. WĂ€re dieser Beruf auch etwas fĂŒr Sie gewesen?

Isabell Horn: (lacht) Nein. Ehrlich gesagt gar nicht. Ich habe großen Respekt vor diesem Beruf und finde es ganz toll, was die Krankenschwestern und Ärzte leisten. Aber ich kann ĂŒberhaupt kein Blut sehen und keine Spritzen. Ich bin sowohl beim Impfen als auch beim Blut abnehmen in Ohnmacht gefallen. Umso schöner ist es, dass ich jetzt eine Krankenschwester spielen darf, denn fĂŒr mich ist das ein bisschen wie eine Angsttherapie.

teleschau: War diese Abneigung gegenĂŒber Blut wĂ€hrend der Dreharbeiten hinderlich?

Horn: Es ist nicht ganz so schlimm. Ich sage mir auch immer wieder: "Das ist kein echtes Blut, das ist nur Kunstblut. Isa, wir spielen das hier nur. Das ist nicht echt!" Am Anfang war es trotzdem komisch. Allein schon diese AtmosphĂ€re im Krankenhaus. Das ist alles sehr realistisch. Da bekommt man schon erst einmal so ein beklemmendes GefĂŒhl. Man wird auch an Krankenhausbesuche erinnert, die man im Laufe seines Lebens schon hatte, oder an Operationen. Das sind alles keine Dinge, die man freiwillig gerne macht. Aber mittlerweile habe ich echt Freude daran gefunden. Es klappt auch alles immer besser. Meine Mama ist Altenpflegerin. Sie hat mir ein paar Griffe gezeigt und mit mir zu Hause ein bisschen geĂŒbt.

teleschau: Was zeichnet in Ihren Augen eine gute Krankenschwester aus?

Horn: Eine gute Krankenschwester ist liebevoll mit ihren Patienten, hat fĂŒr alle ein Ohr, ist aber auch sehr professionell. Sie reagiert schnell und behĂ€lt alles im Überblick. Kurzum: Eine Krankenschwester muss wirklich einiges leisten. Das betrifft nicht nur den medizinischen Aspekt, sondern auch die menschliche Ebene. Alles in allem ist die BeschĂ€ftigung also sehr umfangreich.

teleschau: Wird diese besondere Leistung, die PflegekrĂ€fte Tag fĂŒr Tag erbringen, ausreichend gewĂŒrdigt?

Horn: Nein, das wird es nicht. Ich kenne zwar niemanden, der als Krankenschwester arbeitet, aber ich kenne Menschen in der Altenpflege, und auch dort wird es nicht ausreichend gewĂŒrdigt: Es ist wirklich großartig, was PflegekrĂ€fte da leisten, und sie mĂŒssten dafĂŒr eigentlich vielmehr verdienen.

Findet es mehr Anerkennung, dass Frauen arbeiten?

teleschau: Bei ihrem ersten Auftritt eckt Ihre Figur Rike nicht nur mit Schwester Betty, sondern auch mit Frau Doktor von Arnstett an, die sagt: "Ich habe studiert. Sie nicht." Haben Sie schon einmal eine vergleichbare Situation erlebt?

Horn: (ĂŒberlegt) Nein, zum GlĂŒck habe ich das nicht. Allerdings muss man dazu sagen, dass ich auch immer sehr nette Kollegen hatte. NatĂŒrlich ist das nicht schön, wenn man so etwas hört. Aber die Rike kann darĂŒber stehen. Sie ist ja auch nicht auf den Mund gefallen und selbstbewusst. Ich glaube, es macht ihr unbewusst sogar ein bisschen Spaß, Dr. von Arnstett Kontra zu geben. Mir macht es auch unglaublich viel Spaß, mit Claudia Hiersche zu drehen.

teleschau: Wie denken Sie privat ĂŒber derartige Aussagen?

Horn: Es ist natĂŒrlich eine Frage, wie man selbst mit solchen Aussagen umgeht. Steht man darĂŒber oder krĂ€nkt einen das wirklich? Und wenn es einen krĂ€nkt, warum tut es das? Liegt das vielleicht daran, dass man selbst ein bisschen unsicher ist? Ansonsten können einen außenstehende Menschen ja auch gar nicht so angreifen. NatĂŒrlich können die Leute so etwas sagen, aber was macht das am Ende mit mir? Lass ich mich ĂŒberhaupt angreifen?

teleschau: Allgemein scheinen Sie wenig auf die Meinung anderer zu geben: Erst kĂŒrzlich posteten Sie auf Instagram einen Beitrag, in dem Sie sich darĂŒber aufregen, dass sich manche Menschen negativ ĂŒber arbeitende MĂŒtter auslassen ...

Horn: Ich habe das einfach mal in den Raum gestellt, denn ich liebe den Austausch mit meiner Community. Auf meinen Account spreche ich Themen an, die mich bewegen. Zum Beispiel möchte ich zeigen, dass Eltern sein manchmal ein bisschen schwierig ist und dass ich auch nicht immer weiter weiß. So etwas offen anzusprechen, finde ich gut, und ich bekomme auch positives Feedback dazu. Man merkt, man ist nicht allein. Wir wollen alle das Beste fĂŒr unsere Kinder. Deshalb soll man sich nicht gegenseitig verurteilen, sondern eher unterstĂŒtzen. Ich finde es toll, meinen Kindern vorzuleben, dass die Mama eben auch arbeiten geht. Es gibt nicht nur das klassische Familienmodell, in dem der Papa Karriere macht. Aber am Ende muss jede Familie fĂŒr sich entscheiden, was das Beste fĂŒr sie ist.

teleschau: Findet es, Ihrer Meinung nach, mehr Anerkennung, dass Frauen arbeiten, oder befinden wir uns auf dem Weg zurĂŒck in das "klassische Modell", wie Sie es nennen?

Horn: Teils, teils. Ich glaube, es findet eher Anerkennung. Ich kenne aber auch im privaten Kreis viele Familien, die tatsĂ€chlich das klassische Modell leben und die MĂŒtter das auch erfĂŒllt. Mit den Kindern zu Hause zu sein und den Haushalt mit den eigenen Hobbys unter einen Hut zu bekommen, ist im Prinzip auch ein Beruf. Aber fĂŒr uns stand immer fest, dass ich auch gerne arbeiten möchte und dass ich das auch irgendwie brauche, um ausgeglichen zu sein.

Corona und die RĂŒckkehr ans Set

teleschau: "Bettys Diagnose" ist Ihre erste Serie seit vier Jahren. Wie fĂŒhlt es sich an, nach so langer Zeit wieder vor der Kamera zu stehen?

Horn: Ganz toll! In den letzten Jahren habe ich mich ja eher auf den Social Media Bereich konzentriert, habe tolle Kooperationen gehabt und viel produziert. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen. Jetzt wieder vor der Kamera zu stehen, erfĂŒllt mich sehr.

teleschau: War es denn schwierig fĂŒr Sie, sich wieder in den Drehablauf einzufinden?

Horn: Naja, gerade in der ersten Woche war ich noch sehr aufgeregt, aber dann waren alle so herzlich und lieb, dass ich ganz schnell wieder drin war. Ich habe das schließlich auch mal gelernt und konnte es deshalb ohne Probleme wieder abrufen.

teleschau: Ihr Engagement fiel in die Hochphase der Corona-Pandemie. Wie erleichtert waren Sie vor diesem Hintergrund ĂŒber diesen doch festen Job?

Horn: NatĂŒrlich ist das toll! Von Kollegen habe ich viel mitbekommen: Drehs wurden abgesagt, es gibt keine Events mehr. Das ist fĂŒr viele Bereiche echt schwierig. Allerdings habe ich in der Social Media Branche und speziell im Eltern-Kind-Bereich wirklich gar nichts von Corona gespĂŒrt. Toi, toi, toi ging es bei mir einfach nahtlos weiter. Das lĂ€uft hauptsĂ€chlich online, und die Leute kaufen viel online. Trotzdem habe ich mich gefreut, als es mit dem Drehen auch noch weiter ging. Ich traue es mich kaum zu sagen, aber seit der Corona-Krise habe ich sogar noch mehr gearbeitet als zuvor. Und dafĂŒr bin ich sehr dankbar.

teleschau: Welche Gedanken kommen Ihnen angesichts der Lage Ihrer Kollegen?

Horn: Es ist traurig, und man fĂŒhlt sich auch so hilflos. Viele Branchen brechen weg und können gar nichts dagegen machen. Man ist ein bisschen ratlos und kann nur hoffen, dass sich das irgendwann wieder normalisiert. Wobei gerade jetzt noch kein Ende in Sicht ist.

"Da wurde ich dann richtig zum Fangirl"

teleschau: Wie lange könnten Sie sich denn vorstellen, bei "Bettys Diagnose" zu bleiben?

Horn: Ich weiß auf jeden Fall, dass es im nĂ€chsten Jahr weitergeht mit tollen Geschichten. Wie es sich dann weiter entwickelt, werden wir sehen. Ich muss immer gucken, wie sich das mit meiner Familie vereinbaren lĂ€sst. Aber im Moment kriegen wir das alles wunderbar unter einen Hut. Ich kann nur sagen: Ich fĂŒhle mich wahnsinnig wohl.

teleschau: Haben Sie darĂŒber hinaus weitere Projekte in Aussicht?

Horn: Ich wÀre auf jeden Fall bereit dazu. Aber im Moment ist das bei uns einfach so getaktet mit der Familie, der Kinderbetreuung, meiner SelbststÀndigkeit in Social Media und dem Hin- und Herpendeln zwischen Berlin und Köln, dass einfach kein Zeitfenster mehr da ist. Und wenn doch, dann stehen meine Familie und Freunde an erster Stelle.

teleschau: Könnten Sie sich denn auch eine RĂŒckkehr zu "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" vorstellen?

Horn: Im Moment ist das schwierig. Ich weiß auch gar nicht, ob eine senderĂŒbergreifende BeschĂ€ftigung beim öffentlich-rechtlichen ZDF und dem privaten Sender RTL ĂŒberhaupt geht. Eine Gastrolle wĂ€re irgendwann vielleicht vorstellbar, aber jetzt bin ich erst mal fest im Hauptcast bei "Bettys Diagnose". Was danach sein wird, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen: Auch bei "GZSZ" hatte ich eine tolle Zeit und habe viel gelernt. Wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann ja mal eine Special-Folge, in der alle alten Charaktere, die nicht gestorben sind, noch einmal auftreten. Das wĂ€re bestimmt lustig.

teleschau: Gibt es davon abgesehen denn etwas, das Sie gerne mal spielen wĂŒrden?

Horn: Ich wĂŒrde gerne mehr im Bereich Comedy machen. "Bettys Diagnose" ist auch schon sehr komödiantisch angehaucht, und in diese Richtung wĂŒrde ich gerne weiter in die Tiefe gehen. Mein absoluter Traumschauspieler ist Christoph Maria Herbst. Wenn ich mal seine Tochter spielen dĂŒrfte, wĂ€re das schon toll.

teleschau: Was schÀtzen Sie an diesem Kollegen denn so?

Horn: Ich durfte noch nie mit ihm spielen. Aber beim Joggen ist er mir mal entgegengekommen. Da wurde ich dann richtig zum Fangirl und dachte: "Lauf ich ihm jetzt hinterher? Aber nein, das kannst du nicht machen." Und zack, war er weg. Ich habe mich noch nie getraut, ihn anzusprechen, um ein Foto zu bekommen. Da bin ich dann doch sehr schĂŒchtern. Es ist einfach ein grandioser Schauspieler. Ich finde ihn urkomisch, und er macht das toll.

teleschau: Also lÀsst das Fangirl-Dasein auch als Schauspielerin nicht nach?

Horn: Nein, gar nicht. Man hat ja schon so Kollegen, die man einfach sehr schĂ€tzt und toll findet. Und wenn ich die Möglichkeit bekomme, dann sage ich Ihnen das auch. Ich finde es immer toll, wenn ich angesprochen werde. Deshalb sage ich auch immer: Leute, ihr könnt euch wirklich trauen, sprecht mich an! Ich bin schließlich auch nur ein Mensch. Aber auf der anderen Seite bin ich ja selber so.