Sieben Gründe, warum die Briten es mit Europa nicht so haben

“Not my cup of tea”, sagen die Briten, wenn ihnen etwas nicht genehm ist - nicht meine Tasse Tee. Mit Europa und der EU sind die Leute auf der Insel nie so richtig warm geworden. Warum eigentlich nicht?

Manche Studien bestätigen, was jeder längst zu wissen glaubt. Etwa, wenn knapp zwei Drittel der Briten behaupten, sie fühlten sich kein bisschen europäisch. Die Brexit-Debatte vor dem Referendum über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft macht mal wieder deutlich, wie breit der Ärmelkanal auch in den Köpfen ist. Dafür gibt es ganz verschiedene Gründe.

Brexit-Votum in Großbritannien - ein Überblick

Das Commonwealth: Dass sie es nicht international mögen, kann den Briten keiner vorwerfen. Von Kanada über Indien bis Australien, dem Commonwealth fühlen sie sich verbunden - auch wenn manch einer es bis heute nicht verwunden hat, dass London dort nichts mehr zu sagen hat. Die Vergangenheit als Weltmacht bestärkt den Glauben vieler Briten, dass sie außerhalb der EU mehr Einfluss hätten. Schon Ex-Premier Winston Churchill, stets ein guter Zitatgeber, sagte: “Wann immer wir zwischen Europa und dem offenen Meer wählen müssen, sollen wir uns immer für das offene Meer entscheiden.” Allerdings war das 1944.

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Kein Demokratie-Trauma: Ob von innen heraus oder durch Fremdherrschaft, fast alle europäischen Demokratien sind ein- oder mehrmals zusammengebrochen. England wurde zuletzt 1066 erobert, die demokratischen Institutionen bildeten sich über Jahrhunderte heraus und überstanden den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. “Dieses Maß an Kontinuität ist in Kontinentaleuropa unerreicht”, schreibt etwa David Abulafia, Historiker an der Eliteuni Cambridge. Die EU als Absicherung gegen Diktatur und Faschismus? Halten Briten für unnötig.

Der Geburtshelfer: Die Briten schlossen sich 1973 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) an. Den Titel nahmen sie ernst: Die Politik hatte so gut wie ausschließlich mit wirtschaftlichen Vorteilen für den Eintritt geworben - der Historiker John Charmley nennt das die “Ursünde”. Denn die Regeln des Binnenmarkts waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausgehandelt, so dass der neue Mitgliedstaat von Anfang an nicht alles bekam, was er sich wünschte. Und dann erwiesen sich die wirtschaftlichen Vorteile in den Krisenjahren der 1970er auch noch kleiner als erhofft. Kein guter Start.

Thatchers “No No No”: Die Eiserne Lady ist eine Ikone der Anti-Europäer jenseits des Ärmelkanals. Margaret Thatchers dreifaches Nein zur europäischen Integration von 1990 steht sinnbildlich für ihren Blick auf die Union, kurz darauf verlor die Premierministerin die Macht. “Wenig später wurde Europa-Feindschaft zu einem Zeichen der Treue zu der gefallenen Anführerin”, schreibt der britische Diplomat Sir Stephen Wall. Das wirkt bis heute nach.

Royals, Britpop, Three Lions: Was wissen Sie über die Briten?

Kultur und Popkultur: William Shakespeare, Charles Dickens und JK Rowling, die Beatles, die Rolling Stones und Elton John, James Bond, Monty Python und der “Herr der Ringe”. Dass die Briten stolz auf ihre kulturellen und popkulturellen Errungenschaften sind und sich vergleichsweise wenig beeindrucken lassen durch Importe vom “Kontinent” (= Festland-Europa), kann man ihnen kaum verdenken.

BSE: Es gab eine Zeit, da dachte beim Stichwort Großbritannien fast jeder gleich an Rinderwahn. Dass die EU 1996 den Export von britischem Rindfleisch untersagte, haben die Bewohner der Insel ihr nie ganz verziehen: Die Zahl der Euroskeptiker schnellte damals in die Höhe und blieb auf hohem Niveau. Oder, wie es der Politologe John Curtice schön britisch ausdrückt: Das Exportverbot war auf der Insel “nicht besonders populär”.

Einfach anders: Die Briten fahren auf der linken Straßenseite, füllen Bier und Milch in Pints statt in Litern ab, beschreiben ihr Gewicht in Steinen und bemessen Entfernungen lieber in Füßen als in Metern. Irgendwie drollig, finden Europäer - aber eben auch ein Zeichen, dafür, dass auf der Insel einiges anders läuft als auf dem Kontinent.

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Quelle & Bilder: dpa