„Sing meinen Song“, Folge 2: Warum Rea Garvey wegen Kondomen ins Gefängnis musste

Rea „das Raubein“ Garvey kneift dem knuffigen Gastgeber Mark Forster in die Wange. (Bild: VOX/Markus Hertrich)
Rea „das Raubein“ Garvey kneift dem knuffigen Gastgeber Mark Forster in die Wange. (Bild: VOX/Markus Hertrich)

Diese Nacht in Südafrika stand ganz im Zeichen von Irland, viel Fluchen und einem seltsamen Gefängnisaufenthalt: Die zweite Folge von „Sing meinen Song“ widmete sich den Songs vom raubeinigen und trinkfreudigen Iren Rea Garvey. Na dann: Sláinte!

Die beste Geschichte des Abends: Die lieferte die Hauptperson Rea Garvey selbst: Der saß nämlich im Gefängnis… weil er in der Universität einen Kondom-Automaten aufgestellt hatte. „Zu der Zeit ist es illegal gewesen, in Irland Kondome zu kaufen. Als Student willst du aber was in Bewegung bringen. Und mir waren halt Kondome wichtig“, erzählte er.

In der gestrigen Sendung wird klar: Jeder mag Rea Garvey. Klar, schlechte Worte würde bei einem TV-Format wie „Sing meinen Song“ wohl auch sonst niemand über einen Kollegen verlieren. Wie groß die Sympathie seiner Kollegen für den 45-Jährigen Iren ist, der mit dem Song „Supergirl“ berühmt wurde, ist aber spür– und nachvollziehbar. Trinkfeste Pub-Barden mit jeder Menge rustikalem Humor, harter Schale, weichem Kern und großen Pop-Refrains mag man eben. „Ein Bär von einem Mann“, sagen die Kollegen, auch das Wort „Legende“ fällt. Gastgeber Mark Forster, wie gewohnt der Lustigste der Runde, kann sich den bärtigen Pop-Rocker gar mit Schwert bei „Game of Thrones“ vorstellen. Und Garvey selbst? Der gebraucht, ganz Rocker, das F-Wort so oft, dass man sich ein Alterslimit für eine an sich familienfreundliche Sendung vorstellen könnte.

Er erzählt auch ein bisschen was über sich selbst. „Ich liebe Kneipen, ich liebe es zu feiern. Ich sollte das nicht sagen, aber ich habe mit 13 zum ersten Mal in einer Kneipe gearbeitet“, verrät der Sänger. Für einen Rocker gehört es sich, dass er gerne einen hebt. Die anderen aber auch – denn der Tisch ist mit Getränken wie immer reichlich voll. „Sláinte“ heißt das in Irland, erklärt Garvey beim Anstoßen – vor dem Singen will die Kehle schließlich geölt werden. Dann kann es los gehen.

Marjan Gold mit „Oh My Love“

Alphaville-Sänger Marjan Gold drückt wie auch in Folge 1 so richtig auf die Pathos-Tube, die Stimme zittert und bebt, klingt mal wie ein Opernsänger und dann wieder wie ein Elvis-Presley-Imitator. Gold legt seine Version sodramatisch an und presst das alles so heraus, dass man sich streckenweise richtig Sorgen um seine Gesundheit macht. So richtig will diese ganz große Übertreibung zwar nicht zu Garveys folkigem Song passen, der Besungene aber findet’s gut und klatscht – wie auch seine Kollegen – natürlich mit. Garveys Kompliment könnte nicht irischer sein: „F***ing hell hell. Amazing. You mad f***er!“. Alle sind sich einig: Gold gibt immer alles. Manchmal wäre halt weniger aber mehr.

Johannes Strate mit „Supergirl“

Revolverheld-Frontmann Johannes Strate hat sich den Superhit von Garveys früherer Band Reamon ausgesucht. „Supergirl“ gilt heute als Klassiker der deutschen Radio-Popmusik. Der Star des Abends kommentiert Strates Wahl mit einem ungläubigen und begeisterten „F*** off!“ (einen Euro in die F-Wort-Kasse!). Strate macht überraschenderweise keine Revolverheld-Schmonzette aus dem Song, sondern einen düsteren, atmosphärischen und auf Moll getrimmten Stampfer. Hier will jemand beweisen, dass er auch ganz anders kann. Auch wenn das Englisch streckenweise gar deutsch klang. „War das gut, du bad Bastard!“, lobte Garvey auf seine unnachahmliche Art und Weise. „Radiohead-Version“ attestierte Forster. Mal ehrlich: nach Radiohead klang das zwar überhaupt nicht, aber nichts destotrotz hat hier der Revolverheld-Sänger gut aus der Hüfte geschossen. Auch er selbst zeigt sich zufrieden, recht hat er.

Im Anschluss gibt es eine Frisuren-Schau aus Garveys Vergangenheit. Von der Glatze bis zu einer 90er-Jahre-Mischung aus Vanilla Ice und Crossover-Bands hatte der Ire so ziemlich alles am Kopf gehabt. Dann erzählt er aus seinem bewegten Leben: Aufgewachsen ist er mit einem Polizistenvater, einer Mutter und sieben Schwestern, irgendwann zog es ihn nach Deutschland, jetzt ist er berühmt – so die ungefähre Reihenfolge.

Mary Roos mit „Through The Eyes Of A Child“

Die Schlagersängerin ist definitiv schon jetzt die Königin der Herzen. Mary Roos macht aus Garveys Song mühelos ein charmantes Chanson, singt sich gekonnt, aber ungekünstelt durch alle Lagen und schafft es, aus einem Stück, dessen deutscher Titel „Durch die Augen eines Kindes“ lauten würde, keine triefende Schnulze zu machen. Unprätentiös, ein wenig tantenhaft und mit vollem Einsatz: das quittiert auch Rea mit den Worten: „Du bist echt ne Große!“ Das findet auch Judith Holofernes: „Wir sind alle total verschossen in sie!“

War bei der ersten Folge die Chemie noch etwas holprig, sind die Teilnehmer jetzt schon ein Herz und eine Seele. Noch was singen – oder was trinken, fragt Forster. „Erst trinken, dann singen!“, antwortet Roos und wird dann ganz gefühlig: „Es ist so schön mit Euch, es ist, als würden wir uns schon 100 Jahre kennen“, sagt sie.

Judith Holofernes mit „Feuer Frei/Armour“

Was auch immer Judith Holofernes angreift, macht sie sofort zu einem Judith-Holofernes-Song. Das hat sie mit Gastgeber Mark Forster, mit dem sie musikalisch ja sonst durchaus einiges trennt, gemeinsam. Garveys „Armour“ heißt in der Holofernes-Version „Feuer Frei“, tadellos „verjudithet“, würde Forster sagen. Charmant und nett umgedichtet, aber im Grunde relativ unspektakulär – wie eine Judith-Holofernes-B-Seite. „Vor allem war es mir wichtig, dass sich Rea freut“, sagt Holofernes. Mission accomplished, Judith: Rea freut sich, sagt er zumindest.

Judith Holofernes macht genau das, was sie auch in der ersten Folge bereits machte: einen Song nahezu gänzlich umdichten. (Bild: VOX/Markus Hertrich)
Judith Holofernes macht genau das, was sie auch in der ersten Folge bereits machte: einen Song nahezu gänzlich umdichten. (Bild: VOX/Markus Hertrich)

Dann darf Garvey selbst ran und singt seine Single „Is It Love“ von seinem neuen Album „Neon“. Der pubtaugliche Folk-Rock früherer Alben ist einem relativ generischen, aber durchaus eingängigen Popsong gewichen. Am Ende des Songs stürmt Gastgeber Forster auf die Bühne und singt/rappt eine Gaststrophe. Für Garvey ist Liebe vor allem eines: seine Frau Josephine, der er auch im gleichnamigen Song verewigt hat. Schließlich hat das irische Raubein auch eine sanfte Seite.

Um ein wenig irischen Lokalkolorit reinzubringen bringt Garvey seinen Freunden einen traditionell irischen Tanz, den Ceileidh (sprich: Kei-li). Die Laune ist gut – eine gute Ausgangssituation für Leslie Clio.

Leslie Clio mit „Wild Love“

Leslie Clio verwechselt Irland wohl mit Mexico und lässt „Wild Love“ mit Mariachi-Trompeten anklingen. Irgendwo zwischen Neo-Soul mit Amy-Winehouse-Timbre und James-Bond-Bombast (das scheint Frau Clio zu mögen) gibt es an ihrer Version nichts auszusetzen, in Erinnerung bleibt sie damit aber auch nicht wirklich.

Mark Forster mit „Bow Before You“

Ob sich Mark Forster für diese Sendung von Indie-Held Justin Vernon von Bon Iver inspirieren ließ? Jedenfalls bringt die Deutsch-Pop-Hitmaschine diesmal Synthesizer und Vocoder mit, ungewohnt für den sonst auf formelhaften Radiopop setzenden Forster. Keine Frag: eine bessere und stimmigere Performance hat an diesem Abend keiner geschafft. Das findet auch Garvey und gibt den Preis des Abends, die Konfetti-Kanone an ihren Erfinder: Gastgeber Forster. Verdient.

Große Gefühle? Bis auf einen kurzen Gefühlsausbruch Garveys bei Forsters Version Fehlanzeige – da müsste man vielleicht doch wieder einen Gastauftritt vom Tränen-König der letzten Staffel Michael Patrick Kelly einplanen. Bis jetzt ging es größtenteils noch recht unemotional zur Sache – dank Garvey und Forster war Folge 2 aber immerhin ein unterhaltsamer Abend.