"Wenn es so einfach wäre ...": Baerbock verteidigt Waffenlieferungen bei "Anne Will"

Ohne deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine wäre "das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer noch viel, viel schlimmer", da war sich Außenministerin Annalena Baerbock (links) bei "Anne Will" sicher. (Bild: ARD)
Ohne deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine wäre "das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer noch viel, viel schlimmer", da war sich Außenministerin Annalena Baerbock (links) bei "Anne Will" sicher. (Bild: ARD)

Deutsche Panzer für die Ukraine: Bei "Anne Will" verteidigte Außenministerin Annalena Baerbock nun den Kurs der Bundesregierung und die Waffenlieferungen. Auch die Kommunikation von Kanzler Scholz war einmal mehr Kritik ausgesetzt - ein "Spiegel"-Journalist machte ein "Riesenproblem" aus.

Inzwischen ist klar: Deutschland wird nach langem Zögern schwere Waffen in die Ukraine liefern, um das Land im Krieg gegen Russland zu unterstützen. Unklar bleiben jedoch die Auswirkungen dieser Entscheidung auf den weiteren Verlauf des Krieges. Folgerichtig fragte Anne Will am Sonntag in ihrer ARD-Talkshow: "Panzer ins Kriegsgebiet - wohin führt Deutschlands Ukraine-Politik?" Dazu hatte die Moderatorin unter anderem mit der zugeschalteten Außenministerin Annalena Baerbock, der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hochkarätige Gäste geladen.

Baerbock erläuterte und verteidigte zunächst den Kurs der Bundesregierung. Sie räumte allerdings auch ein: "Mit absoluter Sicherheit, so brutal ist die derzeitige Lage, kann man gar nichts sagen, weil wir mit einem russischen Präsidenten konfrontiert sind, der mit jeglichen Regeln des internationalen Zusammenlebens, mit jeglichen Regeln der Menschlichkeit gebrochen hat."

Gleichzeitig verwies die Grünen-Politikerin darauf, dass "das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer noch viel, viel schlimmer" wäre, hätte man nichts unternommen. Kritikern an den Waffenlieferungen hielt Baerbock entgegen: "Wenn es so einfach wäre, wenn wir einfach sagen könnten, morgen gibt es Waffenstillstand, dann würden wir das ja tun."

Annalena Baerbock forderte weitere wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. (Bild: ARD)
Annalena Baerbock forderte weitere wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. (Bild: ARD)

Annalena Baerbock pocht auf erneute wirtschaftliche Sanktionen

Mit der Lieferung schwerer Waffen sei es aber noch nicht getan, verdeutlichte Annalena Baerbock. Erneute wirtschaftliche Sanktionen seien nötig, um Russland zum militärischen Rückzug zu bewegen, etwa ein Öl-Embargo. "Wir können diese Sanktionen erst aufheben, wenn das internationale Recht, und zwar in jeglicher Hinsicht, wieder komplett in Kraft gesetzt ist. Und das bedeutet, die russischen Truppen müssen abgezogen sein", forderte Baerbock, die demnächst selbst nach Kiew reisen wolle, wie sie ankündigte. Ihr Ziel sei "Frieden und Freiheit für die Ukraine".

Noch nicht persönlich gezeigt hat sich derweil Bundeskanzler Olaf Scholz in der Ukraine, was den "Spiegel"-Journalisten Markus Feldenkirchen zu scharfer Kritik veranlasste: "Die Chance, dort ein Symbol zu setzen, Solidarität vor Ort auch zu zeigen, die hat er jetzt schon verpasst." Generell machte der Autor ein "Riesenproblem" hinsichtlich Scholz' Kommunikation rund um den Ukraine-Krieg aus. Er sprach von einer "Unfähigkeit, sich und die ständig neuen Schritte so zu erklären, dass man es nachvollziehen kann". Der zögernden Haltung der SPD-geführten Regierung konnte Feldenkirchen nichts Positives abgewinnen: "Da wurde Zeit verspielt."

"Was bei Putin vorgeht, das können wir sowieso nicht wissen", rääumte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein. (Bild: ARD)
"Was bei Putin vorgeht, das können wir sowieso nicht wissen", rääumte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein. (Bild: ARD)

"Was bei Putin vorgeht, können wir sowieso nicht wissen"

Auch FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte ein entschiedenes Handeln: "Ich glaube, dass es von Bedeutung ist, dass wir jetzt mit den Europäern im Gleichschritt gehen." Es sei ein wichtiges Signal, Russlands Machthaber Putin zu signalisieren, die EU sei nicht "weich" und Deutschland nicht "zögerlich". Wichtig sei überdies auch, nicht Putins Narrativ eines drohenden dritten Weltkriegs zu übernehmen. "Was bei Putin vorgeht, das können wir sowieso nicht wissen", betonte Strack-Zimmermann.

Zuletzt hatte die 64-Jährige bei "Markus Lanz" ungewöhnlich harsch gegen Olaf Scholz ausgeteilt und ihm ein "verbales Hütchenspiel" im Ukraine-Krieg vorgeworfen. Bei "Anne Will" sah Strack-Zimmermann die Regierung nun einmal mehr in der Bringschuld, "dass wir nicht immer die sind, die so ein bisschen hinterherdödeln".

"Spiegel"-Journalist Markus Feldenkirchen sieht in Olaf Scholz' Kommunikation rund um den Ukraine-Krieg ein "Riesenproblem". (Bild: ARD)
"Spiegel"-Journalist Markus Feldenkirchen sieht in Olaf Scholz' Kommunikation rund um den Ukraine-Krieg ein "Riesenproblem". (Bild: ARD)

"... dann wäre das tatsächlich eine große Mogelpackung"

CDU-Politiker Johann David Wadephul äußerte hingegen Unverständnis über die Wahl der Waffen, des Flugkanonenpanzers "Gepard". Zwar sei das militärische Gerät ein sehr gutes Waffensystem, aber in der Handhabung sehr komplex. "Sie brauchen mindestens ein halbes Jahr, um Soldatinnen und Soldaten so auszubilden, dass sie es verantwortungsvoll einsetzen können", gab Wadephul zu bedenken. Daher erscheine ihm die Lieferung "nicht durchdacht". "Spiegel"-Journalist Feldenkirchen ging bei dieser Einschätzung mit: "Wenn es bei diesem Gepard bliebe, dann wäre das tatsächlich eine große Mogelpackung."

Saskia Esken, die Vorsitzende der SPD, sah das erwartungsgemäß anders. Sie wies darauf hin, dass die Entscheidung zu den Panzerlieferungen kein Alleingang der Bundesregierung oder der Verteidigungsministerin gewesen sei. Stattdessen sei das Vorhaben "im Zusammenspiel mit den internationalen Partnern gefällt worden". Esken betonte, man ergreife Schritt für Schritt Maßnahmen, die notwendig seien.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken verteidigte die Entscheidung, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. (Bild: ARD)
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken verteidigte die Entscheidung, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. (Bild: ARD)